Trauma nach Verkehrsunfall

Hallo, 
ich bin 22 Jahre alt. Am 01.09.14 hatte ich Autounfall mit einer Fahrradfahrerin. Wollte rechts abbiegen, die Dame kam auf der falschen Straßenseite plötzlich auf die Straße gefahren und ich konnte nicht mehr Bremsen.  
Da das mein erster Unfall mit Personenschaden war, war ich schon am Unfallort ziemlich fertig und bin fast zusammengebrochen. Seitdem habe ich starke Angst davor mit dem Auto zufahren. Als Beifahrer habe ich kein Problem, aber Selbstfahren geht nicht. Schon beim einsteigen kriege ich Angstzustände. Auch will mir das Bild der Frau einfach nicht aus dem Kopf gehen … Ich wurde von der Staatsanwaltschaft von jeglicher Schuld freigesprochen, trotzdem mache ich mir wahnsinnige Vorwürfe. Hätte ich noch ausweichen können usw. 

Irgendwie ist er mir peinlich zur Psychologin zu gehen. Habt ihr Tipps wie ich das ganze besser verarbeiten kann?

Liebe Grüße
Markus

Hallo
Ich hatte auch vor vielen Jahren einen relativ schweren Unfall wobei meine Frau leicht verletzt wurde und ich auch nicht Schuld war . Die Bilder von meinem ziemlich demoliertem Auto haben mich viele Jahre im Traum verfolgt. Das war die Hölle und ich kann Dir nur empfehlen, weil die Bilder der Frau so schnell nicht aus Deinem Kopf verschwinden zum Psychologen zu gehen.
viele Grüße  noro

Hallo!
Hatte auch so ein Erlebnis, als vor unserem Haus ein Junge von 10 Jahren aus unserer
Siedlung, den wir noch dazu kannten, beim Radln von einem Auto erfasst und mehrere Meter durch die Luft geschleudert wurde. Er verstarb dann im Rettungswagen.
Danach fuhr ich wochenlang wie „auf rohen Eiern“.
Was ich damit sagen will, lass die Zeit für Dich arbeiten, erzwinge nichts, eine
psychologische Unterstützung könnte nicht schaden um das Erlebte zu bewältigen.
Alles Gute
airblue21

Hallo Markus, es gibt ein sehr gutes Buch. Wenn ich mich recht erinnere, heißt es: 7 Stufen zur Traumatherapie. Darin geht es um die Verarbeitung der sog. „TYP-1-Traumata“, wozu deine auch gehört (einmaliges traumatisches Erlebnis).
Was die Panikattacken betrifft, und die Angst davor, ist es hilfreich, im Vorfeld zu erkennen, wenn sich eine anbahnt. Z.B. mit einer Farbampel, bei der du dein momentanes Stresses einschätzt. Es kann auch sein, dass du zeitweise wie „gefroren“ bist. Traumastressreaktionen gibt es 3: fight (Kampf), flight (Flucht) und freeze (Totstellreflex). Dies alles sind Schutzreaktionen deines Körpers. Der Amygdala, um genau zu sein. Es geht darum, die Angst und die Panikattacken beobachten zu lernen und auch die Gefühle. Oft sind es Angst und Ohnmachtsgefuehle. Wichtig ist auch, sich bewusst zu machen, dass diese traumatische Situation VORBEI ist. Das Auftauchen und Beobachten der Erinnerungen und Gefühle hilft langsam, sie zu verarbeiten und zu transformieren. Und ganz bewusst den Körper spüren und die Sinne (riechen, spüren, hören) aktivieren. Besonders das Riechen und Spüren, weil die dich wieder ins Hier und Jetzt bringen, quasi „raus“ aus dem Traumafilm.
Eine weitere hilfreiche Methode ist die Arbeit mit dem „Inneren Team“, z.B das Buch IFS von Richard Schwartz. Da geht es auch um Trauma.
Das wird eine längere Zeit dauern. Mit der Zeit werden die Panikattacken und Erinnerungen aber weniger heftig und weniger häufig werden.

Es gibt bestimmt auch noch andere Methoden; das hier sind bloß einige.
Viel Glück auf deinem Weg.
Drehmaschinenherz

Hallo!

Erstens: Psychologen sind genau dazu da um Menschen, die unter anderem so etwas erlebt haben, zu helfen.
Zweitens: Wenn Du ins Auto einsteigst, kann das passieren. Du warst nicht schuld. Es kann immer sein, dass sich wo ein Kind losreißt und Du blöderweise daher kommst.

Das ist eine Tatsache, die man leider nicht ändern kann. Wenn Du wieder autofahren willst, geh zum Psychologen, alternativ leistest Du eben einen Beitrag gegen die Umweltverschmutzung.

Ich kann verstehen wie’s Dir geht ohne etwas Ähnliches erlebt zu haben.

alles gute

Gollum

Hallo,

wenn du partout nicht zum Doc willst, versuchs doch noch mal mit Fahrstunden.

Ohne Witz.

Frag mal bei den Fahrschulen nach, erkläre deine Situation und mach nochmal ein paar Stunden.
Da ist die Situation kontrolliert, der Fahrlehrer passt mit auf und kann ggfs auch mit eingreifen und bremsen und du bekommst wieder Sicherheit beim Fahren.

Grüße
miamei

Moin,

Irgendwie ist er mir peinlich zur Psychologin zu gehen.

hm, Du bist also der superstarke Mann, den so was nichts anhaben darf? Und der Gang zum Psychologen würde an diesem Lack kratzen?!
Hier in unserem Kreis gab es vor Jahren Pläne, einen Notfallseelsorger/Notfallpsychologen für die Einsatzkräfte, speziell für die (freiwillige) Feuerwehr zu berufen.
Ein Schwall von Ablehnung kam, (ein harter Mann braucht so was nicht!) von dem sich die Wehrleitung aber nicht abbringen lies und diese Institution einrichtete.
Zuerst kamen einige wenige, fast schon bei Nacht und Nebel, zu diesem Hern, aber es sprach sich doch herum, daß man kein Weichei sei wenn man dort hinging.
Jetzt ist es so, daß komplette Einsatzgruppen nach traumatischen Einsätzen gemeinsam dorthin gehen, um diese Erlebnisse gemeinsam zu verarbeiten. Keiner spricht mehr von Weichei und wenn einer versucht in dieses Horn zu stoßen, wird er schnell angepfiffen.

Habt
ihr Tipps wie ich das ganze besser verarbeiten kann?

Nein, mir fällt keiner ein.

Spring über deinen Schatten und geh zu einem Seelendoktor!

Gandalf

Hallo, Markus,

hättest du dir das Bein gebrochen, hättest du vermutlich keine Angst, den Chirurgen dranzulassen, und auch wenn du eine schwere Grippe hast, würdest du dich behandeln lassen.

Ein Ereignis, wie du es erlebt hast, ist ein akutes Geschehen, das Folgen hat (andere, als Beinbruch und Grippe - aber eben medizinische Folgen). Es gibt also nicht den geringsten Grund, nicht zu dem entsprechenden Arzt für diese Folgen zu gehen. Und das ist nun mal der Arzt und Therapeut für alles, was mit Ängsten, Seele, Schuldgefühlen, us.w. zu tun hat.
Du kannst es auch alleine versuchen - aber es wird vermutlich viel länger dauern und dir immer wieder „Schmerzen“ machen. Warum also zuwarten?
Erkundige dich bei deinem Hausarzt, ob in deinem Fall nicht sogar die Krankenkasse die Therapie zahlt und lass dich überweisen.

Ich wünsch dir Kraft,
Maresa
(Dialyse ist lebbar)

Hallo Markus,

das, was du gerade erlebst, ist eine ziemlich normale Reaktion der Psyche auf solch einen Unfall. Irgendwie muss du das Erlebte verarbeiten und ein Unfall, bei dem eine Person zu schaden kam, ist ein Ereignis, was erst einmal verarbeitet sein will, das braucht seine Zeit.
Das, was du an Symptomen schilderst, die Angst davor, dich selber wieder ans Steuer zu setzen, Schuldgefühle, obwohl du „formal“ keine Schuld hast und die Bilder, die nicht aus dem Kopf gehen bzw. einfach kommen, ohne dass man das beeinflussen kann. Das, was du wohl hast (wenn man das über so ein Forum sagen kann), hat sogar einen Namen und nennt sich akute Belastungsreaktion. Es braucht dir also nicht peinlich zu sein!
Oft schafft man, damit alleine klar zu kommen, manchmal aber auch nicht. Das hängt von vielen Faktoren ab. Wie stark einen das Ereignis belastet hat, wie gut das Umfeld ist, hat man gute Ressourcen, mit so etwas umzugehen und stehen die auch gerade zur Verfügung, wie stark ist man noch mit anderem belastet…

Es gibt aber so einen groben Richtwert, bei dem man davon ausgehen kann, dass es ratsam ist, jemanden zu Hilfe zu nehmen, der sich auskennt. Das wäre hier nicht einfach ein Psychologe, sondern ein Psychotherapeut (der kann Arzt oder Psychologe sein, muss aber die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“ führen, ein einfacherer Psychologe reicht nicht!). Da es bei dir um eine Traumatisierung geht, sollte er / sie auch ein Zusatzausbildung in dem Bereich haben.

So einen Profi sollte man hinzuziehen, wenn man nach 6-8 Wochen noch Symptome hat, die sich nicht bessern oder gar stärker werden. In dem Zeitfenster wärest du jetzt. Ein solcher Profi kann dir helfen, das so zu verarbeiten, dass du nicht unnötig lange belastet wird. Das gilt auch für den Wunsch, wieder selber Autofahren zu wollen. Falls in der Nähe bei dir eine Traumaambulanz ist, kannst du auch dahin gehen.

Bis es zu einem Termin kommt, kannst du aber auch schon etwas machen: Tu, was dir gut tut. Sport machen, in die Natur gehen, Filme gucken (Actionfilme sind großartig, ob es darin Auto-Verfolgungsjagden geben darf, musst du selbst entscheiden, so richtige Schinken sind super, je monumental, desto besser, wie Herr der Ringe bspw), Freunde treffen, Musik hören, Computerspiele (hier sind so „stumpfsinnige“ Denkspiele gut wie Tetrisvarianten, Bubbles, Jewels…) So etwas ist gut gegen die Bilder.
Wenn dir das so arge Probleme derzeit macht, dich selbst ans Steuer zu setzen, würde ich im Augenblick davon noch Abstand nehmen. Es ist ja schonmal gut, dass das als Beifahrer geht.

Grüße

Janina

Danke für euren vielen Antworten. Ich war gestern bei meiner Hausärztin und hab das mit Ihr besprochen. Auch sie meinte das mir eine Therapie gut tun würde. Habe für nächste Woche eine Termin bei einem Pschotherapeuten. Der kann mir bescheinigen das ich die Therapie brauche, dann sollte das ganze von der Kasse gezahlt werden.  

Lg
Markus

Schön, dass du dir helfen lässt und die Sache mit der Peinlichkeit über Bord geworfen hast.

Und was die Kasse angeht: Wenn wir hier von Deutschland reden und von einer gesetzlichen Krankenkasse, dann kann man dir die Sorge schon sicher vor dem Besuch nehmen: Das ist für eine erste Kurztherapie reine Formsache.

Falls noch fragen sind, diese Seite hier ist eigentlich recht hilfreich
http://www.psychotherapiesuche.de/fragen-antworten

Du solltest von Anfang an darauf achten, dass die Chemie zwischen dir und dem Therapeuten stimmt. Wenn du nicht das Gefühl hast, keine Bange zu wechseln! Du kannst bei jedem Psychotherapeuten jeweils! bis zu 5 Sitzungen testen, ob das klappt.

Alles Gute.