Hallo Peter,
das Konzept von „Wie würden Sie entscheiden“ hatte nichts mit heutigen Sendungen gemein, die Sendung lief in den Achzigern. Die dort behandelten Fälle waren durchweg rechtskräftige Entscheidungen und soweit ich mich erinnern kann meist (oder immer?) in der zweiten Instanz bestätigt. Die nachgespielten Verhandlungen waren immer furztrocken, kein Vergleich zu heutigen Sendungen. Die beteiligten Juristen (es war immer eine real existierende Kammer im Studio, natürlich nicht die, die den Fall entschieden hatte) haben sich originalgetreu verhalten (nichts mit zusammenbrechenden Zeugen, Tränen auf der Angegklagtenbank, überraschenden Wendungen…).
Die Entscheidungen wurden im Nachhinein mit einem Juristen ausführlich erläutert und diskutiert.
Aber man kennt das doch: das OLG XY entscheidet, daß ein bestimmter Mieter seine Wohnung beim Auszug wegen eines bestimmten Formfehlers im Mietvertrag nicht renovieren muß. In der Bildzeitung steht am nächsten Tag in einem Dreizeiler, daß Mieter bei Auszug unter einer bestimmten, grob vereinfacht dargestellten, Vorraussetzung nicht renovieren müssen. Der Leser erzählt dann seinem Freund, der gerade renovieren will: „brauchst Du nicht, da gibt es ein neues Urteil, daß Mieter beim Auszug nicht renovieren müssen“…
Es ist doch durchaus vorstellbar, daß es eine Konstellation gibt, in der das Verweigern der Uriniermöglichkeit eine unterlassene Hilfeleistung darstellt. Daß dies nicht auf die eingangs beschriebene Situation zutrifft, darin sind wir uns einig.
Und wenn in „Wie würden Sie entscheiden?“ ein solches Urteil wirklich vorgestellt wurde, dann gab es das auch. Dabei bin ich mir aber völlig sicher, daß außer dem Pinkeln und dem Verweigern desselben keinerlei Ähnlichkeit zu der in der Ausgangsfrage dargestellten Situation bestand.
Gruß Stefan
natürlich gibt es qualitative Unterschiede bei den Sendungen
zum Thema Recht. Ich kenne die Sendungen, die im
österreichischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen dazu laufen,
die unterscheiden sich zwar wohltuend von den erbärmlichen
nachmittäglichen Gerichtsshows, sind aber trotzdem nicht vor
Vereinfachungen, Parteilichkeit und auch dem einen oder
anderen gröberen fachlichen Schnitzer gefeit. Die von dir
angesprochene Sendung kenne ich nicht. Sie mag grundsätzlich
durchaus gut gewesen sein, aber wenn dort behauptet wurde, der
geschilderte Fall stelle eine unterlassene Hilfeleistung dar,
dann ist das schlicht und ergreifend falsch. Und auch bei gut
gemachten „nachgespielten“ Fällen muss man sich vor Augen
halten, dass sie oft mit der juristischen Realität nicht allzu
viel zu tun haben.
Grüße, Peter