Übersetzungsfrage 'Bann vollstrecken'

Hallo

In mehreren Bibeltexten wird an diversen Völkern „Der Bann vollstreckt“.

Beispiel (Dt 3,6) Luthertext 1984:
„Und wir vollstreckten den Bann an ihnen, gleichwie wir an Sihon, dem König von Heschbon, taten. An allen Städten vollstreckten wir den Bann, an Männern, Frauen und Kindern.“

Der gleiche Text liest sich in der Eineitsübersetzung (http://www.diebibel.de/):
„Wir weihten sie der Vernichtung, wie wir es mit Sihon, dem König von Heschbon, getan hatten. Wir weihten die ganze männliche Bevölkerung und die Frauen, Kinder und Greise der Vernichtung.“

„Den Bann vollstrecken“ und „der Vernichtung weihen“ scheint demnach eine euphemistische Umschreibung für Völkermord zu sein. Weiss jemand der hier anwesenden, welcher Begriff im Original gebraucht wird und welche Bedeutungen dieser Begriff hat?

Ich bedanke mich, Bernhard

charam = mit Fluch, Bann belegen
Hi Bernhard,

Dt. 3.6 ונחרם wannacharem (und zahlreiche andere Beispiele in Deuteronium) ist Form von חרם charam. Das bedeutet zunächst „abschließen“, „ausschließen“, „wegsperren“. Im Weiteren dann aber „segnen“, „(einem Gott) weihen“, „heiligen“ (davon leitet sich btw. auch charam, Harem ab). Es ist also eine Tabuisierung.

Die Grundform und besonders die Hiph’al-Form gewinnt dann zusätzlich die Bedeutung „bannen“, „verbannen“, „mit einem Fluch belegen“, und schließlich „der Zerstörung weihen“, „dem Untergang weihen“.

Das zugehörige Substantiv חרם charam (das auch „Fischernetz“ heißt) übersetzt die LXX mit griech. αναθημα.

Die zugehörige Prozedur bedeutet, daß eine Stadt, auf die ein solcher Bann oder Fluch gelegt ist, geschleift wird, dem Erdboden gleich gemacht, und die Bewohner werden verjagt, so, daß ihnen eine Rückkehr unmöglich gemacht wird. Es ist also vielmehr die Zerstörung der Lebensräume, nicht direkt ein Genozid.

Gruß
Metapher

Hallo Metapher,

vielen Dank für diese Anwort, die genau so substanziell war, wie ich es erhofft hatte. Nun kann ich wenigstens besser verstehen, was in diesen Texten steht.

Viele Grüße, Bernhard