überteuerte Elektriker Rechnung

Guten Abend zusammen,

angenommen ein defekter Herd führt zu einem kompletten Kurzschluss in einer Mietwohnung, den der Mieter selbst durch einschalten des Sicherungshebels im Sicherungskasten nicht beseitigen kann. Der Mieter kontaktiert seinen Vermieter, welcher diesem den Kontakt einer Elektrikerfirma gibt und den Mieter bittet, dort direkt selbst anzurufen.

Der daraufhin bestellte Elektriker erscheint unverzüglich am nächsten Tag und betätigt am Sicherungskasten im Hausflur ganz unten einen kleinen, unscheinbaren schwarzen Notknopf, den es bei diesem älteren Modell eines Sicherungskasten scheinbar noch gibt und bei der Explosion des Herds aktiviert wurde. Er schaltet damit den kompletten Strom in der Wohnung wieder an ohne diese überhaupt erst betreten zu müssen. Dauer der ganzen Prozedur: max. 2 Minuten!

Der Elektriker verabschiedete sich mit den Worten, er würde das schon mit meinem Vermieter klären. Auf explizite Nachfrage des Mieters ist die Aussage des Elektrikers, das NICHTS unterschrieben werden muss.

Eine Woche später erhält der Mieter dann unerwartet die Rechnung vom Elektriker i.H.v. 68,96.- Euro - bestehend aus einer Monteurstunde i.H.v. 42,95.- Euro und ant. Betriebskosten von 15.- Euro. Also, insgesamt werden 70.- Euro in Rechnung gestellt, für eine maximale „Arbeitszeit“ von 2 Minuten Knöpfchen. Ist das rechtens?

Es scheint sehr unverhältnismäßig für einen Aufenthalt vor Ort von max. 8 Minuten gleich eine komplette Monteurstunde zu berechnen. Könnte man in diesem Fall den Elektriker bitten, die Rechnung auf die tatsächliche Arbeitszeit des Elektrikers zu korrigieren? Wie bewertet man die Tatsache, dass der Mieter - selbst nach expliziter Nachfrage - NICHTS unterschreiben muss?

Nach einigen Recherchen im Internet bin ich auf folgendes Urteil gestossen:

„Mancher Betrieb rechnet eine angefangene halbe Stunde gleich als volle halbe Stunde ab, auch wenn erst wenige Minuten vergangen sind. Diese Praxis hat das Landgericht Düsseldorf für unzulässig erklärt (Az. 12 O 292/87). Eine geringe Aufrundung – zum Beispiel auf volle fünf Minuten – ist aber in Ordnung.“

Ist dies allgemein rechtskräftig? Demnach könnte der Mieter die abgerechnete Stunde definitiv beanstanden, oder?

Vielen Dank

Sabine

Hi,

soll der Handwerker ernsthaft nur 9,20 EUR für 8 Min Arbeit berechnen? Von irgendwas muss der auch leben! Hier mal ein Einblick in die Kostenstruktur eines Handwerkers: http://www.hwk-stuttgart.de/pdf/stdlohn6.pdf

Gruss
K

Hallo Kasi,

Danke für deinen Beitrag!

Ich denke im vorliegenden Fall geht es mehr um die Unverhältnismäßigkeit, die tatsäcjlich geleistete Arbeitszeit von max. 2 Minuten auf eine volle Stunde aufzurunden. Vielmehr ist hier auch das Urteil des Landesgerichts Düsseldorf interessant, was eine solche Vorgehensweise ebenfalls untersagt. Mir stellt sich nun schlußendlich die Frage, ob dieses Urteil ausnahmslos auf ganz NRW übertragen werden kann und somit die beschriebene Elektriker Rechnung tatsächlich korrigiert werden muss (meinetwegen auch auf eine halbe Stunde aufgerundet - aber nicht eine volle Stunde).

Gruß

Sabine

Nehmen wir mal an der Handwerker befindet sich am andern Ende der Stadt. Für diesen Reparatur Fall müsse er nun durch die gesamte Stadt Fahren was ebenfalls Arbeitszeit ist. und zu der Zeit Vorort dazu berechnet werden muss. so kann es vor kommen das er z.b 32min. Nun Für diesen Fall benötigt hatte. So rundet er die letzten 2 min auf die nächste halbe Stunde auf.

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Hallo,

„Mancher Betrieb rechnet eine angefangene halbe Stunde gleich
als volle halbe Stunde ab, auch wenn erst wenige Minuten
vergangen sind. Diese Praxis hat das Landgericht Düsseldorf
für unzulässig erklärt (Az. 12 O 292/87). Eine geringe
Aufrundung – zum Beispiel auf volle fünf Minuten – ist aber in
Ordnung.“

Ist dies allgemein rechtskräftig? Demnach könnte der Mieter
die abgerechnete Stunde definitiv beanstanden, oder?

bei diesem 25 Jahre alten Urteil ging es um die Frage, ob bestimmte AGB-Klauseln zulässig sind oder nicht. Konkret um die Frage, ob man a) in den AGB wirksam festlegen kann, daß der Kunde eine angefangene Arbeitsstunde voll bezahlen muß und b) auch provisorische oder unfertige Arbeiten voll abgerechnet werden.

Beides hat das das LG Düsseldorf verneint. Hier geht es aber nicht um die Wirksamkeit von AGB, sondern um die Frage der der geleisteten Arbeit und da gilt erst einmal, daß abzurechnen ist, was geleistet wurde. Wenn der Handwerker dann mit seinen AGB um die Ecke kommt, kann man ihm das Urteil immer noch unter die Nase halten.

Gruß
C.

Hallo,

wann wird sich endlich mal der Gedanke durchsetzen, dass qualifizierte Leute eben auch für ihre Qualifikation bezahlt werden und eine Rechnung nach dem Motto „Bei kik kriegen sie sechs Euro die Stunde, also kosten zehn Minuten 50 Cent“ einfach nicht geht?

Der Kunde hat mit dem Elektriker einen Werkvertrag abgeschlossen, d. h. er wollte einen bestimmten „Erfolg“ haben, wie Juristen das nennen. Der Auftrag lautete „Mach, dass ich wieder Strom habe“ und der Elektriker hat gemacht, dass der Kunde wieder Strom hatte. Wäre der Kunde zufriedener gewesen, wenn der Elektriker erst mal alle Wände aufgemeißelt hätte, um dann den Knopf zu drücken? Und ist es nicht vielleicht auch das Ergebnis seiner Ausbildung und seiner Berufserfajrung, dass er diesen Knopf gedrückt hat? Warum hat denn wohl der Kunde nicht selbst den Knopf gedrückt? Weil er kein Elektriker ist.

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Hallo,

wann wird sich endlich mal der Gedanke durchsetzen, dass
qualifizierte Leute eben auch für ihre Qualifikation bezahlt
werden

sprichst Du mit mir? Dann bist Du an der falschen Adresse. Ich lasse alles, was über einen Dübel in der Wand hinausgeht von Handwerkern machen und dabei interessiert mich der Preis erst einmal nicht, weil ich weiß, daß ich es im Zweifel so nicht hinbekomme, dafür deutlich länger brauche und mir die Klamotten einsaue bzw. einen Muskelkater einfange, wenn ich ewig lang über Kopf oder auf den Knien arbeiten muß.

Das ändert aber nichts daran, daß ich für 2 Minuten Arbeit keine volle Stunde bezahlen würde. Schließlich wird die Arbeitszeit abgerechnet, weil die die Grundlage der Berechnung der Rechnung ist. Von flächendeckenden Fallpauschalen („Stromversorgung wieder hergestellt“) wie im Gesundheitswesen sind wir im Handwerk noch weit entfernt.

Der Handwerker rechnet - nebenbei bemerkt - auch seine Arbeitszeit ab, wenn er den Erfolg nicht herbeiführt, nachdem er zwei Stunden rumgefummelt hat.

C.

Hallo,

neben dem hier schon geschriebenen (insbes. worldwidefab) muss man sich auch einmal klar machen, wie Firmen kalkulieren.

Sie ermitteln die Kosten für eine Stunde, eine halbe oder wie auch immer, doch indem sie alle anfallenden Kosten der Firma ebenfalls in Ansatz bringen, hier bereits genannt: Anfahrtswege, Arbeitslohn. Aber auch: Kosten für Fahrzeuge, Werkzeuge, allgemeine Firmenkosten, Buchhaltung, Rechnungslegung bla bla bla. Ob die für den entsprechenden Einsatz genutzt werden oder nicht.

Und nicht: Elektriker drückt Knopf: 0,59 Cent pro Minute.

Das funktioniert einfach nicht! Woher sollen den die Beträge kommen, die die Firma braucht um überhaupt zu existieren? Die beamen sich nicht jedesmal vom Mars wenn jemand aus Versehen seinen Wohnungsstrom gekappt hat.

Und sobald die 2 Minuten rum sind, verschwindet die Firma wieder kostenfrei im Nirvana?

Ein ehemaliger Chef von mir sagte uns Azubis immer: Auch der Stuhl auf dem Sie gerade sitzen, muss bezahlt werden!

Es ist natürlich ärgerlich, wenn nur solche Bagatellaktionen ausgeführt werden von denen man im Nachhinein meint, dass man sie auch selbst hätte ausführen können, aber nun hat man zumindest die Gewissheit, dass kein größerer Schaden entstanden ist, bzw. im Fall der Fälle vielleicht auch einen Regressanspruch gegen den Elektriker.

Gruß
Nita

Howdy,

wann wird sich endlich mal der Gedanke durchsetzen, dass
qualifizierte Leute eben auch für ihre Qualifikation bezahlt
werden

wobei man hier und dort auch Nichtqualifikation bezahlen muss (aber das waere hier off-topic und liegt in dem beschriebenen Fall ja auch offensichtlich nicht vor).

und eine Rechnung nach dem Motto "Bei kik kriegen sie sechs Euro die Stunde, also kosten zehn Minuten 50 Cent"einfach nicht geht?

Das haelt aber trotzdem niemanden davon ab, im vorhinein mit dem Handwerker oder auch mit seinem Anwalt eine Verguetung z.B. im 15m Takt abzumachen …

Meiner einer ist da sowohl mit Handwerkern als auch mit Anwaelten immer gut mit gefahren …

Gruss
n.

Hallo,

Und nicht: Elektriker drückt Knopf: 0,59 Cent pro Minute.

nur mal für die Logik: nehmen wir an, es wäre nicht der Knopf gewesen, sondern die komplette Elektrik des Hauses hätte ausgetauscht werden müssen: hätte der Elektriker dann auch eine Stunde in Rechnung gestellt?

Wohl eher nicht und somit kommen wir zu der Frage, wie genau der Rechnungsbetrag zustande kommt. Es besteht offensichtlich Einigkeit zwischen Handwerkern und Kunden darüber, daß die geleistete Arbeitsmenge (in der Regel in Stunden bemessen) in irgendeiner Form in den Rechnungsbetrag einfließt. Natürlich gibt es im Einzelfall bei größeren Operationen fest vereinbarte Beträge, aber die wollen wir mal außen vorlassen.

Wenn also - wie dargestellt - Arbeitsstunden und Rechnung in einem gewissen Verhältnis zueinander stehen, stellt sich die Frage, in welchem denn genau.

Es kann also nur so sein, daß das abgerechnet und bezahlt wird, was geleistet wird und zwar prinzipiell minutengenau. Da es in Extremfällen wie dem geschilderten zu Rechnungen in homöopathischen Größenordnungen kommen würde und die Sache schon dadurch unrentabel wird, daß die abgerechnete Tätigkeit schneller erledigt wird als der Aufstig in die dritte Etage dauert, wird eine gewisse Taktung zugrunde gelegt. Diese Taktung sollte sich idealerweise in den vorher vorgelegten AGB wiederfinden, was aber in der Regel nicht der Fall ist (das Vorlegen).

Normalerweise sagt kein Kunde etwas, wenn angefangene Viertelstunden abgerechnet werden. Dummerweise übertreibt der ein oder andere windige Bursche die Sache etwas, wie hier geschehen.

Der interessierte Kunde sollte den Handwerker fragen, auf welcher Basis er denn die großzügige Rundung vorgenommen hat. Führt er seine AGB ins Feld, so sollte man ihn darauf hinweisen, daß diese gar nicht Bestandteil des Vertrages geworden sind (mangels Möglichkeit der vorherigen Kenntnisnahme). Das hieße dann: auf die Minute oder auf fünf Minuten genaue Abrechnung.

Aber selbst wenn die AGB Bestandteil des Vertrages geworden sein sollten, kommt der Handwerker mit der Nummer im Zweifel nicht durch (s. Urteil des LG Düsseldorf).

Gruß
C.

Hallo,

Hallo,

…Von flächendeckenden Fallpauschalen…wie im Gesundheitswesen
sind wir im Handwerk noch weit entfernt.

das Beispiel ist in sofern etwas unglücklich gewählt, weil im Gesundheitswesen die „Preise“ gemittelt sind. D. h. für eine 3h Op die aus welchen Gründen auch immer sonst nur 30’ gedauert hätte, bekommt die Klinik nur die OP-Pauschale bezahlt. Das hat so etwas wie von einem vorab ausgehandelten Festpreis…

Die Kostenpaschale (GKV) im Gesundheitswesen besteht aus gemittelten Kosten. Einige Leistungen im stationären und operativen Bereich werden gar nicht bezahlt, andere wiederum dafür (relativ)um so besser.

Ich frage mich allerdings auch, warum es nicht überall im Handwerk (wie z. B. in Kfz-Werkstätten) vorab u. fest definierte Zeiteinheiten gibt?

C.

rolli

Die bisherige Diskussion, so richtig oder falsch sie sein mag, hat ja nun nicht wirklich viel mit Mietrecht zu tun.
Daher von mir die Frage:
warum erhielt der Mieter die Rechnung? zum bezahlen? wenn ja, warum?
Kleinreparaturklausel? Kommt hier nicht in Frage, da Schaltkasten nicht im dauerhaften Zugriff des Mieters.
Reparaturauftrag durch Mieter: Mieter hatte im Auftrag des Vermieters gehandelt (müsste im Zweifel bewiesen werden)
Schadenersatz: Wem gehört der Herd? Wenn er dem Mieter gehört wäre der Schaden uU ein Fall für die Haftpflichtversicherung.

vnA