27.08.2001 08 : 33 Uhr
heute gelesen in der online-zeitung KURIER:
Tunnelvergleich: Österreich ist top
"Die italienischen Straßen-Tunnels sind doch viel besser als unsere“, ist eine weit verbreitete Meinung. Und Deutschlands (Boulevard-)Medien schimpfen über die Gefährlichkeit österreichischer Tunnels und meinen einhellig: In Deutschland können solche Unfälle wie im Gleinalm- und Ambergtunnel nicht passieren.
Dabei sind beide Statements schlichtweg falsch. Selbst ÖAMTC-Experte Willy Matzke, der als der schärfste Kritiker der heimischen Röhren gilt, meint: „In Italien oder im deutschen Elbtunnel möchte ich wirklich keinen Brand erleben.“
Deshalb kann die heimische Tunnelkommission des Verkehrsministeriums kaum auf ausländische Vorbilder zurückgreifen. Ein Beleuchtungssystem aus der Schweiz, wo nicht nur die Fahrbahn, sondern auch der Raum beleuchtet wird, ist eines der wenigen Dinge, die übernommen wird. Diese und einige andere Ideen – wie neue Fluchtstollen – werden im Oktober im (einröhrigen) Bosrucktunnel testweise installiert werden. Falls es klappt, sollen diese Maßnahmen bald auf alle anderen Röhren ausgeweitet werden.
In Wahrheit bauen viele Länder ihre Tunnels nach der österreichischen Bauart. In Italien etwa wurde im Kanaltal eine Tunnelkette gebaut, die bei einem schweren Erdbeben in den Siebzigerjahren eingestürzt ist – anschließend ließ man die Österreicher bauen. In Slowenien wurden die kompletten Pläne für die Autobahn von Marburg nach Laibach umgezeichnet, weil sie von Österreichs Experten als gefährlich bezeichnet wurden. Auch hier wird jetzt die heimische Bauart eingesetzt.
„Italiens Tunnels sind nur optisch besser“, erklärt Matzke. Sie haben keine Gehsteige – was bei Unfällen besonders gefährlich ist –, die Entlüftungssysteme sind nur in eine Richtung möglich (bei der österreichischen Bauart wird der Rauch über einen eigenen Kanal abgeleitet) und bei einem Brand fällt das Licht aus. „Und wer einmal mit Tempo 200 durchfährt – wie die meisten dort – und nach links schaut, wird sehen, dass zwischen den zwei Röhren offene Löcher sind. Bei einem Feuer ist das genauso wie wenn es nur eine Röhre gibt“, meint Matzke. Außerdem dauert es im Süden weitaus länger bis die Rettungsmannschaften eintreffen.
In Deutschland ist die Situation im Elbtunnel (Hamburg) ähnlich gefährlich. Die Betreiber weigern sich standhaft, ihre Röhren einem Test von unabhängigen Experten unterziehen zu lassen. Eine teure Lösung wurde dafür beim Aichelbergtunnel bei Stuttgart gewählt. Weil die alte Röhre nicht mehr dem Sicherheitsstandard entsprach wurde einfach die Autobahn umgeleitet und zwei neue Tunnels in den Berg gebohrt – sogar mit einem echten Pannenstreifen. So etwas gibt es in Österreich nicht. Oder besser gesagt: Noch nicht. Matzke: „Bei der B 301 haben wir uns durchgesetzt, da wird es auch Pannenstreifen in den unterirdischen Teilen geben.“
ohne weiteren kommentar.
bethje