Liebe/-r Experte/-in,
Ich bin vor zwei Jahren vergewaltigt worden. Seit einem Jahr bin ich in therapeutischer Behandlung. Es ging mir zwischenzeitlich viel besser. jetzt war vor kurzem erst die Gerichtsverhandlung, die mich irgendwie in eine total neue und veränderte traumatisierung zurückgeworfen hat.
Momentan gehe ich einmal in der Woche zur Therapie. Diese stunde reicht gerade so aus, davon zu berichten, wie die Woche war und wiee es mir geht. Aber ich habe das Gefühl, keinen schritt weiterzukommen. es geht mir gerade sehr schlecht. Kann meine Emotionen nur mit allergrößter Anstrengung kontrollieren und ich bin einfach total überfordert. Ich kann nicht mehr und komme mit meinem Alltag nur gannz schwer zurecht. Ich weiß aber auch nicht, was ich zusätzlich tun kann. Was brauche ich, um das Trauma wirklich aufzuarbeiten. Auch wenn das schmerzt und weh tut und mit Gedanken verbunden ist, die ich überhaupt nicht haben will. ich weiß, dass es sein muss, um weiterzukommen. Was kann ich tun?
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Hallo Frau.
Danke sehr für dein Vertrauen, dass du dies von dir offenbarst. Ein Hilferuf.
Das ist bei der Vergewaltigung nicht gelungen…
Traumen können lange zur Heilung brauchen.
Und meist brauchts viele Menschen dazu…
Welche mit Mitgefühl…
Ein Hilferuf ist immer eine Öffnung…zu anderen…
man schaffts nicht alleine…
es ist gut, sich an andere zu wenden…
Mach es deinem Tempo…mit deiner Geschwindigkeit…
Kontrolliere 3 mal, wie viel du preisgibst…
Es ist sehr gut, dass du dich auf den Weg machst, und Menschen und Hilfe suchst…bei denen du Schutz und Hilfe bekommen kannst…
Damals wurde deine Selbstbestimmung verletzt…
Totale Ohnmacht…hast du erlebt…
Eigenartigerweise habe ich immer beobachten können, dass gerade solche Traumen am besten in einer liebevollen Beziehung heilen können…
Wie sind denn deine Beziehungen…?
wer steht denn auf deiner Seite im privaten?
Beschäftigst du dich mit Schönem?
Das mag theoretisch klingen, aber Ohnmacht will in Ermächtigung transformiert werden.
Das braucht eventuell Jahre, vielleicht gehts auch schneller.
Die verletzten Teile brauchen Trost und Mitgefühl
Ich weiss nichts, wie es bei dir ist, wenn du sagst, du schaffst es nicht im Alltag…verkriechst du dich? Ist Scham im Spiel? Unterdrückte Wut? Hass? Trauer…?
Die Bearbeitung und Auseinandersetzung mit den Geschehnissen wird dir nicht erspart bleiben…
Du gehörst jetzt zu einer besonderen Gruppe von Menschen. Und damit auch zu einer Gruppe mit besonderen, zwar schmerzhaften, aber solchen Erfahrungen, die und viel tiefer mit den wichtigen Dingen im Leben auseinander setzen lässt…
Dein Leben wird nicht mehr oberflächlich verlaufen können…Etwas in dir wird auf die Suche gehen…
Es werden besondere Qualitäten in dir entwickelt werden…Fähigkeiten, die du ohne da Erlebnis nicht hättest…Auch für die Menschheit wichtiges…
Weisst du nicht viel mehr über Würde als vorher?
Zunächst brauchst du etwas für dich…
schutz…rückzug…ganz bewusst…
und ressourcen sammeln…fassungsvermögen erweitern…
ich habe ganz ganz gute erfahrungen mit folgenden Richtungen gemacht:
essentielle Psychotherapie (Almaas) Diamond Work…
ist aber schwierig Leute zu finden, die danach arbeiten…das ist eine ARbeit, die an den „Rand“ traumatischer Erfahrungen geht…und dann quasi fast „flüssige“, starke seelische Urkräfte wieder in den Körper zurück holen kann…wenn man mit Jammern und Hadern aufhört…und das kann sehr schnell gehen…gehört mit zu wirkungsvollsten, was ich kenne.
Focussing…(externalisiert die belasteten ICH-Anteile.und stärkt den inneren, Handlungsfähigen Beobachter…)
Holotropes Atmen (z.B. Annelotte Gerhard, Bonn)
Gestalttherapie…
SE Somatic Experiencing (Trauma Arbeit nach Peter Levine…) Sollte aber mit Ich-stärkender Arbeit verbunden werden…
von körperarbeit rate ich ab.
SE ist das nur bedingt…therapeut berührt manchmal gelenke oder blochadestellen…mehr nicht…
Ich hoffe es hilft dir etwas weiter…
Herzliche Grüße
P.
Hallo blumenvasen,
mit der Vergewaltigung vor zwei Jahren sind Ihnen schwere psychische Verletzungen zugefügt worden. In der Zeit bis zu ihrem Prozess konnte, auch mit Unterstützung durch die Therapie, eine Heilung beginnen. Diese war jedoch bestimmt noch nicht abgeschlossen. Durch den Prozess sind die alten Wunden erneut aufgerissen und wahrscheinlich sogar noch verstärkt worden.
Ich denke, dass Sie mit Ihrer Therapie auf einem guten Weg sind. Erfolge und Verbesserungen benötigen meist jedoch leider mehr Zeit, als man ihm zugestehen möchte. Darüber hinaus erscheint es mir sinnvoll, weitergehende Belastungen erst mal zu verringern. D.h. konkret: wo können Sie um Unterstützung bitten und sie auch erhalten, um ihren Alltag bewältigen zu können. Ebenso kann es vielleicht hilfreich sein, sich eine Weile arbeitsunfähig schreiben zu lassen. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass Sie sich nicht gänzlich aus dem Alltagsgeschehen zurückziehen und vollständig in die Traumaauswirkungen fallen, sondern dass sie sich damit Raum und Zeit für ihre Heilung geben. Um solch ein schweres Erlebnis zu integrieren bedarf es viel Energie, so dass oft nebenher wenig möglich ist.
Ich hoffe Ihnen mit meinen Gedanken etwas weiter geholfen zu haben und wünsche Ihnen alles Gute auf ihrem Weg. Sollten Sie noch weitere Fragen haben, bin ich gern zu einem Austausch bereit.
Herzliche Grüße
Thomas kühn