Hallo
oh Mann, ich hatte hier gerade einen ellenlangen, supertollen, viele Sternchen werten Text zum Thema verfaßt - und dann kackt mein PC bei der Suche nach dem Bild einer RAT ab. Also nochmal von vorn…
Nehmen wir an, wir fliegen in einer voll beladenen 747. Auf
Reiseflughöhe und entsprechender Geschwindigkeit fallen alle 4
Triebwerke komplett aus.
Mein Kollege behauptet, dass das Flugzeug nach Verlust des
Antriebs unaufhaltsam und unmanövrierbar zu Boden fällt.
Solange noch ein Triebwerk funzt kann man das Flugzeug noch *relativ* gut fliegen, selbst Steigflüge sind noch drin.
Fallen alle Triebwerke zugleich aus kann das folgende Ursachen haben: entweder man hat die Tanks trocken geflogen oder man ist in Vulkanasche geraten. Diese kann nämlich nicht nur Idioten, die über den Vulkan fliegen (im Ernst: sowas macht auch keiner ) erwischen sondern sich durch Jetstreams, schnelle, starke Winde in der Höhe, weit verteilen. „Ein bißchen Asche“ wäre zu verkraften, aber irgendwann gibt dann doch auch das beste Triebwerk auf…
Wenn man nun also im Reiseflug einen Ausfall aller Triebwerke zu beklagen hat beeinflußt das natürlich nicht die aerodynamische Fähigkeit des Flugzeugs, weiterhin zu segeln. Allerdings ist ein stetiger Sinkflug nötig um eine ausreichende Geschwindigkeit zu halten (merke: „Speed is life!“).
Man braucht dann natürlich einen geeigneten Landeplatz… geeignet heißt:
- groß genug für die jeweilige Maschine (wo eine Cessna landen kann paßt der Jumbo gewöhnlich nicht mehr hin)
- in passender Entfernung (zu nah ist schlecht, denn man muß ja erstmal Höhe abbauen, zu weit entfernt logischerweise auch)
- das Wetter muß passen (ein Go-around (Durchstarten) ist in der Situation natürlich nicht drin und schlechte Sicht oder ungünstige Winde wären ganz doof).
Runterfallen wird man also nicht, man wird einfach zum großen Segelflieger.
Ein größeres Problem tut sich allerdings an anderer Stelle auf: Triebwerke sorgen nicht nur für’s Vorwärtskommen, sie liefern auch „Bleed Air“ für die Klimaanlage, Hydraulikdruck und über Generatoren elektrische Energie. Das alles ist natürlich erstmal weg…
Bei 4-Strahlern wird ein Notbetrieb durch „Windmilling“ ermöglicht: die Triebwerke drehen sich natürlich auch noch durch den Fahrtwind. Das erzeugt zumindest soviel Energie daß man die betroffenen Systeme notfallmäßig betreiben kann.
Bei 2-Strahlern langt „Windmilling“ alleine nicht. Also klappt man einen kleinen Propeller heraus, der gewöhnlich in der Nähe des Hauptfahrwerks installiert ist. Das Ding heißt RAT (Ram Air Turbine) und sorgt ebenfalls für notfallmäßige Power. Ein Bild einer Rat gibt es hier: http://www.tpub.com/air/7-27.htm und http://www.ghetzleraeropower.com/lowspeed.htm. Problematisch ist allerdings daß eine RAT gewöhnlich nicht Electricity, Hydraulikpower und „Bleed Air“ liefert, und ihre Effektivität hängt auch von der Fluggeschwindigkeit ab: wird der Flieger vor der Landung langsamer schwächelt auch die RAT.
Allerdings wird man auch versuchen eine Hilfsturbine im Heck der Maschine anzuschmeissen, die sog. APU (Auxiliary Power Unit). Nur: wenn der Tank leer ist rührt die sich auch nicht mehr…
Weiterhin hat man noch die Batterie, von der man sich aber bestenfalls Elekrizität, und auch das nicht allzu lange, erhoffen darf.
Zusammengefaßt: man fällt nicht runter, sondern segelt weiter. Es ist aber nicht so ganz komplikationslos weil die Hydraulik, die elektrische Versorgung und die Klimaanlage auf Sparflamme gehen.
Kleine Blödelei am Rande, ich kann es mir aber nicht verkneifen: Hätte Cowboy George letzte Nacht mal seine RAT ausgeklappt… ))
Mir
ist ein Fall bekannt nachdem ein Airbus nach Triebwerksausfall
im Sink, bzw. Gleitflug einen Flughafen erreicht hat; ob mit
einer Bruchlandung kann ich nicht sagen.
Der Vorfall, den Du ansprichst, war ein A310 von Hapag Lloyd. Nach dem Takeoff in Athen ließ sich das Fahrwerk nicht einfahren und so hatte der Flieger natürlich einen extrem höheren Luftwiderstand als mit eingeklappten Rädern. Die Fuel-Berechnungen stimmten nun natürlich hinten und vorne nicht mehr… Anstatt nun aber wieder zu landen hat der „Held“ des Fluges, ein Captain Arminger, allerdings beschlossen möglich langsam Richtung Home Base zu fliegen. Angeblich käme man bei langsamem Tempo in großer Höhe zumindest bis nach München und somit auf deutsches Terrain, was für die Airline aus Gründen der Maintainance Geld und Aufwand sparen würde. Der First Officer (Copilot) hat ein paar Mal darauf gedrängt solche Lotteriespielchen zu lassen, aber Arminger und die Company haben ihre Holzköpfe durchgesetzt.
Es kam wie es kommen mußte: über dem Balkan verabschiedeten sich die Triebwerke und man ist mit Ach und Krach bis Wien gesegelt. Dort endete das Abenteuer in der Wiese neben der Runway. Getötet wurde keiner, aber der schöne A310 war Schrott, Arminger seine Lizenz los, und Hapag Lloyd hat seither einen Fleck auf der ansonsten reinen Weste… http://www.airliners.net/open.file/095396/L/ und http://www.airliners.net/open.file/095398/L/
Passiert ist solch eine Situation auch seinerzeit in Canada, als eine 767 Anfang der 80er Jahre ebenfalls durch Treibstoffmangel gesegelt ist. Damals war die 767 gerade neu auf dem Markt und man hat sich schlicht in den Einheiten vertan: Liter sind nicht dasselbe wie Gallons, und kg ist wieder etwas anderes.
Der Flieger wurde später als „Gimli Glider“ berühmt, benannt nach der Stadt wo der Flug endete.
Außerdem hat es mal einen British Airways-Jumbo erwischt: Vulkanasche. Allerdings konnten die damals die Triebwerke vor der Landung wieder starten.
Demnach müsste es
doch auch einer 747 im steilen Sinkflug möglich sein die
minimal Geschwindigkeit zu halten - und falls geographisch
möglich eine(Bruch)Landung zu machen. Wörtlich - sie würde
nicht nach einigen Metern wie ein Stein zu Boden fallen -
Zitat Kollege. Da liege ich doch nicht falsch?
Genau. Du liegst richtig. Aber ein „Spaziergang“ ist so eine Situation nicht, da setzt es schon mächtig Adrenalin frei.
Ohne Hydraulik wird die Steuerung nämlich „schwergängig“, um es mal nett zu formulieren. Außerdem muß man Flaps und Slats („Landeklappen“) elektrisch oder per Schwerkraft rausprügeln und die Speedbrakes bremsen auch nicht ordentlich, genauso wie die Radbremsen. Man wird also ziemlich schnell hereinkommen und ziemlich weit (hoffentlich nicht zu weit, denn Runways sind endlich) rollen.
Mich interessieren belegte Quellen, die ich als unweigerlichen
Beweis bringen kann…
Du darfst mich zitieren oder mal nach C-GAUN, Gimli Glider, Air Canada sowie Stichworten wie D-AHLB, Hapag Lloyd, A310, Wien, Arminger, … googeln.
Fly safe,
MecFleih