Hallo Tilli,
Gesunde Teenager müssen sich ihren Eltern gegenüber abgrenzen, um ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Dazu suchen sie sich Verhaltensweisen, die dazu taugen, diese Abgrenzung auch deutlich zu machen. Je lockerer/ toleranter/ flippiger… die Eltern selbst sind, desto krasser müssen logischerweise die Abgrenzungsaktionen werden, damit sie wirken.
Bei deinem Mann reichten noch geflickte Jeans, um die die Mama zu provozieren. Selbige würden bei besagtem Rasta-Fan vermutlich nicht mal die Aufmerksamkeit der Elternteile erregen, geschweige denn, diese vor den Kopf stoßen. Das würden vermutlich auch weder gepflegte Rastas, noch pinke Irokesen schaffen.
Also sucht er sich was, was wirkt: Er gibt sich ungepflegt und stinkt rum. Und Bingo! hat er zumindest einen Teil der Erziehungsberechtigten da, wo er ihn braucht: Im Widerstand gegen seine Individualität. Alternativ könnte er auch mit Glatze und Springerstiefeln rumrennen - und DAS Problem würde ich für größer halten. Nicht vergessen: Hinter all dem steckt auch immer ein bisschen die Frage, ob die Liebe der Eltern tatsächlich groß genug ist, um den Sohnemann auch dann in die (imaginären und realen) Arme zu nehmen, wenn er nicht in ihr Bild passt.
Und: Mag sein, dass er - weil er grade noch gar nicht weiß, wer oder was er eigentlich sein will - sich selbst auch aus diesem Grund ein wenig vernachlässigt. Hinzu kommt, dass man mit ein bisschen Gewöhnung den eigenen Mief nicht mehr riecht.
Und: Vielleicht gibts an seiner Schule jede Menge Schickimicki-mehrmals-täglich-frisch-gewaschen-und-geschneuzt-und-perfekt-gestylt-sei-Mitschüler, von denen er sich ebenfalls gerne abgrenzen würde. Möglicherweise spielen die gerade sogar die größere Rolle als die Altvorderen.
Meine Prognose: Er wird da durch kommen. Peers sind ein starkes Regulativ, und das wird früher oder später greifen.
Schöne Grüße,
Jule