Übersetzung Zeugnis

Hallo, ich habe heute von meinem ehemaligen Chef ein neues Arbeitszeugnis bekommen. Mein Chef war eigentlich immer zufrieden mit meiner Arbeit, so hat er es immer gesagt. Nur als ich dann schwanger wurde und in meiner Elternzeit nicht ohne Vergütung arbeiten gekommen bin, fing er an mich aufs übelste zu mobben. Ich denke das sich das im Zeugnis wiederspiegelt. Er hatte mir schon einmal eins ausgestellt und zugegeben, dass er mir mit dem Zeugnis eins reinwürgen wollte. Jetzt habe ich Angst, dass das neue Zeugnis auch wieder etwas schlechtes enthält. Für eure Hilfe bin ich jetzt schon sehr dankbar. Gruß

Servus,

auch in dieser Version fällt die insgesamt ziemlich stakelige Sprache auf, aber die kann man niemandem verbieten.

Ebenfalls weiter besteht der Widerspruch zwischen einer ganzen Aufreihung von allgemein gehaltenen guten Bewertungen, aber keinem einzigen konkreten Erfolg.

Und zuletzt kommt mir beim „Verhalten“ noch die Erwähnung der Kunden an letzter Stelle merkwürdig vor - zweieinhalb Jahre lang stand der Kundenkontakt im Zentrum der Tätigkeit - ob er danach so unwichtig wurde, hängt von der Organisation des Betriebs ab.

Schöne Grüße

MM

Halllo,
es taucht in dem Zeugnis oft das wort „stets“ auf, was in Arbeitszeugnissen eine besondere Belobigung bedeutet. „Stets“ ist immer sehr gut. Zum genauen aufschlüsseln empfehele ich dir das Buch von Hesse und Schrader „Bewerbungen richtig schreiben“. Ein Kapitel befasst sich auch mit Arbeitszeugnissen und deren Deutung. Eigentlich das Standartwerk aller Personaler.
Gruß

Nein. Einzelne Worte - und auch einzelne Begriffe - lassen sich niemals ohne den Kontext „deuten“, den immer das gesamte Zeugnis bildet.

Ich kann Dir ein Fünfer-Zeugnis schreiben, in dem siebzehn Mal das Wort „stets“ vorkommt.

Nein - auch mit d wäre es das nicht, und erst recht nicht „aller“. Wer „Musterbewerbungen“ verkauft, disqualifiziert sich damit von vornherein ohne Möglichkeit der Heilung. Es gibt nämlich keine - das wissen alle, die sich jemals mit dem Thema ernsthaft beschäftigt haben.

Schöne Grüße

MM

Oh ja, da fällt mir ad hoc ein schöner Satz ein, der sich gut lesen kann (wenn man in gut lesen möchte):

Die Person war stets bemüht, die an ihn gestellten Anforderungen hinsichtlich ihrer Komplexität zu verstehen und zeigte stets größte Anstrengung, sie nach seinen Fähigkeiten umzusetzen.

Auch für mich liest sich das Zeugnis nicht konsequent. An einigen Stellen lesen sich die Formulierungen durchaus nach guten Arbeitsergebnissen und gleich im Anschluss findet man eine Formulierung, bei der ich mich frage: ist das aus Unerfahrenheit schlecht formuliert, oder versucht der Schreiber, mir etwas zwischen den Zeilen mitzuteilen.

Zum Beispiel:

Ihre Aufgaben führte sie mit außergewöhnliche Umsicht und besonderem Verantwortungsbewusstsein aus. Dabei überzeugte sie stets in guter Weise sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht.
„Außergewöhnlich“ und „besonders“ sind erst mal keine wertenden Adjektive sondern stellen nur Steigerungen dar. („Philipp Amthor ist ein besonderer Politiker“ einfach mal laut ausgesprochen und das Wort „besonders“ betont ergibt ein mieses Geschmäkle.) So liest sich dieser Absatz für mich so, wenn ich es denn negativ lesen möchte: Sie hat lange über die Arbeit nachgedacht und erledigte dann nur durchschnittliches.

Deutlich angenehmer zu lesen wäre die fast übliche Floskel: Sie erledigte alle ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. Hervorzuheben sind dabei ihre besonders große Umsicht und ihr sehr hohes Verantwortungsbewusstsein.

Das zweite Beispiel ist die Verabschiedung. Es wird das Ende genannt, und der Wunsch des AN zu gehen. Anschließend erfolgt der gute Wunsch für die Zukunft. Es fehlt aber das Wort des Bedauerns.

Alles in allem liest sich das Zeugnis, wie schon gesagt, nach einem ungelenken Schreiber oder nach einer Angestellten, die ihren Job machte, sich aber nicht besonders auszeichnete und auch leicht ersetzbar ist.

Grüße
Pierre