Russland hätte also machen können, was es will? Hat es das
denn mittlerweile ratifiziert?
Jein, gegenüber den Russland bestand in der allgemeinen Lesart keinerlei Verpflichtung die Standarts der Haager Landkriegsordnung einzuhalten.
Und da die Sowjetrussen sie selbst nicht anerkannt haben, haben sie auch nicht danach handeln müssen. Mitunter deshalb sind auf deutscher Seite hundertausende russische und auf russischer Seite hundertausende deutsche Kriegsgefangene unter schlimmsten Bedingungen zu Tode gekommen.
Darauf zielte ja auch eine meiner Fragen ab: konnte das U-Boot
bzw. der Kommandant sicher sein, dass einsatzfähige Truppen an
Bord waren?
Brauchte er nicht. Das Schiff war das primäre Ziel.
Irrelevant. Die Gustloff war ein Kriegsschiff und damit
legitimes militärisches Ziel.
Lt. dem Artikel (zumindest lese ich das so) war die
Wilhelm-Gustloff kein Kriegsschiff, sondern ursprünglich ein
KdF Schiff, welches zur Evakuierung genutzt wurde.
Die Gustloff wurde ab Kriegsbeginn zum Lazarettschiff, später zum Kriegsschiff, zunächst als Wohnschiff und später auch als Truppentransporter. Dementsprechend war sie dann auch Marinegrau gestrichen und jederzeit und überall legitimes militärisches Ziel.
Reicht es denn, wenn Flugabwehrgeschütze an Bord sind, es als
Kriegsschiff zu klassifizieren?
Nein, aber Flugabwehrgeschütze selbst und die Mannschaften, die sie bedienen wären automatisch wieder legitimes militärisches Ziel, von daher dürften sie auch bekämpft werden.
Rhetorische Frage: wenn es tatsächlich lediglich ein
Lazarettschiff gewesen wäre, hätte es nicht angegriffen werden
dürfen, oder?
Wenn sie entsprechend markiert gewesen wäre und der angreifende U-Bootkommandant das erkannt hätte, hätte sie nach dem damaligen Kriegsvölkerrecht - was die Sowjetrussen ja nicht ratifiziert haben - grundsätzlich nicht angegriffen werden dürfen.
Warum nur grundsätzlich? Weil mit den Angehörigen der 2. U-Bootlehrdivision militärische Ziele an Bord waren, die bekämpft werden durften. Wenn der U-Boot Kommandant davon ausgegangen wäre - und davon war in der damaligen Lage auszugehen -, dass auch nicht verwundete Wehrmachtsangehörige/Kombattanten an Bord waren hätte er auch ein Lazarettschiff Gustloff angreifen dürfen.
Was meinst du mit „Transferleistung“?
Ich meine damit, dass im Krieg bzw. in bewaffneten Konflikten für Kombattanten bestimmte rechtliche Grenzen nicht existieren. Ein Kombattant hat ein umfassendes Schädigungsrecht und darf militärische Ziele grundsätzlich immer und überall bekämpfen. Egal ob der gegnerische Soldat schläft oder das gegnerische Patrouillenboot gerade Schiffbrüchige aufnimmt.
Krieg ist unethisch, Krieg ist grenzenlos. Und um hier wenigstens ein klein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen gibt es das Humanitäre Völkerrecht (früher Kriegsvölkerrecht). Und weil es Krieg ist setzt man bewaffnete Streitkräfte ein, nicht die Feuerwehr, nicht das THW, nicht die Polizei.
Versteh mich nicht falsch, ich will dich nicht belehren, ich sehe nur, dass du Fragen stellst, die mich sehr an die immernoch recht aktuelle Tanklasterbombardementdiskussion erinnern und hole deswegen etwas weiter aus. 
Frei nach dem Motto: Wie kann man nur so viele Menschen töten?
- Ganz einfach, man schießt selbst, drückt auf einen Knopf oder lässt drücken.
Warum?
- Weil man von seiner (politischen) Führung - damals wie heute - in den Krieg befohlen wurde und einen klaren Auftrag hat.
Zivile Opfer sind da - damals wie heute - mit einkalkuliert, so hart das klingen mag. Das möchten aber hierzulande viele weder hören, noch wissen. Unter anderem auch viele, die selbst im Bundestag sitzen und entsprechende Entscheidungen getroffen haben.
Gruß Andreas