Tokajer-Wein - wer kennt sich aus?

Hallo liebe Wissende,
habe einen Tokajer Weißwein aus Ungarn mitgebracht bekommen.
Ist wohl eher ein süßer Aperitif- oder Dessertwein, der eisgekühlt serviert werden muß.
Kann mir jemand sagen, ob folgender Wein billiger Fusel ist oder ob man sich damit tatsächlich was Gutes tut:

2003
Szepsy Dulo
TOKAJI
Sarga Muskotaly
Tokajbor - Bene Pinceszet
VINARIUM

Ich würde den Wein gerne zu einem *Birnen-Carpaccio mit Senf-Dressing und Kapern* als Vorspeise servieren. Geht das?

Gruß
Andrea

Hallo, Andrea!

Wirklich auskennen tue ich mich nicht, aber für einen Tokaier ist die Anzahl der Punkte/Sterne ausschlaggebend.

„5 puttonos“ ist hierbei meines Wissens das höchste.

Die Angabe ist die Menge an Butten?/Eimern?7sonstigen Gefäßen? mit Edelfäule besetzten Trauben, die pro Faß normalem Wein zugesetzt werden. (Leute mit genaueren Kenntnissen mögen mir verzeihen, so hat es meine Ungarisch-Lehrerin seinerzeit in nicht so ganz perfektem Deutsch erklärt.)

Grüßle
Regina

Servus,

Wirklich auskennen tue ich mich nicht,

ich auch nicht, aber ein bissle scho:

„5 puttonos“ ist hierbei meines Wissens das höchste.

Es hat auch sechsbuttige Tokajer (Bomben mit 150g/l Restzucker…). Eine Butte entspricht 25 kg Trockenbeerenmaische, das Fass hat 136 Liter.

Den genannten Namen kenne ich nicht, aber ich wundere mich ein wenig, dass offenbar nicht draufsteht, wieviele Butten der Stoff bekommen hat. Und auch, dass ein 2003er jetzt schon verkauft wird - 10-20 Jahre sind für Tokajer normal.

Mir kommt es vor, als handle es sich dabei um einen Wein aus dem Anbaugebiet und den Sorten, der aber nicht unter der Zugabe von Trockenbeeren ausgebaut worden ist. Der vielleicht eher einer deutschen Spätlese entspräche.

Aber das sind alles Spekulationen. Mehr von dem fraglichen Wein erfährt man, wenn man die Flasche aufmacht. Allerdings nicht eisgekühlt, sondern bei etwa 12-14 Grad - sonst haut man mit der Kälte alles tot, was er hat.

Schöne Grüße

MM

hallo MM,

hältst du das reichen von tokajer zu der erwähnten vorspeise als passend? ich hab da eher ein ungutes gefühl…

strubbel
W:open_mouth:)

Servus,

an dieses hab ich noch gar nicht gedacht. Mir kommt allerdings zum Thema Senfdressing/Kapern gar kein Wein gut passend vor, und bei einem, der von sich aus so eine Fülle entwickelt, würde ich eine Vorspeise mit einer viel geringeren Breite an Aromen hernehmen.

Was macht man da? Klapperdürr trockenen Sherry vielleicht? Aber das führt immer noch zu der Schwierigkeit Senf/Wein. Oder zur Feier der Kapern etwas in Richtung Cynar?

Ratlos

MM

Guten Abend,
wirklich toll von Euch, daß Ihr Euch mit mir den Kopf zerbrecht.
Also erstens bin ich jetzt nicht mehr so sicher, ob diese Flasche Wein nicht doch aus der Souvenirabteilung eines Warenhauses stammt. Werde ihn wohl eher zum Kochen verwenden.
Zweitens die Frage, warum soll Senf nicht zu Wein passen? Basieren ja sozusagen beide auf der Weintraube (damit mein ich natürlich den Essig im Senf). Muß zu Senf denn immer Bier??? Außerdem wäre in diesem speziellen Fall der Vorspeise durch die Birne ein süßes Grundaroma gegeben. Habt Ihr nicht doch noch eine Idee?
Gruß
Andrea

Hallo Andrea,

Werde ihn wohl eher zum Kochen verwenden.

das wäre aber schade - da ginge ihm viel verloren. Probier ihn doch z.B. zu einer Terrine oder zu einer Quiche.

Zweitens die Frage, warum soll Senf nicht zu Wein passen?

Grade die Ähnlichkeit von Senf mit danebengegorenem, säuerlichem Wein macht Mühe. Ich täte nicht so weit gehen wie viele Franzosen, für die Vinaigrette und Wein fast so arg ist wie ein Saint Emilion zum Döner, aber das beißt sich schon. Die Regeln kenne ich nicht, aber in Nachbarschaft von Senf kommt mir ein stabiler, furztrockener Riesling oder Elbling besser aufgehoben vor. So war ich auf den Sherry gekommen.

ein süßes Grundaroma

ist auch etwas, was nicht unbedingt für einen edelsüßen, bukettreichen Wein spricht - auch hier geht beides in eine ähnliche Richtung und kann sich beißen. Mir wurde vor einigen Jahren von französischen Puristen zum Dessert „der einzige Wein, der zu Schokolade passt“ angekündigt. Es ging um einen Banyuls, sehr schwer und süß, im allerweitesten Sinn mit Porto zu vergleichen. Die Schokolade war dann allerdings fast ohne Zucker, dafür mit 90% Kakao…

Ich such immer noch nach etwas Trockenem, das Kontrast und Hintergrund bietet und nicht zu viele Aromen dazu bringt, und lande dabei immer in der Richtung Aquavit oder Gin, aber das ists wohl auch nicht; hat aber auch damit zu tun, dass ich mir die sicherlich aparte Kombination Birnen-Senf-Kapern nicht gut vorstellen kann, bevor ich sie selber verspeist habe.

Schöne Grüße

MM

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Hallo!

Selbst der Tokaja mit vielen Punkten läuft bei mir noch unter dem Oberbegriff „Fusel“. Leider hat der Sozialismus auch die Weinindustrie Ungarns zu Tode gewirtschaftet, und halbwegs gute ungarische Weine sind eine Seltenheit.

Ciao,
Andreas

Wein: Globalverdammung von Herkünften
Servus Andreas,

von einem Punktesystem bei Tokajer ist mir nichts bekannt. Wie funktioniert dieses System?

Um Dein Globalurteil möglicherweise zu relativieren, lege ich Dir die Verkostung von Tokajer aus folgenden Gütern ans Herz:

Tolcsva-Bor
Tokajbor
Tokaj Classic (Bruhács-Schneider-Settelmeier, u.a. hessisches Staatstheater)
Fitomark-94
Kereszthegy
Kiralyhegy

(die Aufzählung von Spitzengütern in Sachen Tokajer ist zufällig, nicht erschöpfend)

Und Deine globale Verdammung der sozialistischen Weinwirtschaft berücksichtigt nicht (a) die bäuerliche Tradition, Einfallsreichtum und Engagement ungarischer Winzer und (b) die Zeit, die verstrichen ist, und mit der man viel anfangen kann, wenn man nicht in erster Linie darüber nachdenkt, bei wem man sich worüber beschweren kann und wo es welche Subventionen gibt. Probier einfach mal, was sich inzwischen (in ganz anderer Gegend) aus dem gefürchteten „Erlauer Stierblut“ entwickelt hat: Es steht jetzt „Egri Bikavér“ drauf, und in den Flaschen ist keine Offenbarung, aber ein sehr sympathischer, trocken durchgegorener, einfacher und robuster Kneipwein, der viele Produkte aus z.B. Italien, Frankreich, Spanien und Kalifornien, die in unseren Regalen mit schönen Etiketten prunken, um Längen schlägt.

Wenn Du mit dem beschriebenen Programm durch bist, können wir sicher etwas detaillierter zur Sache diskutieren.

Schöne Grüße

MM

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Hallo Andrea,

das hört sich nach normalen süßen Weißwein mit einem
Muskatton an.
Sarga Muskotaly, ist die Traubensorte,
also gelbe Muskattraube.
Bei uns gibt es ähnlich díe Traube „Morio Muskat“,
ich kaufe ihn bei einem Pfälzer Weingut.
Gruß
Eva

ot - Muskateller

Bei uns gibt es ähnlich díe Traube „Morio Muskat“,

Hallo,
während die klassische Muskateller-Traube, also der Gelbe Muskateller, eine der ältesten kultivierten Rebsorten ist, ist der Morio-Muskat eine vergleichsweise junge Züchtung (1928 von Peter Morio) aus Silvaner und Weissburgunder. Der Unterschied wird allein schon am Laub deutlich: die Morio-Muskat-Rebe hat rundliche, schwach dreilappige Blätter, während Gelber und Roter Muskateller fünflappige Blätter haben. Die Standortansprüche sind bei den Muskateller-Reben deutlich höher als beim Morio, die Erträge ebenso deutlich geringer und das Mostgewicht ist stark vom Wärmeklima der Lage abhängig. Gemeinsam ist allen drei Arten (hinzu käme noch als vierte die anspruchsvolle Muskat Ottonell) die Muskatnote im Bukett, wobei Gelber und Roter Muskateller vom Charakter her in unseren Breiten leichtere und elegantere Weine ergeben als der häufig etwas plumpe Morio-Muskat, der bei zu geringem Mostgewicht anfällig für Geschmacksfehler (unreife, ‚grasige‘ Noten) ist. Bei ausreichend warmem Klima lassen sich aus dem Gelben Muskateller edelsüße Dessertweine erzeugen - es sind vor allem diese Weine, die den Ruf des Muskatellers begründet haben.

Alle vier genannten Rebsorten werden werden auch in Deutschland angebaut - der Rote Muskateller allerdings nur in einer Erhaltungszucht auf 0,3 ha im Markgräfler Land (Friedhelm Zehner in Buggingen). Den Löwenanteil davon hat der Morio-Muskat mit 779 ha bestockter Rebfläche, dann Gelber Muskateller mit immerhin 96 ha und schließlich Muskat Ottonell mit gerade mal 8 ha. Verglichen allerdings mit 21 050 ha für Riesling ist auch der Morio-Muskat in Deutschland fast eine Rarität …

Freundliche Grüße,
Ralf