Transsubstantiationslehre noch gültig?

Liebe Leute,

ich schreibe gerade eine Hausarbeit über jüdisches Leben im Mittelalter und bin nun über das Dogma der Transsubstantiationslehre gestolpert.

Das war ja sozusagen die „Vorraussetzung“ für den Vorwurf der Hostienschändung. Ok.

Einfache Frage: Gilt dieses Dogma eigentlich immer noch? Verwende ich also Vergangenheit oder Gegenwart, wenn ich darüber schreibe?
Ich habe den Satz mal so angefangen: „Ab dem Jahr 1215 gab es das christliche Dogma der Transsubstan-tiationslehre, das besagte, dass Christus in einer geweihten Hostie körperlich anwesend ist.“ Muss ich gleich noch bisschen dran feilen.

Bitte macht mich doch mal schlau. Ich schaue inzwischen auf einen Sprung zu Aldi, ob sich da die Menschenmassen vom Vormittag schon verzogen haben und ich leckere Vorräte bekomme … bin gleich wieder da :smile:

Schöne Grüße

Petra

Hallo Petra,

grundsätzlich gilt: ja, das ist aktuell. Allerdings, wir sind bei w-w-w, muss man das differenziert betrachten.

In dieser Frage findest Du einen der Hauptunterschiede zwischen den Konfessionen. Falsch im kirchenrechtlichen Sinne ist Deine Bezeichung „dogma“. Recht gut hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Transsubstantiation

Von geweihter Hostie zu sprechen, ist zwar üblich, aber unpräzise. Es gibt Weihwasser, aber die Qualität der Hostie ist anders.

Gruß,
Andreas

Hallo Andreas,

wow bist du schnell. :smile:

http://de.wikipedia.org/wiki/Transsubstantiation

Ja, da war ich gerade schon. Aber ich war mir nicht sicher, ob sich der Artikel auf einen historischen oder einen aktuellen Begriff bezieht. Da stand nur, wann er entstanden ist, nicht, ob er noch gilt. Deswegen habe ich hier gefragt.

Von geweihter Hostie zu sprechen, ist zwar üblich, aber
unpräzise.

Na gut, solange es wenigstens „üblich“ ist, soll es nun für meine Zwecke genügen. (Wie würdest du eine geweihte Hostie bezeichnen?)

Ich habe deswegen gefragt, ob diese Sichtweise noch aktuell ist, weil es laut meinen Quellen den Vorwurf der Hostienschändung nur vom 13.-16. Jhdt gab, und da dachte ich mir halt, jetzt glaubt man da wieder etwas anderes.

Übrigens habe ich mich schon in der Grundschule gefragt, wie eine körperliche Anwesenheit Gottes in einer Hostie sich mit der Atomlehre verträgt. … Die beiden Konzepte haben sich nicht vertragen; eines davon musste gehen. … Wie vertragen sie sich bei dir?

Schöne Grüße

Petra

Hallo Petra44,

das Dogma der Transsubstantiationslehre gilt immer noch.
Dass sich das Wesen verwandelt, ist ausdrücklich so dogmatisiert, dass man dabei von „Wesensverwandlung“ spricht, ist zwar nicht buchstäblich Dogma, aber Folge davon.
Du verwendest gemäss geltender kath. Theologie also Gegenwart, wenn Du darüber schreibst.
Mir gefiele also bei Dir besser die Aussprache:
„Ab 1215 gab es“ (oder evtl. sogar „seit 1215 gibt es“) „das christliche“ [richtig, wenn auch scl. westkirchliche, d. h. römisch-katholische] „Dogma der Transsubstantiationslehre, das b e s a g t“ [nicht: besagte], „dass Christus in einer geweihten Hostie“ [„geweiht“ betrachte ich als sachgemäss] „leiblich“ [„körperlich“ ist auch möglich, wenn auch das Fremdwort] „anwesend ist.“

Sorry für die Buchstabenklauberei, aber in dieser Sache kann man einerseits kaum buchstäblich genug sein und muss sie andererseits letztendlich doch mit dem Herzen verstehen.

Mir hat dabei immer der Text des Athanasius (4. Jhdt.) geholfen: „Schau auf Christus.“ D. h. man soll auch den Vorgang der Wandlung und die Wandlungsworte nie unberücksichtigt lassen, um sich der Sache annähern (ich will eher nicht sagen: die Sache erklären) zu können. Weil Christus wahrhaftig ist und die Wahrheit sagt, ist das Brot in dem Augenblick Sein Leib geworden, in welchem diese Worte ausgesprochen sind, d. h. vgl. Gen 1 „Gott sprach: Es werde Licht, und es wurde Licht“. Wort und Tat stimmen 1:1 überein.

Gruss
Mike

Ob Präsens oder Imperfekt hängt m.E. auch vom Kontext ab. Beschreibt der die damaligen Zustände, kann auch die Vergangenheitsform zutreffend sein. Aber wenn Präsens, dann sollte tatsächlich nach Konfessionen differenziert werden:

Seit 1215 gibt es das römisch-katholische Dogma der Transsubstantiationslehre, …

Zum einen, weil die Ostkirchen da schon ihren eigenen Weg gingen, zum anderen weil die Kirchen der Reformation das Dogma nicht übernommen haben.

Gruß, Martinus…

P.S. Was heißt scl. in diesem Zusammenhang?

Nur eine kleine Anmerkung sprachlicher Art: Es gibt seit dem 4. Laterankonzil das Dogma der Transsubstantiation.
Die Transsubstantiations**lehre ist die theologische nund akademische Diskussion Begründung dieses Dogmas.

Gruß - Rolf**

Danke!
Das Wort war eh zu lang. Habe es nun gekürzt; darauf wäre ich gar nicht gekommen.

Schöne Grüße

Petra

Hallo Martinus,

komme darauf, dass wir wieder mal irgendwie beide Recht haben. Die Transsubstantiationslehre war

  • ab 1215 offizielle kirchliche Lehre, d. h. im weiteren Sinn Dogma
  • ab 1565 kirchlich dogmatisiert, d. h. im engeren Sinn Dogma. Da „Dogma“ in verschiedenen Stufen vorkommt, drückt es die Hierarchie der Wahrheit aus. Zuoberst steht die Wahrheit, dass Christus auferstanden ist. Dann kommen weitere unbestrittene Glaubenswahrheiten und erst dann diejenigen Dinge, die nicht direkt diesen Wahrheiten entspringen müssen, aber doch in Einmütigkeit öffentlich und ex cathedra von Papst und Konzil gemeinsam beschlossen wurden. Weiter unten erst kommen dann Dinge, die von Bischofssynoden oder einzelnen Universitätsgelehrten verkündet werden. Die Transsubstantiationslehre ist als Theorie zur Beschreibung einer Wahrheit also zunächst eher unten angesiedelt worden und später immer deutlicher zu einer von Papst und Konzil anerkannten Lehre aufgestiegen.

Somit könnte Petra44 wohl am genauesten schreiben: „Ab 1215 war die Transsubstantiationslehre kirchliche Lehre, seit 1565 (Tridentinum) wird sie sogar als unabänderliches kirchliches Dogma betrachtet.“ Scl. bedeutet „man mag dabei bedenken“, wörtl. es ist möglich zu wissen: Scire licet. Es galt zunächst mal westkirchlich, denn römisch-katholisch waren die Dogmatisierungen seit dem West-Ost-Schisma vom Jahr 1154, und dann, seit 1565, galten Lehren auch als insbesondere katholisch im Gegensatz zu reformatorisch.

Gruss
Mike

Hallo Petra,

Von geweihter Hostie zu sprechen, ist zwar üblich, aber
unpräzise.

Na gut, solange es wenigstens „üblich“ ist, soll es nun für
meine Zwecke genügen. (Wie würdest du eine geweihte Hostie
bezeichnen?)

Im allgemeinen Sprachgebrauch würde ich von einer gewandelten Hostie sprechen (obwohl ich „geweiht“ auch OK finde) In einem Text wie deinem würde ich aber den Begriff „konsekrierte Hostie“ benutzen.

Übrigens habe ich mich schon in der Grundschule gefragt, wie
eine körperliche Anwesenheit Gottes in einer Hostie sich mit
der Atomlehre verträgt. … Die beiden Konzepte haben sich
nicht vertragen; eines davon musste gehen. … Wie vertragen
sie sich bei dir?

Mit Atomen hat die Wandlung mMn gar nichts zu tun. Jesus ist dem Glauben nach auferstanden. Er hat keinen irdischen Leib mehr und besteht somit auch nicht aus Atomen.

Gruß
Michaela