Übergang EÜR zur doppelten Buchführung

Hallo zusammen!

Ein Einzelunternehmer hat 2011 einen Gewinn i.H.v. 12.000 Euro erwirtschaftet und möchte am Ende des Jahres noch Waren für 12.000 Euro einkaufen, die er 2012 verkaufen würde. Bezahlen müsste er die Waren sofort!

Bisher hat die EÜR Anwendung gefunden. Es gilt somit Zufluss-Abfluss-Prinzip. Das heißt 2011 liegt der Gewinn nach dem Wareneinkauf bei 0 Euro, 2012 ist der Gewinn dann um 12.000 Euro größer, da die Waren da ja wieder verkauft werden sollen. Das hätte negative Auswirkungen auf die Einkommensteuer, da es ja besser ist, wenn der Gewinn jedes Jahr in etwas gleichgroß ist. Die Investition am Ende des Jahres wäre für den Unternehmer also mit einem negativen Effekt behaftet.

Wie ist es aber, wenn der Jahreswechsel die Umstellung auf doppelte Buchführung mit sich bringen soll? Wie werden die 2011 gekauften Waren dann behandelt? Startet das Warenkonto dann mit einem Wert von 12.000 Euro? Und wie verhält es sich mit dem Gewinn? 2011 würde der Gewinn ja von 12.000 auf 0 Euro geschmälert, da Zufluss-Abfluss-Prinzip gilt.

2012 startet die Eröffnungsbilanz mit einem Wert von 12.000 Euro (Konto Waren). Sobald die Waren verkauft werden (nehmen wir der Einfachheit halber an für 12.000 Euro), bucht man Bank an Waren, GuV wird nicht berührt, da ja kein Gewinn erzielt wurde. Angenommen es gibt 2012 keine weiteren Geschäftsvorfälle (der Einfachheit halber), dann läge der Gewinn 2012 ja bei 0 Euro.

Somit läge der Gewinn 2011 und 2012 jeweils bei 0 Euro, obwohl eigentlich ja ein Gewinn i.H.v. 12.000 Euro erzielt wurde.

Das kann so ja eigentlich nicht sein. Wie wird das also gehandhabt? Wo tauchen die 12.000 Euro Gewinn wieder auf?

Vielen Dank schon einmal für eure Antworten!

Hallo!

Wenn der Steuerpflichtige das „kitten“ möchte, muss er ab 01.01.2011 auf doppelte Buchführung umstellen.

Dann wird der Warenbestand zum 31.12.2011 entsprechend berücksichtigt, der Einkauf von Ende des Jahres wirkt sich nicht gewinnmindernd aus.

Im Folgejahr 2012, dann wenn die Waren verkauft werden, wird der Warenbestand gewinnmindernd aufgelöst.

Gruß

derschwede77

er muss am 01.01.2011 auf doppelte Buchführung umstellen? Da wurde doch aber noch mit EÜR gearbeitet. oder sollte das 01.01.2012 heißen?

01.01.2011 ist korrekt.

Man muss zu diesem Tag eine Eröffnungsbilanz aufstellen um dann zum 31.12.2011 bilanzieren zu können. Ohne Eröffnungsbilanz keine Schlussbilanz.

Gruß

derschwede77

also bilanziert werden soll erst ab 2012…also ab dem 1.1.2012. Im Jahr 2011 hat der Einzelunternehmer keine doppelte Buchführung vollzogen, sondern EÜR. Wieso soll dann eine Schlussbilanz für den 31.12.2011 und vor allem warum eine Eröffnungsbilanz für 2011 aufgestellt werden? Zu dem Zeitpunkt konnte man doch noch nicht wirklich ahnen, dass man 2012 zur doppelten Buchführung wechseln wollen würde.

Wenn erst 2012 bilanziert wird, ist die Sache witzlos, dann erreicht der unternehmer nicht dass sein Gewinn „geglättet“ wird.

Beispiele:

Ohne Bilanzierung

2011lfd. Gewinn +12000
2011großer Wareneinkauf -12000
2011lfd. Jahr Saldo 0

2012Folgejahr lfd. Gewinn +12000
2012Verkauf des großen Wareneinkaufs +12000
2012Gewinn Folgejahr 24000

mit Bilanzierung ab 2012

2011lfd Gewinn +12000
2011großer Wareneinkauf -12000
2011lfd Jahr Saldo 0

2012Folgejahr lfd. Gewinn +12000
2012Übergangsgewinn aus Umstellung Bilanzierung +12000
2012Verkauf des Großen Wareneinkaufs +12000
2012Minderung des Warenbestandes 01.01./31.12.2012 -12000
2012Gewinn Folgejahr +24000

mit Bilanzierung ab 2011

2011lfd. Gewinn +12000
2011großer Wareneinkauf -12000
2011Warenbestand Jahresende +12000
2011lfd Jahr Saldo +12000

2012Folgejahr lfd. Gewinn +12000
2012Verkauf des großen Wareneinkaufs +12000
2012Minderung des Warenbestandes 01.01./31.12.2012 -12000
2012Gewinn Folgejahr +12000

Die Moral von der Gschicht: Ich brauche ja eine Gewinnauswirkung bereits im alten Jahr 2011, weil dort der Gewinn bedingt durch den großen EK so niedrig ist. Wenn ich erst im Folgejahr anfange zu bilanzieren, habe ich keine Auswirkung in das alte Jahr!

Gruß

derschwede77

2 Like

Ok, so verstehe ich es, danke!!

Genau das hatte ich befürchtet. Ich habe mich da schon ein wenig reingelesen und kenne den Sachverhalt mit dem Übergangsgewinn auch. Mir war nur nicht klar, ob der Übergangsgewinn dann für das Folgejahr, also 2012, anfällt oder für 2011 gewertet wird. Scheinbar immer für das erste Jahr nach der Umstellung der Gewinnermittlung, richtig? Somit hätte es für den Unternehmer keinerlei positive Auswirkungen.

Angenommen die Investition bereits im Dezember 2011 bringt große Vorteile mit sich (z.B. da die Waren voraussichtlich 2012 deutlich teurer wären) und somit möchte der Unternehmer diese schon gerne tätigen, gäbe es da irgendwie eine Möglichkeit? Eine Chance, dass der Übergangsgewinn auf 2011 angerechnet wird, gibt es nicht? An sich wurde der Gewinn ja tatsächlich 2011 erzielt.

Da ich davon ausgehe, dass das eher nicht möglich ist, gleich eine Anschlussfrage: Könnte der Unternehmer sonst noch nachträglich bereits 2011 auf doppelte Buchführung umsteigen? Er müsste dann natürlich alle Buchungen quasi nochmal neu machen, da bisher mit EÜR gearbeitet wurde. Aber wäre das rechtlich in Ordnung? Muss er das Finanzamt darüber in Kenntnis setzen?

Hallo!

Es gibt nur die Möglichkeit bereits zum 01.01.11 umzustellen und ja, es ist möglich dies noch „nachträglich“ zu machen. Die verbindliche Entscheidung der Wahl der Gewinnermittlungsart wird erst mit Einreichen der Jahressteuererklärung getroffen.

Je nachdem wie der Unternehmer seine Buchhaltung gemacht hat muss er keine Änderungen im laufenden Geschäft machen. Es wäre die Eröffnungsbilanz zu erstellen diese einzubuchen und eben die Schlussbilanz.

Gruß

derschwede77

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mit Bilanzierung ab 2011

2011lfd. Gewinn +12000
2011großer Wareneinkauf -12000
2011Warenbestand Jahresende +12000
2011lfd Jahr Saldo +12000

2012Folgejahr lfd. Gewinn +12000
2012Verkauf des großen Wareneinkaufs +12000
2012Minderung des Warenbestandes 01.01./31.12.2012 -12000
2012Gewinn Folgejahr +12000

Die Moral von der Gschicht: Ich brauche ja eine
Gewinnauswirkung bereits im alten Jahr 2011, weil dort der
Gewinn bedingt durch den großen EK so niedrig ist. Wenn ich
erst im Folgejahr anfange zu bilanzieren, habe ich keine
Auswirkung in das alte Jahr!

Hallo Schwede,

wenn bereits 2011 bilanziert wird, dann hat der Steuerpflichtige doch gar keine Gewinnauswirkung aus dem Wareneinkauf in 2011 - was nun?

Mit freundlichen Grüßen

Ronald

Hallo Schwede,

wenn bereits 2011 bilanziert wird, dann hat der
Steuerpflichtige doch gar keine Gewinnauswirkung aus dem
Wareneinkauf in 2011 - was nun?

Mit freundlichen Grüßen

Ronald

Hat es auch nicht!

2011lfd. Gewinn +12000
2011großer Wareneinkauf -12000
2011Warenbestand Jahresende +12000
2011lfd Jahr Saldo +12000

großer Wareneinkauf -12000 und Warenbestand Jahresende +12000 hebt sich ja genau auf, sodass ein Saldo am Jahresende von 12000 bleibt. Wäre gut, wenn DerSchwede das nochmal bestätigen würde, falls das so richtig sein sollte :smile:

Ok, das könnte dann des Rätsels Lösung sein :smile:

Für das Jahr 2011 müsste man dann aber auch alle Buchungen ordnungsgemäß nachholen und mit T-Konten arbeiten, oder? Nur eine Eröffnungs- und Schlussbilanz zu erstellen, würde doch nicht ausreichen!?

Und auch ein Jahresabschluss wäre ordnungsgemäß einzureichen?

Ja, T-Konten bzw. doppelte Buchführung muss sein.

gruß

derschwede77

Bestätige. Es geht ja grad drum, dass der Wareneinkauf keine Gewinnauswirkung hat.

gruß

derschwede77

Dann bedanke ich mich schonmal für die Antworten und die Hilfe in diesem Fall!!

1,2 kurze Fragen hätte ich noch zu dem Thema.

1.) Wenn man doppelter Buchführung nachgeht, ist das ja dann auch automatisch mit allen weiteren Pflichten verbunden. Belegpflicht mit fortlaufender Nummerierung, Kasse, etc. . So auch in diesem Fall, richtig? Und auch der Jahresabschluss muss ordnungsgemäß erfolgen?

2.) Wann muss man das Finanzamt über den Wechsel zur Bilanzierung informieren? Oder muss man das gar nicht und man reicht die Gewinnermittlung dann einfach in der neuen Form ein und das Finanzamt weiß dann Bescheid, dass der Wechsel stattgefunden hat?

3.) Kann das Finanzamt einem den Wechsel zur Bilanzierung verweigern? Wenn das passieren sollte, hätte das ja schon erhebliche Auswirkungen auf den Unternehmer, wenn der Gewinn dann 2012 sehr hoch und 2011 sehr niedrig ausfällt.

4.) Wenn der Unternehmer 2011 noch Kleinunternehmer ist, kann er doch trotzdem zur Bilanzierung übergehen, oder? Natürlich muss man dann bedenken, dass er keine Vorsteuer aus dem Wareneinkauf ziehen kann, wenn er 2011 noch umsatzsteuerbefreit ist. Aber grundsätzlich darf man als Kleinunternehmer auch jederzeit zur Bilanzierung wechseln?

1,2 kurze Fragen hätte ich noch zu dem Thema.

1.) Wenn man doppelter Buchführung nachgeht, ist das ja dann
auch automatisch mit allen weiteren Pflichten verbunden.
Belegpflicht mit fortlaufender Numerierung, Kasse, etc. . So
auch in diesem Fall, richtig?

Belegpflicht - Das ist unabhängig von der Bilanzierung.

fortlaufende Numerierung - Wie ist das gemeint?

Kasse - Ja.

Und auch der Jahresabschluß
muß ordnungsgemäß erfolgen?

Natürlich. Das heißt aber nicht, daß die Einnahme-/Überschuß-Rechnung nicht ordnungsgemäß sein muß.

2.) Wann muß man das Finanzamt über den Wechsel zur
Bilanzierung informieren?

Zeitnah.

Oder muß man das gar nicht und man
reicht die Gewinnermittlung dann einfach in der neuen Form ein
und das Finanzamt weiß dann Bescheid, daß der Wechsel
stattgefunden hat?

Auch möglich.

3.) Kann das Finanzamt einem den Wechsel zur Bilanzierung
verweigern?

Nein.

4.) Wenn der Unternehmer 2011 noch Kleinunternehmer ist, kann
er doch trotzdem zur Bilanzierung übergehen?

Ja, selbstverständlich.

Natürlich
muß man dann bedenken, daß er keine Vorsteuer aus dem
Wareneinkauf ziehen kann, wenn er 2011 noch
umsatzsteuerbefreit ist. Aber grundsätzlich darf man als
Kleinunternehmer auch jederzeit zur Bilanzierung wechseln?

Ja.

Und der Unternehmer muß sich im Klaren sein, daß er trotz des versagten Vorsteuerabzugs des Vorjahres auf den Umsatz aus dem Verkauf dieser Produkte Umsatzsteuer abführen muß, wenn der in diesem Zeitpunkt (im Folgejahr z. B.) kein Kleinunternehmer mehr ist.

Mit freundlichen Grüßen

Ronald

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Mensch, klasse, danke für die Antworten!

Ich hatte mich etwas umständlich ausgedrückt. Was ich mit Belegpflicht und ordnungsgemäßer Umsetzung etc. meinte, war eigentlich nur, dass doppelte Buchführung ja doch etwas strenger geregelt ist als die EÜR. Soweit ich weiß muss man da mehr Sachen beachten und kann mehr falsch machen. Aber die Regelungen dürften in diesem Fall dann ja auch alle gelten, sonst würde das ja keinen Sinn machen.

Eine neue Frage hätte ich noch. Ich habe jetzt gelesen, dass der Wechsel von EÜR zur Bilanzierung zeitnah erfolgen muss und dass man gegen Jahresende nicht einfach wechseln darf. Das ist leider richtig, oder?

Und Zusatzfrage: Gestern Abend habe ich dann noch gelesen, dass Kleinunternehmer in der Hinsicht ein Sonderrecht haben. Kleinunternehmer dürften demnach auch rückwirkend die Gewinnermittlungsart wechseln. Die Wahl ist erst mit Erstellung des Jahresabschlusses verbindlich. Kann das jemand bestätigen? Ist diese Regelung noch aktuell?