Servus,
ab dem späten 14. Jahrhundert war Italiens Norden einschließlich der Toscana fast zweihundert Jahre lang Avantgarde in Architektur und bildender Kunst.
Der Vorläufer (und gleichzeitig markantes Gegenteil) des städtischen Palazzo ist der mittelalterliche Geschlechterturm (vgl. San Gimignano), in dem Treppen keine große Rolle spielen, weil es funktionell wichtig ist, sie jederzeit schnell abnehmen und hochziehen zu können: Man steigt auf Leitern.
Zur beginnenden frühen Renaissance gehört die Wiederentdeckung einiger bautechnischen Details, die seit der Antike ganz oder fast vergessen waren und bei Profanbauten des Mittelalters nicht oder kaum verwendet wurden. Dazu gehört auch eine Steinmetzkunst, die große Gewölbe, Steingeländer, Arkaden, Wendeltreppen ermöglicht - die filigranen Maßwerke spätmittelalterlicher Kirchenbauten sind nur in den Fenstern frei in sich tragend, in den Netzgewölben hängen sie immer mit den Bausteinen zusammen, an denen sie verlaufen.
In der Lust, zu zeigen, was man hat, wird ein Palazzo mit allem gebaut, was der Bauherr sich leisten kann, einschließlich luftig durchbrochenen steinernen Geländern. Ein schönes Beispiel für eine prächtige Wendeltreppe bietet der Palazzo Contarini del Bovolo - formal noch der Gotik zugerechnet, aber bereits vom Geist der Renaissance inspiriert.
Zur angesprochenen Zeit werden Prunktreppen mit steinernen Geländern die Ausnahme gewesen sein, aber zu einem bedeutenden Stadtpalazzo gehören sie schon.
Unabhängig davon ist Holz in Venedig auch damals schon ungefähr so wertvoll wie Stein: Man mußte es über einige Entfernung transportieren, und die Pfahl- und Rostwerke, ohne die die Stadt ersöffe, brauchten große Mengen davon.
Schöne Grüße
MM