Typen von Antibiotika-Resistenz bei Bakterien?

Hallo,

in der Schule wurde mir beigebracht, dass die Antibiotika-Resistenzen bei Bakterien auf dem Plasmidring liegen.

Nun schaue ich mir gerade für ein Referat „95 Thesen gegen die Evolution“ von Kreationisten kritisch an und stolpere über folgende These:
Ich zitiere zur Sicherheit den ganzen Abschnitt:

These 16 Antibiotikaresistenz
Die Tatsache, dass Bakterien gegen Antibiotika resistent wer­den können, wird oft als beobachtbares Beispiel für Evolu­tion angesehen. Allerdings haben Mutationen, die zu einer Antibiotikaresistenz führen, in der Regel einen Verlust von Information im Genom zur Folge. In den allermeisten Fällen wird nur eine einzige Base im Genom verändert, die es einem bestimmten Bakterium unmöglich macht, sich im Körper des Wirtes festzusetzen. Dabei ist es zu keiner Zunahme von co­dierter Information im Genom gekommen.
In einer ausreichend großen Population können antibiotikaresistente Mutanten auf antibiotikahaltigen Nährmedien besonders leicht nachgewiesen werden. Antibiotikaresistente Zellen liegen allerdings schon vor Einwirkung des Antibiotikums vor.
Das Antibiotikum selbst übt lediglich eine Selektions funktion aus. Der Replikatest nach Lederberg (Wachstum trotz Antibiotikum) liefert dafür einen direkten Beweis.
Ein Auszug aus »Evolution, ein kritisches Lehrbuch« (1)
»Zum Verständnis der Resistenzbildung auf molekularer Ebene sollen hier zuerst Antibiotika betrachtet werden, die durch Bindung an ribosomale Proteine die Proteinsynthese hemmen. Die Resistenz gegen das Antibiotikum Spektinomycin hängt mit der Struktur des S5-Proteins der kleinen Ribosomen-Untereinheit zusammen. Dort bindet das Antibiotikum. Eine Mutation führt zum Austausch der Aminosäure Serin gegen Prolin an einer bestimmten Stelle des S5-Proteins. Dieser Austausch hat eine Veränderung der Raumstruktur des Proteins zur Folge, von der auch die Bindungsstelle für Spektinomycin
betroffen ist. Dadurch kann das Antibiotikum nicht mehr am S5-Protein ›angreifen‹, das Bakterium ist resistent geworden. Eine weitere Möglichkeit der Ausbildung einer Resistenz, z. B. gegen Chloramphenicol, besteht in der Entgiftung durch Acetylierung (Anbindung eines Essigsäurerestes). Sie erfolgt durch das Enzym Chloramphenicol-Acetyltransferase (CAT) und ist auf Genduplikation zurückzuführen. Es ist verständlich, dass Bakterien über Mechanismen zum Abbau von Antibiotika verfügen, denn Pilze produzieren natürlicherweise Antibiotika, um sie zur ›Verteidigung‹ gegen Bakterien einzusetzen.«

Die Penicillinsynthese (2)
Die Entdeckung der Penicillinsynthese durch den Pinselschimmel Penicillium ist ein berühmtes Beispiel. Penicillin hemmt die Zellwandsynthese der Bakterien und wird von resistenten Stämmen durch »Penicillinasen« (beta-Lactamasen) gespalten und somit unschädlich gemacht. Das Gen für dieses Enzym
ist häufig auf Plasmiden lokalisiert. Eine wichtige Klasse von Antibiotikaresistenzen beruht auf dem Neuerwerb von Genen durch Plasmidaufnahme (horizontaler Gentransfer). Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Erwerb einer Antibiotikaresistenz ein mikroevolutionärer Vorgang mit selektionspositiver Wirkung ist, wenn die Bakterien Antibiotika
als Selektionsfaktor ausgesetzt sind.

Zitat Ende

Viele Thesen verzerren die Wissenschaft, das ist mir durchaus klar. Ich komme nur gerade nicht mit der Biologie klar…
Wie schon erwähnt sind mir nur Resistenzen auf dem Plasmidring bekannt, welche ja nur Zusatzinformationen des Bakteriums sind und hier eine Änderung das Bakterium ja nicht einschränkt.

Wer kann mir mit dieser These weiterhelfen?

Vielen Dank,
Baddel

Hallo

Ich bin kein gelernter Biologe, aber…

Wie schon erwähnt sind mir nur Resistenzen auf dem Plasmidring
bekannt, welche ja nur Zusatzinformationen des Bakteriums sind

Der Plasmidring ist bei Bakterien doch das, was bei anderen Lebewesen z.B. die DNA ist, oder? Somit kann doch das ganze Bakterium mit seinem Plasmidring beschrieben werden.
Plasmide als Zusatzinformation könnte ich mir bei anderen Lebensformen vorstellen.
Kann ein Bakterium mehr als einzelnes Plasmid enthalten?(weiß ich nicht) Es könnte auch z.B. RNA einer Virusinfektion enthalten.
Außerdem hab ich irgendwo etwas über sowas wie Sex bei Bakterien gelesen, also Bakterie stirbt, kann aber noch etwas an anderes lebendes Bakterium übertragen.

Zum Thema Resistenz fällt mir noch die Möglichkeit von Symbiosen bis zur teilweisen Einschließung anderer Typen in der Zelle ein.

Vielen Dank,
Baddel

Warum Du von Kreationisten und Evolution erzählst, ist mit jetzt nicht ganz klar.

MfG

Hallo,

Wer kann mir mit dieser These weiterhelfen?

Was soll das denn für eine „These“ sein?

Evolution" von Kreationisten kritisch an und stolpere über

Was haben denn die armen Kreationisten da schon wieder böses gemacht?

Wie Matthias verstehe ich dein Problem nicht.

Vielen Dank,

Bitte

watergolf

Ich muss ein Referat über die armen Kreationisten halten, aus biologischer Sicht.
Dabei bin ich auf ein Werk, eben die 95 Thesen gegen den Evolutionismus gestoßen, wo eben jene These, oben zitiert, steht.
Jetzt hapert es nur an meinem Wissen zu Bakterien, da in der These von einem Nachteil für das Bakterium durch eine Antibiotikaresistenz gesprochen wird.
Da ich aber nur Resistenzen auf dem Plasmidring kenne und in meinem Wissen kein Nachteil entstehen kann, bitte ich euch um Hilfe, den oben genannten Abschnitt zu verstehen.
Ich versteh beispielsweise den Satz
„Allerdings haben Mutationen, die zu einer Antibiotikaresistenz führen, in der Regel einen Verlust von Information im Genom zur Folge“
nicht.
Wenn die Zusatzinformation im Plasmidring gespeichert wird, wie kann es zu einem Verlust im Genom kommen?

Oder gibt es andere Möglichkeiten, Resistenzen zu speichern?

Danke für eure Hilfe!

Ich versteh beispielsweise den Satz
„Allerdings haben Mutationen, die zu einer
Antibiotikaresistenz führen, in der Regel einen Verlust von
Information im Genom zur Folge“
nicht.

Selbst wenn sich das Genom verkleinert, warum ist das unbedingt ein Nachteil? Großes Genom heißt nicht automatisch auch Vorteil.

Wenn die Zusatzinformation im Plasmidring gespeichert wird,
wie kann es zu einem Verlust im Genom kommen?

Das frag ich mich auch.

Hallo

Dabei bin ich auf ein Werk, eben die 95 Thesen gegen den
Evolutionismus gestoßen, wo eben jene These…

Es scheint sich um einen Gottesanbeter mit Windows95 zu handeln :wink:

Hilfe, den oben genannten Abschnitt zu verstehen.
Ich versteh beispielsweise den Satz
„Allerdings haben Mutationen, die zu einer
Antibiotikaresistenz führen, in der Regel einen Verlust von
Information im Genom zur Folge“
nicht.

Nun, bei dieser Aussage ist bestimmt gemeint, das durch Mutation eigentlich benötigte Gene zufällig umprogrammiert werden.
Beispielsweise so: Bakterium hat 3 Enzyme, eins kann Lactose, eins Glukose, eins Essigsäure verknuspern.
Das Enzym für Essigsäure mutiert zufällig so, das das Bakterium resistent wird, kann aber keine Essigsäure mehr umsetzen.
Ob das in der Regel so ist, lass ich mal dahingestellt.

Wenn die Zusatzinformation im Plasmidring gespeichert wird,
wie kann es zu einem Verlust im Genom kommen?

Das ist ja keine Diskette. Andererseits kenn ich die möglichen Vorgänge an Plasmiden nicht, so das ich durchaus eine Vergrößerung des Plasmids für möglich halte.
Eine Vergrößerung des Plasmides würde das Bakterium geringfügig in der Vermehrung verlangsamen.

Oder gibt es andere Möglichkeiten, Resistenzen zu speichern?

Das ein Bakterium vielleicht mehr als ein Plasmid oder auch infiziert sein kann hab ich ja schon erwähnt.

MfG
Matthias

Hallo Baddel,

Nun schaue ich mir gerade für ein Referat „95 Thesen gegen die
Evolution“ von Kreationisten kritisch an und stolpere über
folgende These:
Ich zitiere zur Sicherheit den ganzen Abschnitt:

Okay, mal sehen.

These 16 Antibiotikaresistenz
Die Tatsache, dass Bakterien gegen Antibiotika resistent
wer­den können, wird oft als beobachtbares Beispiel für
Evolu­tion angesehen.

So ist es.

Allerdings haben Mutationen, die zu
einer Antibiotikaresistenz führen, in der Regel einen Verlust
von Information im Genom zur Folge.

Die bei weitem häufigste Mutation ist die sog. Punktmutation, also der Austausch einer Base durch eine andere (Knippers, 8. Auflage, S. 254). Beispiel: Aus „Haus“ wird „Maus“. Der Informationsgehalt ist mit exakt 4 Buchstaben gleich groß, die Information hat sich jedoch geändert. Das ist kein Informationsverlust, sondern eine Informationsänderung. Sowohl Gewinn und Änderung als auch Verlust von Erbinformation tragen zur Evolution bei. Wo ist da ein Widerspruch?

In den allermeisten Fällen
wird nur eine einzige Base im Genom verändert, die es einem
bestimmten Bakterium unmöglich macht, sich im Körper des
Wirtes festzusetzen.

Ja, was denn nun? Verlust oder Änderung? Nun ja, LOF (loss of function) und negative Selektion sind auch Teil der Evolution. Nichts anderes Beschreibt der Schreiber hier. Und was hat das mit dem vorherigen Satz zu tun? Auch wenn das eignetlich eine rhetorische Frage war, werde ich sie gerne beantworten: Nichts.

Dabei ist es zu keiner Zunahme von
co­dierter Information im Genom gekommen.

Was der Schreiber uns mit dieser abschließenden Zusatzinformation sagen will, ist schleierhaft. Einen evolutiven Vorteil zu erlangen heißt nicht zwangsläufig Vermehrung der Erbinformation, ebenso heißt es nicht, dass ein Erbinformationsverlust zwangsläufig mit einem evolutiven Nachteil einhergeht. Das kann sein, muss aber nicht, kann aber auch genau das Gegenteil bedeuten. Alles klar? Wert der Aussage: Null.

In einer ausreichend großen Population können
antibiotikaresistente Mutanten auf antibiotikahaltigen
Nährmedien besonders leicht nachgewiesen werden.

Okay, sehen wir mal weiter.

Antibiotikaresistente Zellen liegen allerdings schon vor
Einwirkung des Antibiotikums vor.

Auch gut, aber was spricht dabei gegen Evolution? Die entsprechende Mutation muss dennoch irgendwann entstanden sein und bringt nun dem Mikroorganismus den entscheidenden Vorteil.

Das Antibiotikum selbst übt lediglich eine Selektions funktion
aus. Der Replikatest nach Lederberg (Wachstum trotz
Antibiotikum) liefert dafür einen direkten Beweis.

Richtig. Der Versuch zeigt deutlich, dass Mutationen nicht zielgerichtet geschehen und etwa durch Faktoren/Stressoren wie Antibiotika induziert werden, sondern ganz zufällig. Das Missverständnis über die in diesem Versuch erlangten Kenntnisse veranlasst Unwissende gerne dazu, ihn als Argument gegen die Evolution zu verwenden. Nur gut, dass sie es nicht wissen, denn sonst müssten sie sich schämen. Und das wollen wir doch nicht!

Weiterhin veranschaulicht das Experiment, dass erst der Selektionsdruck (hier: das Antibiotikum) die Population der Organismen mit bestimmten Merkmalen (hier: die Resistenz) wachsen lässt (selektiert) und dazu führt, dass andere (hier: ohne Resistenz) im entsprechenden Habitat (hier: die Petrischale) reduziert oder gar extingiert werden.

Der ganze Rest ist eigentlich völlig irrelevant und dient wohl eher der Verwirrung als der Unterstützung der „These“. Ähäm, wenn wir doch bloß wüssten, wie sie lautet. Achsoooooo! Da oben steht:

These 16 Antibiotikaresistenz

Ja natürlich, sowas gibt’s. Der Mann hat absolut Recht. :wink:

Viele Thesen verzerren die Wissenschaft, das ist mir durchaus
klar.

Und diese hier ist es von allen „Thesen“ vermutlich am wenigsten Wert, sich ernsthaft damit zu beschäftigen. Wenn du über Kreationismus referieren sollst, ist das fliegende Spaghettimonster (http://de.wikipedia.org/wiki/Fliegendes_Spaghettimon…) zumindest eine kurze Erwähnung wert. :wink:

Ich komme nur gerade nicht mit der Biologie klar…
Wie schon erwähnt sind mir nur Resistenzen auf dem Plasmidring
bekannt, welche ja nur Zusatzinformationen des Bakteriums sind
und hier eine Änderung das Bakterium ja nicht einschränkt.

Doch, eine Änderung auf dem Plasmid (oder den Plasmiden - ein Mikroorganismus kann gleichzeitig mehrere unterschiedliche davon in sich haben) kann durchaus mit Nachteilen oder auch Vorteilen für den Mikroorganismus verbunden sein: Z.B. der Gewinn/Verlust einer Resistenz/Toleranz oder der Gewinn/Verlust der Fähigkkeit, bestimmte Nahrungssubstrate verwenden zu können usw.

Wer kann mir mit dieser These weiterhelfen?

Welche These? Ich finde keinen Satz, in dem wirklich eine These formuliert ist. Das sind bloß aus dem Zusammenhang gerissene Fetzen, gepaart mit Unwissen. Selbst in der Intention, mit das hier zusammengewürfelt ist, widerlegt das in keinster Weise die Evolution.

Und wenn ich schon dabei bin, will ich gleich hier auf dein anderes Posting eingehen:

Jetzt hapert es nur an meinem Wissen zu Bakterien, da in der These
von einem Nachteil für das Bakterium durch eine Antibiotikaresistenz
gesprochen wird.

Das brauchst du nicht zu verstehen, weil es Bullshit ist. Frage dich doch mal selbst: Kann eine Antibiotikaresistenz einen evolutiven Vorteil für den Mikroorganismus bringen, selbst wenn sie durch einen tatsächlichen Verlust an Erbinformation verursacht wäre? Die Antwort, die dir dein gesunder Menschenverstand liefert, ist bestimmt korrekt.

Ich versteh beispielsweise den Satz
„Allerdings haben Mutationen, die zu einer Antibiotikaresistenz
führen, in der Regel einen Verlust von Information im Genom zur
Folge“
nicht.

In der Regel haben Wickinger … Naja. Das wurde ja oben bereits erklärt.

Wenn die Zusatzinformation im Plasmidring gespeichert wird, wie kann
es zu einem Verlust im Genom kommen?

Du versteifst dich zu sehr auf den „Verlust“. Vergiss das Wort einfach und benutze den allgemeineren Begriff „Änderung“ oder fachmännisch „Mutation“. Ein Plasmid ist zwar nicht Teil des Nukleoids, sondern wird extrachromosomal vererbt, ist aber dennoch Teil des Genoms von Mikroorganismen, die den Plasmid besitzen. Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Genom

Oder gibt es andere Möglichkeiten, Resistenzen zu speichern?

Ja, die können auch tatsächlich mal im Nukleoid codiert sein. Das spielt aber letztendlich in der Argumentation pro-kontra Evolution nicht die geringste Rolle.

LG
Huttatta

Vielen, vielen Dank für eure super hilfreiche und ausführliche Schilderungen. Es ist gut zu wissen, dass sich mein Eindruck bestätigt hat, und ich nun naturwissenschaftliche Begründungen habe.

Allen einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Viele Grüße,
Baddel