Übernahme der Mietkosten

Liebe/-r Experte/-in,

unter welchen Umständen können bei ALG II denn auch höhere Mieten übernommen werden?
Angenommen jemand rutscht kurzfristig aus der Selbständigkeit in die Arbeitslosigkeit, muss er dann sofort, die Wohnung wechseln oder gibt es eine Übergangszeit, in der ihm die Mietkosten der augenblicklichen Wohnung erstattet werden?

Danke.

Alex

Hallo,
gab es schon eine Kostensenkungsaufforderung? Wenn ja, dann muß eventuell ein Umzug in einen angemessenen Wohnraum und die damit verbundenen Kosten eingeräumt werden.

§ 22 SGB II Abs. 3 sagt klar aus:

(3) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden.
Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlaßt oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden.

Weiterhin sagt § 23 SGB II Abs. 3 Nr.1 aus, daß:

(3) Leistungen für

  1. Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten bezahlt werden können.

Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft

Wie der Leistungsträger die Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung zu ermitteln und zu beurteilen hat, hat das BSG in seiner Rechtsprechung seit 2006 ausführlich klargestellt (vgl. BSG Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 10/06 R und B 7b AS 18/06 R vom 18.06.2008, B 14/7b AS 44/06 R).
Danach muß der Leistungsträger bei der Ermittlung der Angemessenheit von der sog. Produkttheorie ausgehen, die schon im Sozialhilferecht angewendet wurde.
In der Praxis heißt das, es muß die nach Personenzahl der Bedarfsgemeinschaft zulässige Wohnungsgröße, die sich nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften des soziale Wohnungsbaues richtet, mit der für die am Wohnort üblichen durchschnittlichen Quadratmeter kaltmiete für Wohnungen im unteren (nicht untersten) Standard multipliziert werden.
Der Leistungsträger darf dabei die Neben- und Heizkosten nicht mit einbeziehen, da dies eine verbotene Pauschalierung derselben darstellt (vgl. auch BSG Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 36/08 R).
Wenn allerdings im Mietpreis Kosten für Kabelanschluß (B 4 AS 48/08 R), Stellplatz (B 7b AS 10/06 R) oder Einrichtungsgegenstände (B 14 AS 14/08 R) enthalten sind, die der Leistungsträger zu übernehmen hat, zählen diese Kosten zur Kaltmiete dazu und bilden im Ergebnis die angemessene Kaltmiete.

Maßgeblich ist dabei immer der Wohnort des Hilfebedürftigen. In größeren Städten dürfen dazu kleinere Einheiten gebildet werden. Der Leistungsträger darf aber keinen Durchschnitt aus ländlichen und städtischen Gebieten bildet. Es können nur Gebiete mit gleicher Mietenstruktur zusammengefaßt werden.
Gibt es keinen Mietspiegel, können übergangsweise die Höchstbeträge des § 8 WoGG plus einen die Pauschalierung ausgleichender Zuschlag von 10 % zugrunde gelegt werden.
(Im WoGG 2009 wurde der § 8 WoGG nun § 12 WoGG. Die Tabelle nach § 12 Abs. 1 WoGG beinhaltet lt. § 11 WoGG die Kaltmiete + Nebenkosten. Die dort genannten Höchstbeträge bilden lt. BSG aber, aufgrund der darin vorgenommenen Pauschalierung der Nebenkosten, nur einen Richtwert, wenn alle anderen Erkenntnismöglichkeiten erschöpft sind, da eine Pauschalierung der Neben- und Heizkosten unzulässig ist. Anm.d.Verf.)
Weiterhin können hinzugezogen werden:
Die Richtlinien des sozialen Wohnungsbaues der einzelnen Bundesländer
Die Örtliche Richtlinien / Unterkunftskosten, Erstausstattung und Bildung- u. Teilhabe

Die Bundesweite kommunale Verwaltungsanweisungen zum SGB II
Tschüß

Hallo Alex !
genau kenne ich mich da auch nicht aus .ich weiß nur aus eigener Erfahrung, dass die einem ein Jahr Frist geben, bevor die anfangen zu meckern, also haste noch ein büsschen Zeit---------ok ?
lg.Luana

Danke für die ausführliche Antwort, aber eigentlich geht meine Frage in eine andere Richtung.

Es gibt noch keinen Antrag ALG 2 oder dergleichen.

Wenn es dazu käme - wie schnell muss ich dann etwas anderes finden? Ich kann ja nicht von heute auf morgen aus meiner teuren Wohnung raus.

Also - wie lange habe ich Zeit, bis ich mir eine Alternative suchen müßte? Immer für den Fall, dass es überhaupt so weit kommt.

Gruß
Tom

Hallo, Alex

die „Angemessenheit“ der Wohnung richtet sich

  • nach der Kopfzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, die in der Wohnung wohnen *
  • nach der für die Kopfzahl angemessenen Wohnfläche (nach den Richtlinien des jeweiligen Bundeslandes
    (http://hartz.info/index.php?topic=5597.0 )
  • nach der vor Ort festgelegten maximalen angemessenen Miete (je nach Kommune teils sehr unterschiedlich; beim zuständigen Jobcenter zu erfragen. Jeweils ohne Gewähr für Aktualität eventuell auch hier zu finden:
    http://www.harald-thome.de/oertliche-richtlinien.html

(* Nicht alle Personen, die in der Wohnung wohnen, gehören zwangsläufig zur Bedarfsgemeinschaft des ALG2- Beziehers.)

Ist eine Wohnung nach den Richtlinien unangemessen, wird der Betroffene vom Jobcenter angeschrieben und zur Kostensenkung innerhalb einer bestimmten Frist aufgefordert (in der Regel innerhalb 6 Monaten); während dieser Frist sind die tatsächlichen Wohnkosten (weiter) zu übernehmen.
Zum Ablauf der Frist muss der Betroffene entweder die Kosten gesenkt haben (z.B. durch Untervermietung oder Vereinbarung einer geringeren Miete mit dem Vermieter) , oder er muss in eine angemessene Wohnung umziehen - oder die Differenz zwischen maximal angemessener Miete und tatsächlicher Miete aus eigener Tasche aufbringen.

Bei einem Umzug, der wegen Kostensenkungsaufforderung des Jobcenters stattfindet, muss das Jobcenter (auf vorherigen nachweislich schriftlichen Antrag und nach schriftlicher Bewilligung !) auch alle notwendigen Kosten übernehmen, die mit dem Umzug verbunden sind.
Alles Wichtige dazu und zum Umzug allgemein hier: http://hartz.info/index.php?topic=24.0
Wichtig darin auch der Punkt Maklerkosten, falls (nachweislich !) keine angemessene Wohnung zu finden ist.-

Der ALG2-Leistungsträger ist aber verpflichtet, unter Berücksichtigung der „wirtschaftlichen Gesichtspunkte“ zu handeln. Wenn eine Wohnung nur geringfügig unangemessen ist und wenn deshalb die mit einem Umzug verbundenen Kosten in keinem vertretbarem Verhältnis zur geringen Kostenersparnis beim Bezug einer „angemessenen“ Mietwohnung stünden, dann hat der Träger von einer Umzugsaufforderung abzusehen und die derzeitige Wohnung (weiter) zu bewilligen, auch wenn sie geringfügig unangemessen ist.

LG

Hatte ich vergessen. Im Prinzip gibt es keine Fristen, denn man kann Dich nicht zwingen, da das Amt ja nur eine bestimmte Kostenhöhe übernimmt und den Rest ja Du überhaupt bezahlen musst. Sollte jedoch eine Aufforderung zur Kostensenkung in Haus flattern, wird man Dir eine Frist von sechs Monaten einräumen.

Danke!

Danke, Lara!

Hallo Alex,

Dir ist wohl schon bekannt, wenn man vom Amt abhängig ist, gibt es feste Vorgaben, wie teuer eine Wohnung sein darf. Allerdings kann eben nicht verlangt werden, dass von heut auf morgen ausgezogen wird (gibt ja auch eine Kündigungsfrist etc). Daher wird die zu hohe Miete zu 100 % (ggf. abzüglich eines geringen Anteils, da die Ämter immer die Nebenkosten auf Ihre Weise rechnen) bis zu maximal 6 Monten.

Bis dahin, solltest du also umgezogen sein oder wieder Arbeit haben - zumindest so eine, dass du dir den Restbetrag selbst leisten kannst.
Allerdings darfst du im Letzteren Fall NICHT vom Amt abhängig sein, weil du dir sonst nicht mehr diese Wohnung leisten kannst.

Hoffe, konnte dir damit weiterhelfen.

PS. Übriegens haben auch Selbständige Anspruch auf Unterstützung, wenn die Umsätze nicht passen!!!

MfG MelliC06