Transkription eines arabischen Namens

Hallo!
Ich habe in einem (englischen) Roman einen arabischen Namen, der auch Kaiderwelsch sein könnte, weil der dazugehörige Araber nie in Arabien gewesen ist und auch kein Arabisch spricht :smile:
Al-Gassur Abu-Yateem Thanni ibn Farees

Für einen anderen Roman habe ich mich schon mal damit beschäftigt, aber leider vieles wieder vergessen.

aus Wikipedia:
„den Artikel al nicht verwechseln mit dem Substantiv Āl (Familie), das in Dynastie-Bezeichnung mitunter auftaucht (z. B. Āl Saud). Dieses Al wird groß und ohne Bindestrich geschrieben und wie „Aal“ ausgeprochen.“

Dann heißt es: Al Dschassur (ohne Bindestrich?) abu („Abu, Umm, Ibn und Bint werden ohne Bindestrich und klein geschrieben“) Jatim („Besonders aufzupassen gilt es bei Übersetzungen aus dem Englischen, das eine abweichende Transkription verwendet: sh muss man hier in sch, j in dsch, kh in ch umwandeln. Doppel-E (ee) wird in der deutschen Transkription zu i“) Zani (ich finde beim Googeln immer nur „Thani“ mit einem „n“; was heißt es übrigens?) ibn Faris?

Gruß,
Eva

Kauderwelsch, nicht Kaiderwelsch :wink:
.

Hallo Eva,

dann wagen wir uns mal an das Experiment heran. (Ich habe doch richtig verstanden, dass Du nach der „korrekten“ deutschen Umschrift des Namens suchst? :wink:) Ich glaube, wir hatten es mal vor Ewigkeiten von der Umschrift hebräischer Ausdrücke und den ganzen Tücken. Da es die eine einzig wahre Umschrift nicht gibt (und viele Araber ihre Namen auch umschreiben, wie es ihnen am besten gefällt), habe ich zum Teil mehrere Vorschläge für die einzelnen Elemente.

Al-Gassur الجسور (al-jasūr; wörtlich: der Mutige/der Furchtlose)

Was das g am Anfang angeht: Normalerweise wird ج [(d)ʒ] gesprochen, also in der Umschrift j bzw. dsch. Im ägyptischen Arabisch spricht man den Buchstaben allerdings wie ein [g] aus, weswegen man beispielsweise auch im Deutschen nicht von Dschamal Abdel Nasser, sondern von Gamal Abdel Nasser spricht.
Das (s)s wird [s] gesprochen, also wie das deutsche ß. Die Doppelung des Buchstabens in der Umschrift rührt vermutlich daher, dass es nicht fälschlicherweise [z] ausgesprochen wird.
Das ū muss man in der Trans_literation_ benutzen, in der normalen Umschrift eines Eigennamens werden die diakritischen Zeichen aber in der Regel weggelassen; zur Betonung der Vokallänge wird allerdings bisweilen auf ou zurückgegriffen (z.B. bei Mansour Rahbani).

Ergo: Wenn Du sicherstellen willst, dass ein deutscher Leser den Namen so richtig wie möglich ausspricht, solltest Du vermutlich Al-Gassur bzw. Al-Dschassur schreiben (je nachdem, ob ersichtlich ist, ob die Figur aus Ägypten stammt oder nicht). Ich persönlich fände die Umschrift Al-Jas(s)ur jedoch ästhetischer.

Abu-Yateem [vermutlich:] ابو يتيم (abū yatīm)

Hier bin ich mir nicht ganz sicher, ob dieser kunya sich auf einen Sohn namens Yatim bezieht oder darauf, dass der Namensträger sich in irgendeiner Form mit Waisen beschäftigt hat. Denn die wörtliche Übersetzung von yatīm ist Waise und als Vorname ist mir das Wort nicht geläufig. Für die Umschrift ist das allerdings zweitrangig.
Eine fixe Regel zur Umschrift von Komposita mit Abu gibt es nicht. Ich persönlich würde es groß und ohne Bindestrich schreiben, da man klein und mit Bindestrich eher bei Komposita mit dem Artikel al schreibt, der ja unmittelbar am Wort steht und nicht getrennt wie in diesem Fall hier. Für die y-vs.-j-Frage gilt dieselbe Unterscheidung zwischen „ästhetisch“ und „deutsch“, die ich oben schon erwähnt hatte; diese sollte man aber konsequent durchhalten. Das ee würde ich in jedem Fall zu i ändern, da es eine typisch englische Umschrift für den Langvokal ist.

Ergo: Abu Jatim („deutsch“) oder Abu Yatim („ästhetisch“)

Thanni

Hier kann ich nur raten – zumal Du ja auch eine Schreibweise mit z ins Spiel gebracht hast. Am plausibelsten erschiene mir die Variante ثاني (ṯānī; wörtlich „Zweiter“), denn so lautet auch der Familienname der katarischen Herrscherdynastie. Das z (vs. th) deutet allerdings darauf hin, dass es sich beim ersten Buchstaben nicht um ein ث ( [θ]), sondern ein ذ ( [ð]) oder ظ ( [ð]) handelt. Dazu habe ich aber keine wirklich überzeugenden Wörter gefunden, die auch als Name dienen könnten.
Aber auch das nur am Rande. Für die Umschrift würde ich in jedem Fall bei dem th bleiben. Denn dass diese Kombination [θ] bzw. [ð] ausgesprochen werden kann, ist ja mittlerweile den meisten Deutschsprachigen bekannt. Ein z oder ähnliches würden vermutlich Verwunderung auslösen bzw. dazu verleiten, [ʦ] zu sprechen.
Was das doppelte n angeht, bin ich ebenso am Zweifeln wie beim Anfangsbuchstaben, da es in „mein“ Wort eigentlich nicht reinpasst.

Ergo: (ohne jede Gewähr) Than(n)i

ibn Farees [vermutlich:] ابن فارس (ibn fāris)

Hier wird’s wieder einfacher – oder auch nicht… Zunächst zu Ibn (also „Sohn von“). Da gilt dasselbe wie bei Abu: Es gibt zwar keine fixen Regeln, aber meines Erachtens wird in Eigennamen die Großschreibung deutlich häufiger benutzt. Mir zumindest scheint sie gängiger zu sein.
Was den Namen dahinter angeht: Farīs ist mir unbekannt. Ich kenne jedoch sowohl Fāris als auch Farīd.
Da Du Dich aber nicht mit der Richtigkeit des Namens im Original rumschlagen musst, sondern nur mit dessen Umschrift, gehen wir einfach mal davon aus, dass es ihn gibt. :wink:

Ergo: Ibn Faris

Zusammenfassung:
Al-Dschassur [bzw. Al-Gassur] Abu Jatim Than(n)i Ibn Faris („deutsch“)
Al-Jas(s)ur [bzw. Al-Gas(s)ur] Abu Yatim Than(n)i Ibn Faris („ästhetisch“)

Hoffe, nicht noch mehr Verwirrung gestiftet zu haben. :wink: (Auf dass mich Mohamed meine Ausführungen ergänze oder im Zweifelsfall korrigiere.)

Gruß,
Stefan

Wieder einmal großartig -

  • ich würde Dir zehn Sternchen geben, wenn’s ginge :smile:

Natürlich entscheide ich mich für die ästhetische Variante der Umschrift, und Deine Ausführungen drucke ich mir wieder aus.

Beste Grüße,
Eva

Stern - ot
Hallo Eva,

hier die Erklärung für das Sternchen (die ich heute nachmittag schon posten wollte, die aber mein Computer bei einem Absturz verschluckt hat):

Danke für Deine Sorgfalt bei der Transkription!! Ich ärgere mich immer wieder, wenn in Übersetzungen Transkriptionen stehen bleiben, die für deutsches Lesen einfach unsinnig sind. Besonders schade z.B. in dem schönen Comic „Die Katze des Rabbiners“ von Joann Sfar: Da hat man die hebräischen Zitate in französischer Umschrift gelassen, was beim Lesen sehr irritierend ist.

Umso schöner, dass Du so genau arbeitest - danke!

Jule