Ton eines RA-Schreibens + Druckausübung auf demente Person

Hallo!

Es geht bei meiner Frage tatsächlich nicht um mich, sondern um eine Bekannte.
Ich bin da aber gut informiert, und deshalb interessiert mich die Sache.

Ich könnte das lange Schreiben anonymisiert einstellen, aber das wird keiner lesen wollen … Kurzfassung: meine Bekannte und ihre Schwester haben 2017 das Grundstück der Oma geschenkt bekommen, und können sich jetzt nicht einige, was damit geschehen soll. Deshalb hat meine Bekannten einen RA eingeschaltet. Übliche Geschichte bei solchen Sache halt.

Meine eigentliche Frage ist: Wenn die Schwestern untereinander streiten, ist ein polemisch-emotionaler Ton verständlich, aber geht das nicht extrem ins Unseriöse, wenn der Rechtsanwalt der Schwester so einen Ton im Schreiben an seinen RA-Kollegen anschlägt?

Es gibt dafür auch keinerlei objektiv nachvollziehbaren Grund in der Vorgeschichte (die auf RA-Ebene auch erst ca. 2 Monate alt ist)
Es ist also nicht so, dass meine Bekannte oder ihr RA unsachlich oder gar beleidigend geworden wären, es nicht so, dass sie die Sache in die Länge ziehen würden usw.
Der Sachverhalt an sich ist auch ziemlich klar, es geht wohl nur ums Feilschen für die Bedingungen der Grundstücksteilung (um eine Teilungsversteigerung zu vermeiden, die beide Seiten schlechter abschneiden lässt).

Dennoch finde sich in diesem Schreiben des RA an den anderen RA Sätze wie:

  • „da Ihre Mandantin meint, sämtliche Vorteile gerne in Anspruch zu nehmen, aber Gegenleistungen nicht erbringen zu müssen…“ [das ist objektiv nicht nachvollziehbar]
  • „ich versuche es nochmal, Ihrer Mandantin zu erläutern“ [meiner Bekannten und ihrem RA ist die Position der Gegenseite vollkommen bekannt]
  • „genau 3 mal war Ihre Mandantin … vor Ort“ [das ist aus rechtlicher Sicht vollkommen irrelevant, weil es dabei nicht um eine Verpflichtung des Schenkungsvertrags oder eine andere rechtliche Verpflichtung geht]

oder auf den RA gemünzt, um den gleich mit dumm anzugehen:

  • „irgendwie ist es Ihnen vermeintlich gelungen, die Gesprächsthemen nur partiell wiedergegeben zu haben“
  • „wir hatten Ihnen ja bereits unmissverständlich deutlich gemacht…“ [der RA meiner Bekannten ist Fachanwalt, der RA der Gegenseite dagegen ist der Arbeitgeber der Schwester und fachfremd]

Ich finde diesen Ton des RA sehr befremdlich, zumal es keinerlei objektiv nachvollziehbaren Grund gibt, dass auf RA-Ebene so polemisch geschossen wird. Sämtliche Schreiben des RA meiner Bekannten sind absolut freundlich gehalten, ohne jede Polemik und durchgehend sachlich-zielführend.


Zusatzfrage: In diesem Schreiben gibt der RA der Schwester folgendes an:
„[Die Oma] hat sich dagegen ausgesprochen, dass das Grundstück verkauft wird. Das hat sie am 25.10.19 schriftlich festgelegt.“

Die Oma hatte das im Schenkungsvertrag damals und auch sonstwo nicht festgelegt gehabt.
Am 25.10.19 kann sie das nur auf Druck der Schwester hin festgelegt haben, nicht mehr aus eigenem Antrieb.
Die Oma, Mitte 90, ist heute hochgradig dement. Diagnosen liegen vor. Sie lebt im Seniorenheim.
Dieser Umstand ist der Schwester und ihrem RA bekannt genauso wie der Umstand, dass diese Festlegung deshalb völlig nichtig ist.
Dennoch haben sie die Oma genötigt, ein entsprechendes Schreiben zu unterzeichnen, dessen Inhalt sie nicht ansatzweise mehr einsehen kann.

Das ist moralisch unter aller Sau, aber ist das auch in irgendeiner Weise strafrechtlich relevant?

Gruß
F.

Hallo!

Anwaltsgeplänkel. Ich war einmal in einer Zivilsache vor Gericht, da meinte der Anwalt der Gegenseite, dass ich ja „gerichtsbekannt“ sei. Die vorsitzende Richterin schaute ihn etwas irritiert an, und bemerkte, dass ich „vor dieser Kammer“ nicht bekannt sei.

Ein Bluff des Anwalts. Taktisches Geplänkel.

Machen manche Anwälte, andere Anwälte machen das nicht, ist individueller Stil.

Kaum.

Schöne Grüße!

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Na ja,
auch ein überhebliches Stück Sch**e kann Anwalt werden.

Die Position, eine demente Dame könne am 25.10.19 durch einseitige Willenserklärung die Verwendung eines Grundstücks beeinflussen, welches ihr seit 2017 nicht mehr gehört, kann man wohl auch nur aus voller Überzeugung vertreten, wenn man ein sehr hohes Selbstbewusstsein hat.

2 Like

Danke für eure beiden Antworten!

Ich denk mir halt, dass das über den „individuellen Stil“ ein bisschen hinaus, und wenigstens ansatzweise in Richtung Verletzung das Sachlichkeitsgebots geht, auf das der RA ja qua Berufsrecht verpflichtet ist.
Ich meine, die sachlich völlig unbegründbare Behauptung, meine Bekannte nähme Vorteile in Anspruch, erbringe aber keine Gegenleistungen, ist ja doch annähernd die Behauptung einer unwahren Tatsache oder zumindest eine m.E. klare Herabsetzung.

Und bei der Oma.
Wenn ich ihr beispielsweise irgendwas unterschreiben lasse, das mir vermeintliche Vorteile bringen soll.
Das ist natürlich nichtig (und im obigen Fall auch ganz lächerlich), aber ist es auch tatsächlich strafrechtlich unbedenklich, dass ich ihren Krankheitszustand für meine Zwecke ausgenutzt habe, und sie mit List zu einer Erklärung genötigt habe, von der ich wissen kann/muss, dass dies nicht ihrem „mutmaßlichen Willen“ entspricht. Auch wenn diese Erklärung sowieso das Papier nicht wert ist.

Gruß
F.

Das ist wohl kaum greifbar.

Hmm,
da verwendet jemand eine Aussage, die Oma habe sich dagegen ausgesprochen, obwohl er weiß, dass die Oma zu so einer Aussage gar nicht fähig ist.
Geht doch schon ein wenig in Richtung Betrug, wenn damit ein finanzieller Schaden beim Anderen oder ein finanzieller Vorteil bei sich selber verursacht werden soll.

Wie immer:
Betrug! - Das kannste schnell ausrufen, aber oft kaum beweisen.