- Die Überhangmandatsträger sind im BT gleichberechtigt
stimmberechtigt.
Wer in den Bundestag gewählt ist, hat ein volles Mandat und ist selbstverständlich auch uneingeschränkt stimmberechtigt.
Den „Überhangmandatsträger“ gibt es übrigens nicht. Die Überhangmandate sind eine rein rechnerische Größe - nämlich die Differenz zwischen der Anzahl der Kandidaten einer Partei, die über die Erststimmen der Wähler unmittelbar in den Bundestag gewählt worden sind, und der Anzahl an Sitzen, die der Partei nach ihrem Anteil an den abgegebenen Zweitstimmen zusteht. Eine solche Differenz läßt sich naturgemäß keinen individuellen Mandatsträgern zuordnen. Das ist auch sachgerecht, denn alle Mandatsträger sind in ihrem Wahlkreis jeweils unmittelbar gewählt worden; da gibt es keinen qualitativen Unterschied zwischen dem einen oder dem anderen Mandatsträger.
- (Irgend-)Eine Partei soll beim Wahlergebnis auf die
Mitzählung ihrer Üh-Mandate, d.h. auf die Regierungsbildung,
verzichten.
Nein. Die Stimmen im Bundestag werden ausschließlich von Abgeordneten und nicht von Parteien abgegeben. Und eine Partei kann nicht auf eine Stimme „verzichten“, die ein Abgeordneter abgegeben hat. Wer in den Bundestag gewählt ist, hat ein freies Mandat, d.h. dass er „nur seinem Gewissen verpflichtet und an Weisungen nicht gebunden“ ist.
Fragen: Kann es dann bei knappen Mehrheitsverhältnissen nicht
sein, dass sich bei Abstimmungen im BT, bei denen ja auch die
Überhangmandatsträger mitstimmen, dadurch eine Stimmenmehrheit
für die Opposition ergibt?
Es ist regelmäßig so, dass eine Partei, die Überhangmandate errungen hat, mehr Stimmen im Bundestag hat, als ihr nach ihrem Anteil an den Zweitstimmen zustehen. Es kann auch sein, dass erst durch dieses Mehr an Stimmen diese Partei (allein oder zusammen mit anderen) die Mehrheit erlangt. Letzteres war aber - soweit ich weiß - bisher nicht der Fall.
Müsste dann die Regierung nicht durch informelle Absprachen
mit einer Oppositionpartei dafür sorgen, dass sie durch deren
Abstimmungsverhalten (Enthaltung oder Zustimmung) ihren
Vorschlag doch als Gesetz durchbringt?
(NB: Ich spreche nicht von Stimmenkauf.)
Wie gesagt: die Abgeordneten haben ein freies Mandat. Die Möglichkeiten der Parteien, auf das Stimmverhalten „ihrer“ Abgeordneten wirksam einzuwirken, sind daher sehr begrenzt. Und verbindliche Vorgaben oder „Anreize“, die einer verbindlichen Vorgabe gleichkommen, sind per se unzulässig.
Oder ist gemeint, dass die Partei(en) auf die Üh-Mandate
überhaupt verzichten?
Nochmal: Mandatsträger sind allein die Abgeordneten und nicht die Partei. Die Partei als solche kann daher auf keinen Fall auf ein Mandat verzichten. Und da die Abgeordneten das bereits erwähnte freie Mandat haben, kann und darf die Partei einen Abgeordneten auch nicht zwingen, sein Mandat aufzugeben. Das gilt umso mehr, als alle Abgeordneten einer Partei, die Überhangmandate errungen hat, Direktkandidaten sind, also jeweils in ihrem Wahlkreis die Mehrheit der Erststimmen errungen haben und insofern unmittelbar demokratisch legitimiert sind. Dass in diese Legitimation eine Partei nicht hineinfunken darf, versteht sich von selbst.