Überstundenregelung

Hallo,

Darf in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag rückwirkend zum Jahresbeginn geregelt werden, dass 10 Überstunden/monat nicht extra vergütet werden. Maximal 1 Tag (gleich 8h) Überstunden pro Monat frei genommen werden dürfen und alle restlichen Überstunden mit Firmenaktien entlohnt werden, die der Angestellte aber erst nach 3 Jahren verkaufen darf?

Man könnte ja annehmen, dass in der Vergangenheit in dem Betrieb regelmässig mehr als 10 Überstunden pro Monat angefallen seien, dies auch weiterhin zu erwaren sei und von den Angestellten also erwartet wird dass sie für Aktien arbeiten.

Ist bei einer Überstundenregelung wo z.B. 10h/Monat nicht extra vergütet werden normalerweise automatisch geregelt, dass auch der Arbeitgeber die gleiche Anzahl Minusstunden akzeptieren muss wenn keine geschäftlichen Belange dagegen sprechen?

Die Regelungen wären für Arbeitsverhältnisse die durchaus nicht übertariflich entlohnt würden. Firma hat keinen Betriebsrat.

Gruss
M.

Hallo,

aus der Fallschilderung ist nicht klar ersichtlich, ob die ÜStd. überhaupt nicht oder aber ganz oder teilweise in Zeit vergütet werden.

Grundsätzlich sind Klauseln zulässig, in denen ÜSt. mit dem Gehalt abgegolten sind, wenn die Höchstzahl der abgegoltenen ÜStd.("bis zu X Std./Monat) definiert ist.
Welche Zahl an ÜStd. bei dieser Pauschalabgeltung zulässig sind, hängt u.a. von der Gesamtvergütung und der Stellung des betroffenen AN ab.

Eine Gabe in Aktien kann sicherlich nicht als „Entgelt“ angesehen werden.

&Tschüß

Hallo Wolfgang,

Ich finde es leider auch sehr schwer das verständlich zu schildern…

Es sind 10 Ü-sdt pro Monat mit dem Gehalt abgeglichen. Alles weitere wird erstmal erfasst. Maximal 8h (=1 Tag) davon darf pro monat als Freizeit genommen werden alles weitere wird am Jahresende in Aktien „ausbezahlt“.

Minusstunden sind nicht vorgesehen. Also dürfte der Arbeitnehmer der bis Donnerstag schon z.B. 44h gearbeitet hat unabhängig vom Arbeitsanfall am Freitag nicht zuhause bleiben, es sei denn er hätte 8 Überstunden die ihm dann abgezogen würden und in dem Monat auch noch keinen Überstundenausgleich genommen.

Gruss
M.

Hallo,

da möchte ich widersprechen, auch Aktien sind eine zulässige Vergütung (s. Absatz 2), denn das Einkommen ist ja durch die Grundvergütung gesichert:

http://dejure.org/gesetze/GewO/107.html

Das LAG Düsseldorf (Urteil vom 30.10.2008 - 5 Sa 977/08) hat da einige interessante Ausführungen gemacht, da war es ein Missverhältnis von Aktienoptionen und Grundvergütung, weil das im Verhältnis 3/4 Aktien und 1/4 Barvergütung war und das Auskommen somit nicht gesichert war. Bei der hier vorliegenden Konstellation (Aktien als Vergütung für nicht mehr mit dem Gehalt abgegoltene Überstunden) hätte das LAG kein Problem gehabt.

3.2 Die Vereinbarung über die Gewährung von Aktienbezugsrechten erfüllt aber nicht die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO, weil diese Vereinbarung weder dem Interesse des Arbeitnehmers noch der Eigenart seines Arbeitsverhältnisses entspricht.

3.2.1 Mit dem Interesse des Klägers lässt sich die Abrede über die Aktienbezugsrechte nicht begründen. Da dem Arbeitgeber die individuelle Interessenlage des Arbeitnehmers im Regelfall unbekannt ist und in größeren Unternehmen Vergütungsfragen generalisierend geregelt werden, kann bei der Bewertung der Interessenlage nur ein objektiver Maßstab angelegt werden. Ob ein Interesse des Arbeitnehmers besteht, ist daher nicht vom subjektiven Standpunkt des Arbeitnehmers aus zu bestimmen, maßgebend ist vielmehr dessen wohlverstandenes Interesse. Im Regelfall wird man deshalb von einem Interesse des Arbeitnehmers an dem Sachbezug ausgehen können. Zum einen hat er selbst diesen vertraglich vereinbart. Zum anderen werden - von seltenen Ausnahmefällen abgesehen - Sachleistungen vereinbart, die der Arbeitnehmer selbst nutzen kann. Dann aber besteht grundsätzlich nicht die Gefahr, dass dem Arbeitnehmer Sachbezüge gewehrt werden, die dieser selbst zunächst zu Geld machen muss, um Barmittel für seinen Lebensunterhalt zu erlangen (so ausdrücklich: Bauer/Opolony, Arbeitsrechtliche Änderungen in der Gewerbeordnung, BB 2002, 1591 ff.; Boemke, a. a. O., § 107, Rz. 18; Tettinger/Wank, a. a. O., § 107, Rz. 5).

Hiernach muss zugunsten des Klägers von einer der Ausnahmefälle ausgegangen werden, der nach der überwiegenden Literaturmeinung zu einer Verneinung des Interesses des Arbeitnehmers zu führen hat.

Zum Zeitpunkt des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses war der Kläger gehalten, die ihm überlassenen Aktienbezugsrechte zu realisieren. Dies konnte er, da zum damaligen Zeitpunkt die Beklagte den beabsichtigten Börsenzugang noch nicht umgesetzt hatte, nur im freien Handel tun. Unabhängig davon, ob ein derartiger Handel und die Umsetzung in Barmittel überhaupt realistisch gewesen sein mag, stand es jedenfalls in dem nur befristet abgeschlossenen Arbeitsverhältnis der Parteien mehr oder weniger in den Sternen, ob und in welcher Höhe ein Verkauf der Aktienbezugsrechte bzw. - später - der dazugehörenden Aktien möglich war. Dann aber kann schon angesichts dieser äußerst unsicheren Sachlage nicht von einem Eigeninteresse des Klägers gesprochen werden.

Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, dass sie ihm für seine tatsächliche Tätigkeit von 30 Wochenstunden eine Bruttomonatsvergütung von 1.670,- € netto zur Verfügung stellte. In diesem Zusammenhang ist entscheidend, dass in beiden Anstellungsverträgen eine Bruttomonatsvergütung von 6.480,- € konkret vereinbart war. Mit dieser Vereinbarung brachte die Beklagte zum Ausdruck, dass sie den Wert der Arbeitsleistung des Klägers in genau dieser Höhe ansetzte. Gleichzeitig führte die Aufteilung dieser Bruttomonatsvergütung in einen bar auszuzahlenden Nettobetrag einerseits und der Gewährung von Aktienbezugsrechten oder Aktienoptionen andererseits dazu, dass mehr als 50% der Vergütung des Klägers mit einem erheblichen Unsicherheitsfaktor belastet wurde. Konkret bestand und besteht die Gefahr, dass der über dem Betrag 1.670,- € netto hinausgehende Anteil vollkommen wertlos sein könnte. Dies wiederum würde zu einer erheblichen Störung des synallagmatischen Verhältnisses führen, die erneut belegt, dass von einem Eigeninteresse des Klägers gerade nicht ausgegangen werden kann.

Die vorstehende Überlegung wird im Übrigen gestützt durch - nach Meinung der Berufungskammer vergleichbaren - Überlegungen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Widerruflichkeit von Zulagen in Formulararbeitsverträgen. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner grundlegenden Entscheidung vom 12.01.2005 (Az.: 5 AZR 364/04 - AP Nr. 1 zu § 308 BGB) ausgeführt, dass der Arbeitgeber wegen der Ungewissheit der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens und der allgemeinen Entwicklung des Arbeitsverhältnisses ein anerkennenswertes Interesse daran hat, bestimmte Leistungen, insbesondere Zusatzleistungen flexibel auszugestalten. Dabei dürfe aber das Wirtschaftsrisiko des Unternehmers nicht auf den Arbeitnehmer verlagert werden. In diesem Zusammenhang sei es dann zulässig, einen Widerrufsvorbehalt zu formulieren, soweit der widerrufliche Anteil am Gesamtverdienst unter 25 bis 30% liege.

Die erkennende Berufungskammer verkennt nicht, dass die soeben zitierte Rechtsprechung zur Zulässigkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen und mithin zur Zulässigkeit der Gestaltung von Formulararbeitsverträgen ergangen ist. Wenn allerdings das Bundesarbeitsgericht bereits bei der Widerruflichkeit von Zusatzleistungen eine Grenze von höchstens 30% der Gesamtvergütung für angemessen hält, so ist der darin liegende Rechtsgedanke auch dann heranzuziehen, wenn es sich um frei ausgehandelte Verträge wie den vorliegenden handelt. Hierbei spielt aber vor allem und in erster Linie eine Rolle, dass es sich bei der hier streitigen Vergütungsvereinbarung nicht nur um Zusatzleistungen handelt, die dem Kläger neben seiner eigentlichen Monatsvergütung zur Verfügung gestellt wurde. Zu bewerten ist vielmehr ein Teil des dem Kläger für seine Arbeitsleistung geschuldeten Bruttomonatsgehalts, das letztlich, wie oben aufgezeigt, zu einem großen Teil wertlos sein könnte.

VG
EK

Hallo EK,

ich kann Deiner Interpretation nicht folgen, wenn ich das Urteil vollständig lese.
http://www.lag-duesseldorf.nrw.de/beh_static/entsche…
Denn unter 3.2.2 hat das LAG grundsätzliche Bedenken gegen Aktienoptionen als Bestandteil der regulären Vergütung geäußert und deswegen der Klage nicht nur wegen des Mißverhältnisses von Vergütung und Sachbezug stattgegeben, sondern auch wegen des fehlenden Zusammenhangs des Sachbezuges mit der „Eigenart der Branche selbst oder des Arbeitgebers“ den Sachbezug von Aktienoptionen in diesem Fall als grundsätzlich unzulässig beurteilt.
Auch das vom LAG zitierte Urteil des BAG spricht im wesentlichen von „Zusatzleistungen“, die flexibel ausgestaltet werden können.
Überstundenvergütung ist aber grundsätzlich keine Zusatzleistung, sondern Bestandteil des normalen Entgelts.
„Zusatzleistungen“, die auch Aktienoptionen sein können, sind zB Boni bzw. Prämien und Vergleichbares, nicht aber reguläres Entgelt.

Hallo Mopedhexle,

der von Dir geschilderte Fall könnte mE gleich aus mehreren Gründen rechtswidrig sein:

  • Die Zahl von 10 ÜStd./Monat, die mit dem Gehalt abgegolten sind, erscheint mir relativ hoch, falls wir über einen Normal-AN ohne Führungsaufgaben (mit ensprechender Bezahlung) diskutieren.
  • Die Ausgabe von Aktienoptionen als ÜStd.- Vergütung ist mE auch gem. § 107 Abs. 2 GewO unzulässig, wie ich bereits auf EK entgegnet habe.
  • Selbst wenn die Optionen zulässig wären, müsste es (sofern Du bei der Fallschilderung nix unterschlagen hast) bei jährlicher"Abrechnung" detaillierte Regelungen zur Ermittlung des Bezugswertes im Verhältnis zur unterjährig erbrachten Arbeitsleistung geben.
  • Die von Dir im UP erwähnte Bindungsfrist der Optionen als Vergütungsbestandteil von 3 Jahren ist mE eine unangemessene Benachteiligung des AN.
  • Insgesamt ist die ganze Klausel (so wie von Dir geschildert) sehr intransparent und entspricht nicht den Anforderungen einer AGB-Kontrolle.

Einem real von so einer Klausel betroffenen AN würde ich den sofortigen Gang zum Fachmensch für Arbeitsrecht zur rechtlichen Prüfung empfehlen.

&Tschüß
Wolfgang

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Hallo Wolfgang,

das siehst du zu eng. Sogar das Finanzamt erkennt das an. Wenn das arbeitsrechtlich nicht ginge oder nicht geübte Praxis wäre, hätte sich damit keiner befassen müssen, schon gar nicht der BFH oder das Bundesfinanzministerium.

http://www.steuer-insel.de/index.php/sachbezuege-ans…
http://www.entgelt-plus.de/

VG
EK

Hallo EK,

der Einwand verwundert mich etwas. Den Finanzbehörden ist es schnurzegal, ob eine gewährte Leistung arbeitsrechtlich zulässig ist.
Steuerpflicht ist kein Kriterium dafür, daß etwas arbeitsrechtlich i. O. ist.

&Tschüß
Wolfgang

Hallo,

wenn es Regelungen bis zum BFH schaffen, ohne dass sie je davor oder danach von einem Arbeitsgericht beanstandet worden sind, spricht das wie gesagt auch für die arbeitsrechtliche Zulässigkeit. Würden Steuerberater etwas so breit empfehlen, was arbeitsrechtlich unzulässig ist?

Arbeitsrechtlich gilt: Weil man Überstunden nicht zwingend zusätzlich bezahlen muss, kann man sie auch mit Sachbezügen bezahlen.

Im Handel ist die Variante zubfinden, Zuschläge durch Gutscheine zu bezahlen. Verdi hat es nicht gefallen, sie konnten aber arbeitsrechtlich ganz offenbar nichts unternehmen.

http://www.wiwo.de/unternehmen/bekleidungshandel-cun…

Eben weil es zulässig ist.

VG
EK

Hallo,

Hallo,

wenn es Regelungen bis zum BFH schaffen, ohne dass sie je
davor oder danach von einem Arbeitsgericht beanstandet worden
sind, spricht das wie gesagt auch für die arbeitsrechtliche
Zulässigkeit.

Die Optionen waren aber Gegenstand arbeitsrechtlicher Würdigung, wie Du selbst verlinkt hast.

Würden Steuerberater etwas so breit empfehlen,
was arbeitsrechtlich unzulässig ist?

Aktienoptionen sind ja unter bestimmten Bedingungen zulässig - als Boni, Prämien etc.

Arbeitsrechtlich gilt: Weil man Überstunden nicht zwingend
zusätzlich bezahlen muss, kann man sie auch mit Sachbezügen
bezahlen.

In Grenzen, die sich zB an der Branche orientieren, wie auch das LAG D’dorf und schon 2005 das BAG festgestellt haben.

Im Handel ist die Variante zubfinden, Zuschläge durch
Gutscheine zu bezahlen. Verdi hat es nicht gefallen, sie
konnten aber arbeitsrechtlich ganz offenbar nichts
unternehmen.

Weil dies eine vollkommen andere Art des Sachbezugs ist. Diese Sachbezüge sind nämlich nicht schwankend im Wert und ohne Bindungsfrist.

http://www.wiwo.de/unternehmen/bekleidungshandel-cun…

Eben weil es zulässig ist.

Klar ! Warengutschein = Äpfel, Aktienoptionen = Birnen
Beides ist arbeitsrechtlich nicht vergleichbar bzw. gleichzusetzen.

VG

&Tschüß

EK

Wolfgang