Tsunami & Malediven

Hallo Experten!

Wie erklärt ihr Euch, daß auf den Malediven - bedenkt man die maximal exponierte Lage - so relativ wenig Schäden aufgetreten sind?

Liegt’s an dem relativ steilen Aufsteigen der Inseln aus der See?

Gruß
Peter

Hallo Peter,

die Inseln liegen im Schnitt 0,5 - 1m, max. 2 m über Wasser. Die Welle rollt da einfach drüber weg und auf der anderen Seite weiter. Es wird daher nicht die gesamte Energie der Welle an Land vernichtet. Durch die Stömungskraft beim über die Inseln schwappen entsteht schon einiger Schaden, aber dadurch, dass die Welle nach den Inseln weiterlaufen kann, geht auch ein großer Teil der Energie der Welle weiter.

Dann kommt auf den Malediven noch folgendes hinzu: Die Inseln liegen ja jeweils im Inneren größerer Atolle. Da kann es schon sein, dass ein Teil der Energie beim Auftreffen auf das Außenriff bereits vernichtet wird und die Welle innerhalb des Atolls bereits geschwächt weiterläuft.

Gruß
Michael

Hallo,

Wie erklärt ihr Euch, daß auf den Malediven - bedenkt man die
maximal exponierte Lage - so relativ wenig Schäden aufgetreten
sind?

was verstehst Du unter „relativ wenig“? Knapp 20 Hotelinseln sind komplett abgeräumt worden. Derzeit spricht man von 57 Toten, 71 Vermißten und 10.000-12.000 Obdachlosen. Wenn Du diese Zahlen mal ins Verhältnis zur Gesamtbevölkerung von rd. 340.000 setzt, dürften die Malediven „relativ“ gesehen mit am Schlimmsten betroffen sein.

Gruß,
Christian

Hi Christian!

was verstehst Du unter „relativ wenig“?

Wie’s da steht meine ich mit „relativ“ das Verhältnis der Schäden zu den geografischen Gegebenheiten.

Wenn man in den Filmen sieht, wie sich die Welle aufbaut, würde man ja befürchten müssen, daß von diesen flachen Inselchen gar nichts nennenswertes übrig bleibt.

Wird also wohl tatsächlich an der Inselstruktur liegen.

Gruß (& Dank auch an Michael)
Peter

Hallo nochmal,

was verstehst Du unter „relativ wenig“?

Wie’s da steht meine ich mit „relativ“ das Verhältnis der
Schäden zu den geografischen Gegebenheiten.

ich kann Dir wirklich nicht folgen. Die menschlichen Verluste sind – wie angeführt – relativ gesehen besonders hoch (aktueller Stand: 67 Tote, 72 Vermißte, 759 Verletzte, 10-12.000 Obdachlose) und bei einem Durchmesser von häufig 100-200 Metern kann eine Flutwelle logischerweise nicht 2 Kilometer weit ins Landesinnere vordringen wie bspw. auf Sri Lanka geschehen. Genauso kann da, wo nur drei Hotelbungalows stehen, kein ganzes Stadtviertel zerstört werden. Wo die Welle einschlug, hat sie - genau wie überall sonst - erhebliche Schäden bis hin zur totalen Verwüstung hinterlassen. 20% der Resorts (=17) sind praktisch völlig zerstört und 16% mehr oder weniger beschädigt. Von relativ geringen Schäden kann also nicht die Rede sein.

Liegt’s an dem relativ steilen Aufsteigen der Inseln aus der See?

Auch hier ist mir unklar, wovon Du sprichst. Der höchste Punkt liegt auf vielen Inseln nicht mehr als ein oder zwei Meter über dem Meeresspiegel. Von steilem Anstieg der Küste kann man da wohl nicht sprechen. Im Gegentum sind die Inseln gerade für ihre flachen Badestrände bekannt.

Gruß,
Christian

Hi Christian!

Meine Ursprungsfrage ist, ob es eine geologische, physikalische oder sonstwie Erklärung gibt, daß die Beschädigungen nicht noch höher sind und ob dies auf dem Atollaufbau beruht, das ist alles.

http://www.malediven-guide.de/images/atolle-big.gif

So was würde ich als relativ steiles Aufsteigen aus der See bezeichnen.

Die einschlägigen Statistiken sind mir auch bekannt.

Gruß
Peter

Hallo,

(aktueller Stand: 67 Tote, 72 Vermißte, 759 Verletzte,
10-12.000 Obdachlose)

Was er wohl meint:
Die Inseln sind sehr flach und nicht groß. Die Flutwelle wird wohl viele der Inseln komplett überschwemmt haben. Da dort dann alles (also auch die Bewohner und Urlauber) automatisch aufs offene Meer hinausgeschwemmt werden müssten, ist es - finde ich übrigens auch - dort doch zu „relativ“ wenigen Toten gekommen, bedenkt man die exponierte Lage dieser Inseln.

mfg
deconstruct

Hallo,

Die Inseln sind sehr flach und nicht groß. Die Flutwelle wird
wohl viele der Inseln komplett überschwemmt haben. Da dort
dann alles (also auch die Bewohner und Urlauber) automatisch
aufs offene Meer hinausgeschwemmt werden müssten, ist es -
finde ich übrigens auch - dort doch zu „relativ“ wenigen Toten
gekommen, bedenkt man die exponierte Lage dieser Inseln.

ich komme mit der Definition von relativ weiterhin nicht klar. Bezogen auf die deutsche Bevölkerung ergäbe sich eine Opferzahl von rd. 30.000, und das nur auf Basis der derzeit bekannten Opferzahl. Was für Teile der Küste Indiens nach Aussagen der Behörden gilt, dürfte auch für die Malediven gelten: Es ist einfach keiner mehr da, der sagen könnte, wieviele fehlen.

Gruß,
Christian

Hallo,

ich komme mit der Definition von relativ weiterhin nicht klar.

Bezogen auf die deutsche Bevölkerung ergäbe sich eine
Opferzahl von rd. 30.000, und das nur auf Basis der derzeit
bekannten Opferzahl.

Sagen wir mal auf den Malediven seien 400 Einwohner umgekommen (was ja eh mehr ist als alle Berichte sagen). Dann sind das etwa 1 Toter pro 1000 Einwohner. Wenn du dir z.B. Aceh anschaust, dann sind allein dort mind. 60.000 Tote, das macht in dem Gebiet etwa 20 Tote pro 1000 Ew. Das ist also 20 mal soviel wie auf den Malediven. Jetzt ist Aceh natürlich näher am Epizentrum dran gewesen, aber selbst in Sri Lanka - das ja ungefähr genausoweit weg ist wie die Malediven - sind es etwa 5 Tote pro 1000 Ew., also ebenfalls deutlich mehr.

Was für Teile der Küste Indiens nach
Aussagen der Behörden gilt, dürfte auch für die Malediven
gelten: Es ist einfach keiner mehr da, der sagen könnte,
wieviele fehlen.

Das mag ja sein. Aber dann gibt es eben auf den Malediven wesentlich mehr Tote als bis jetzt in den Berichten erwähnt. Und zwar dann nicht 67, sondern eher 2000. Und das ist ja dann schon eine andere Dimension…

„Relativ wenig“ war also so gemeint, dass es erstens im Verhältnis zu den betroffenen Einwohnern im Vergleich zu den anderen Gebieten sehr wenig Tote gab. Und das andere ist, dass ich normal annehmen würde, dass die Überlebenschance auf einer nur 1-2 Meter hohen Insel wesentlich geringer ist, wenn eine 5-10 Meter hohe Welle kommt, als wenn man auf dem Festland ist. Denn wenn mich eine Welle auf dem Festland erfasst und ich nicht gleich sterbe sondern mich irgendwie über Wasser halten kann, dann habe ich zumindest immer Gebäude oder Bäume an denen ich mich festhalten kann und wenn das Wasser wieder abfliesst kann man irgenwann wieder stehen. Auf den Malediven sollte man dagegen ja normal ins Meer gespült werden und da ist dann nichts mit festhalten oder durchhalten bis das Wasser abfließt.

mfg
deconstruct, der froh ist, überhaupt nirgends dort gewesen zu sein

Hi Peter
Ich habe mir mal Berichte aus den Malediven durchgelesen.

Es handelte sich nicht um die relativ kurzen, hohen Tsunamiwellen wie z.B. in Thailand, die als Riesenbrecher über das Land rasen, sondern die Wellen waren viel langwelliger. Es kam also „nur“ zu einem relativ schnellen Ansteigen des Meeres und dann wieder absinken, dabei traten offenbar nicht so großartige Strömungen auf. Ausserdem scheint die komplexe Unterwasserstruktur innerhalb des Archipels durch Brechung der Wellen zum einen dämpfend, zum anderen verstärkend gewirkt zu haben. Somit lag ein sehr koplexes lokales Tsunamimuster vor. Dies erklärt zwanglos, warum nicht alle Inseln dort „Platt“ sind.
Ausserdem sind die Malediven doch relativ weit weg vom Entstehungsort.
Ähnliche Maximalhöhen (ca 4 m) erreichte der Tsunami auch auf den Seychellen…
(Was zu den 10 m in Thailand oder in Sri Lanka vergleichsweise wenig ist)

Simpel gesagt: Glück im Unglück.
Wenn man es mit den Nikobaren und Andamanen vergleicht…

Grüssle
Mike

Hallo noch mal,

am Epizentrum dran gewesen, aber selbst in Sri Lanka - das ja
ungefähr genausoweit weg ist wie die Malediven - sind es etwa
5 Tote pro 1000 Ew.,

ahem, Sri Lanka hat an die 20 Mio. Einwohner. Das hieße allein 100.000 Tote da. Das will ich zwar nicht ausschließen, aber entspricht nicht den derzeitigen Meldungen (20.000).

„Relativ wenig“ war also so gemeint, dass es erstens im
Verhältnis zu den betroffenen Einwohnern im Vergleich zu den
anderen Gebieten sehr wenig Tote gab. Und das andere ist, dass
ich normal annehmen würde, dass die Überlebenschance auf einer
nur 1-2 Meter hohen Insel wesentlich geringer ist, wenn eine
5-10 Meter hohe Welle kommt, als wenn man auf dem Festland
ist. Denn wenn mich eine Welle auf dem Festland erfasst und
ich nicht gleich sterbe sondern mich irgendwie über Wasser
halten kann, dann habe ich zumindest immer Gebäude oder Bäume
an denen ich mich festhalten kann

Das geht jetzt ein bißchen ins Geschmacklose, aber viele Opfer scheinen wohl nicht ertrunken zu sein, sondern an ihren Verletzungen durch Kollision mit Häusern, Mobiliar und Bäumen erlegen zu sein. Von Festhalten würde ich da nicht gern sprechen wollen.

Aber lassen wir das. Viel weiter bringt uns das nicht.

Gruß,
Christian

Nachtrag
Hier ist die Liste der opfer von den Malediven:

http://www.presidencymaldives.gov.mv/download/casual…

Das sieht mir nocht so aus, als wenn da die Opfer aus den großen Hotels schon dabei wären. Zu wenige ausländische Opfer.

Gruß,
Christian

Hallo noch mal,

am Epizentrum dran gewesen, aber selbst in Sri Lanka - das ja
ungefähr genausoweit weg ist wie die Malediven - sind es etwa
5 Tote pro 1000 Ew.,

ahem, Sri Lanka hat an die 20 Mio. Einwohner. Das hieße allein
100.000 Tote da. Das will ich zwar nicht ausschließen, aber
entspricht nicht den derzeitigen Meldungen (20.000).

Ich weiß. Davon leben aber die wenigsten in dem Bereich, der direkt an der Ost- und Südküste liegt. Allein der Großraum Colombo, der ja gar nicht betroffen war, hat über 5 Mio Einwohner. Und ein Großteil wohnt auch im Landesinneren. Ich habe mit 5 Mio Einwohnern gerechnet, die im betroffenen Gebiet wohnen, und das ist denke ich mal eh noch zu hoch angesetzt. Bei den Malediven dürfte dagegen das gesamte Gebiet betroffen sein.

Das geht jetzt ein bißchen ins Geschmacklose, aber viele Opfer
scheinen wohl nicht ertrunken zu sein, sondern an ihren
Verletzungen durch Kollision mit Häusern, Mobiliar und Bäumen
erlegen zu sein. Von Festhalten würde ich da nicht gern
sprechen wollen.

Was heißt schon geschmacklos, es ist nunmal so passiert. Und es gibt ja auch dutzende Amateuraufnahmen die Menschen zeigen, die sich erst wo festhalten dann aber doch mitgerissen werden.

Aber lassen wir das. Viel weiter bringt uns das nicht.

Meine Rede…

mfg
deconstruct

Danke, Mike!

Gruß
Peter

Hallo,

Das sieht mir nocht so aus, als wenn da die Opfer aus den
großen Hotels schon dabei wären. Zu wenige ausländische Opfer.

Danke für den Link. Ich denke eben auch, dass die maledivischen Zahlen noch stark steigen werden. Und wenn dem so sein sollte, dann hätte sich die Diskussion um die Stärke der Katastrophe auf den Malediven eh durch traurige Zahlen selbst beantwortet…

mfg
deconstruct

Ich vertrete mal folgende Theorie:

Eine Tsunami Welle gewinnt ihre Höhe ja erst mit dem breiten Auflaufen auf Küstengebiete. Da bei einer relativ langen Küste das Wasser auch nicht „seitlich“ ausweichen kann, sollten vor allem lange Küstenstreifen besonders betroffen sein, wie sie vor allem am Festland auftreten. Die Malediven sind ja nun relativ - schon wieder dieses nette Wort :wink: - kleine Inseln und liegen ziemlich im offenen Ozean, was den Wassermassen im begrenzten Maß Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stellt.