Überwachungsstaat was tun?

Hy
Ich habe eine Frage bezüglich der ganzen Überwachungsmethoden des Staates. Mittlerweile ist ja das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten und der Staat überwacht seine Bürger wo es nur geht.
(Präventive) Telefonüberwachung, Speicherung von Autokennzeichen, totale Überwachung des Internet, willkürliche Hausdurchsuchungen auf grund von lächerlichen Verdächtigungen und bald vielleicht sogar Videoüberwachung von Wohungen. Was das für Folgen hat ist ja schrecklich. Man bekommt zu viel Information über den Bürger und allein schon durch die Mobiltelefone können Bewegungsprofile erstellt werden usw…usw
Was kann man tun um dem ganzen Entgegenzuwirken?
Mir passt es einfach nicht das ich überall überwacht werde und das auch noch rechtens ist.
Es gibt ja leider genug Menschen denen das egal ist und die sich sicherer fühlen durch totale Staatsüberwachung und so etwas auch noch unterstützen, aber die denken meiner Meinung nach einfach nicht genug nach.

Also wo und wie kann man Beschwerden bzw. Prüfungen dieser ganzen neuen/alten Gesetze beantragen die einfach so lautlos beschlossen werden und das tägliche Lebens der Menschen immens beeinflussen.
Es muss doch möglich sein als Bürger dieses Staates etwas gegen Gesetze zu tun die sich meiner Meinung nach nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren lassen. Warum dürfen Menschen überwachen was ich im Internet tue oder mit wem ich was am Telefon berede oder wo ich in hingehe?
Es scheint mir ein neuer Politischer Trend zu sein immer mehr kleine Gesetze zu beschließen die die Freiheit des einzelnen Bürgers bedrohen.

Hallo,

Was kann man tun um dem ganzen Entgegenzuwirken?

Es gibt nur eine erfolgversprechende Methode: Die Macher dieser Gesetze gründlich abwählen und durch Politiker ersetzen, für die bürgerliche Freiheit nicht nur ein Lippenbekenntnis in lustigen Reden ist (wie das ja leider bei der FDP der Fall ist, die den sog. „anti-hacker Paragraphen“ in dem Moment durch den Bundestag nickt, in dem deren Vorsitzender sich und seine Partei in einer flammenden Rede als die einzige Partei der Freiheit darstellt).

Die Piratenpartei sei an dieser Stelle nochmals erwähnt.

http://www.piratenpartei.de/

Wer andere Alternativen kennt, möge sie nennen.

Gruß

Fritze

Effektiver dürfte es sein, vor das Verfassungsgercht zu ziehen…

Hallo,

man kann immer noch die Linke wählen, die ist sowieso gegen alles.

Ich verstehe Phoenix Frust sehr gut. Die dem Bürger eigentlich zugedachte Methode des Widerspruchs, nämlich eine andere Partei zu wählen, greift beim Thema Beschneidung der Bürgerrechte für eine bessere(?) Verbrechensbekämpfung nicht. Da haben sich schon alle ernstzunehmenden Parteien die Finger schmutzig gemacht.

Grüsse

Jörg

Hallo,
wir leben in einer Zeit, in der Kriegsgelüste immer stärker werden. Überwachung gehört nun mal dazu.
Und so wie die Politiker dies zugelassen haben, werden diese auch die gespeicherten Informationen nutzen, um ihre Macht zu festigen.
Es ist ja bereits bei der Bundesregierung Brauch, Tatbestände zu schaffen, die der Verfassung widersprechen.
Hilfe seitens der Interlektuellen bleibt auch schon aus.
Freundliche Grüße
Heinz J.

Hallo,

da es Dir offensichtlich um eine rechtliche Prüfung des Gesetzes geht, kannst Du Dich zurücklehenen, denn diese findet ohnehin demnächst statt. Meines Wissens wird hier sehr bald ein Verfahren vor dem BVerfG durchgeführt werden.

Sollte das nicht so sein, so kannst Du Dich selbst gegen Maßnahmen wehren, welche gegen Dich aufgrund des Gesetzes ergehen. Hier wird zwar zunächst nicht das Gesetz selbst geprüft, weil die vorranging anzurufenden Instanzgerichte (Verwaltungsgerichte) das nicht können. Bestehen aber Zweifel an der Rechtmäßigkeit, kann auch das Instanzgericht dieses dem BVerfG vorlegen. Du selbst kannst Dich auch nach erfolglosem Abschluss des Instanzenzuges an das BVerfG wenden und dann das Gesetz prüfen lassen.

Gruß
Dea

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Die so genannte „Überwachung“ erfolgt allenfalls absolut aber keinesfalls total. Eine totale Überwachung würde m.E. keinerlei Rechtsmittel mehr zulassen.

Gruß
guvo

Die Sorge um die VOLKSSOUVERÄNITÄT dürfte der eigentliche Grund für den Streit um das informationelle Selbstbestimmungsrecht sein.

Hallo

Die so genannte „Überwachung“ erfolgt allenfalls
absolut aber keinesfalls
total. Eine totale Überwachung würde m.E.
keinerlei Rechtsmittel mehr zulassen.

Ähm, konntest Du mir den Sinn dieses Satzes mal erklären, insbesondere das Zusammenspiel von Überwachung und Rechtsmittel?

Dea

Hallo,

der Vorwurf der „totalen Überwachung“ sollte eigentlich nur im Zusammenhang mit dem III. Reich zulässig sein. Zu der Zeit lief es tatsächlich entsprechend ab. Die Behauptung, dass die Überwachungsmaßnahmen des heutigen demokratischen Rechtsstaates „total“ sein würden, halte ich formal durchaus für zulässig (Meinungsfreiheit), sachlich aber für falsch.

Die heute laufende Überwachung mag sehr umfassend sein. So sehr, dass sie wohlmöglich volle Wirkung zeigt, also ´absolut´. Damit hätte ich kein Problem (tiefgestapelt), aber bitte… wie denkst Du darüber?. Doch dann sollte formal es den Betroffenen möglich sein, sich wehren zu können. Im Falle der Begründetheit wäre ´Abhilfe´ zu leisten. Und dann wäre gut.

Dass die Volkssouveränität ´absolute´ (jedoch ausdrücklich nicht unumschränkte, d.h. ´totale´) Gültigkeit haben sollte, halte ich für vertretbar. Selbst den Menschenrechten gegenüber; Ihnen sollte nach Möglichkeit kein SELBSTZWECK zuwachsen. Sie haben vielmehr SINN.

Den Einwand, ob alles denn Sinn haben muss, halte ich buchstäblich für ´absolut´ verfehlt, weil es hier nicht darum geht, nur für sich allein verantwortlich zu sein.

guvo

Effektiver dürfte es sein, vor das Verfassungsgercht zu
ziehen…

Ist es nicht. Unsere politische Elite ist sich nicht zu schade, Verfassungsgerichtsurteile einfach zu ignorieren, wenn sie ihnen nicht in den Kram passen:

„Jung erklärte am 7. Juni 2006 in Brüssel vor Journalisten, dass er trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2006 zum Luftsicherheitsgesetz Passagierflugzeuge durch die Bundesluftwaffe abschießen lassen werde, wenn diese entführt und zu Angriffen benutzt würden.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Josef_Jung

Schäuble: Alle grundrechtlich geschützten Bereiche enden irgendwo. Wo diese Grenzen sind, wie man die gegensätzlichen Interessen abgrenzt, ist Sache des Gesetzgebers. Ich verstehe, dass manche Verfassungsrichter gern Ratschläge geben würden. Dazu sind sie aber nicht demokratisch legitimiert. […]

http://www.welt.de/politik/article1571640/Schaeuble_…

Gruß

Fritze

Ich verstehe die Aussagen bezogen auf thoretisch dramatisch zugespitze Fälle, welche überhaupt und rechtzeitig von niemandem mehr ´verfahrensrechtlich´ entschieden werden können. Diese Situationen treten selbst im alltäglichen Leben auf (Familie, etc.). Übrigens genau so häufig, wie auf bundespolitischen Entscheidungsebenen. Sollte man Probleme prinzipiell ausschweigen, bis sie real werden? Was wäre erforderlich? Wer soll sich dann als zuständig fühlen? Hm.

Gewöhnlich wünscht man sich dabei Menschen, die sich schon im Vorfeld ´gerade machen´. Das würde ich niemanden vorwerfen wollen. Selbstverständlich auch Dir nicht. Also positiv Denken: Was würdest Du in den von Jung und Schäuble umrissenen Fällen anders machen? Aus welchem ´Grund´ oder aus welchem ´Motiv´ heraus?

guvo

Naja…

„Jung erklärte am 7. Juni 2006 in Brüssel vor
Journalisten, dass er trotz des Urteils des
Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2006 zum
Luftsicherheitsgesetz Passagierflugzeuge durch die
Bundesluftwaffe abschießen lassen werde, wenn diese entführt
und zu Angriffen benutzt würden.“

Hier werden aber 2 Dinge durcheinander geworfen. Wir hatten dieselbe Diskussion schon beim finalen Rettungsschuss. Es ist eine Frage, ob das Verhalten im Nachhinein über Grundsätze der Notwehr, Nothilfe gerechtfertigt sind, worauf sich diese Aussage bezog, oder ob der Gesetzgeber berechtigt ist, ein Gesetz solchen Inhalts zu machen. Letzteres ist nicht möglich, ersteres sehr wohl, da es sich um völlig verschiedene Rechtsmaterien handelt. Die Aussage ist daher keineswegs zwingend eine Missachtung des BVerfG.

Schäuble: Alle grundrechtlich geschützten Bereiche
enden irgendwo. Wo diese Grenzen sind, wie man die
gegensätzlichen Interessen abgrenzt, ist Sache des
Gesetzgebers. Ich verstehe, dass manche Verfassungsrichter
gern Ratschläge geben würden. Dazu sind sie aber nicht
demokratisch legitimiert. […]

Diese Aussage war ebenfalls berechtigt, weil der Richter des BVerfG hier in der Tat seine Kompetenzen überschritten hat. Es ist allein Sache des Gesetzgebers, über die Gesetzgebund zu entscheiden. Hier hat das Gericht keinerlei Mitredebefugnis. Zudem entgscheidet in einem nachträglichen Überprüfungsverfahren über das Gesetz noch immer der zuständige Senat und nicht der hier aufgetretene Richter allein, so dass die Entscheidung auch ganz anders ausfallen kann.

Zu Klarstellung: Ob solche Aussagen der Politik hilfreich sind oder nicht besser hätten einfach mal hätten unterbleiben sollen, darüber kann man in politstrategischer Hinsicht sicher streiten. Dass das BVerfG missachtet wird, ist jedenfalls nicht zutreffend.

Gruß
Dea

Burkhard Hirsch wieder mal…
Hallo!

Was kann man tun um dem ganzen Entgegenzuwirken?

Abgewählt bekommt man die nicht, dafür stehen die Schäubles, Wiefelspützes -und wie sie alle heissen- zu hoch auf den Landeslisten. Da müsste man schon CDU und SPD unter die 5%-Hürde drücken. Ein schöner Traum - aber leider eben nur ein Traum ;o)

Burkhard Hirsch hat es wohl wieder mal am besten ausgedrückt:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,532075,00…

„Es sei nicht Aufgabe der Regierung oder des Parlaments, die Belastbarkeit der Verfassung zu erproben. Auch angesichts des Terrorismus dürfe man „nicht die Fassung verlieren“. Der Bürger habe Anspruch auf eine Regierung, die „dieselbe Nervenstärke“ und dasselbe Rechtsbewusstsein habe wie die Richter in Karlsruhe.“

Besser kann man es wohl nicht sagen, obwohl…wie sagte nicht mal Olli Kahn:„Eier! Wir brauchen EIER!“ Möchte man fast abwandeln in „DIE brauchen…“ ;o)

In diesem Sinne

Viele Grüsse!

Denis

Hallo,

Hier werden aber 2 Dinge durcheinander geworfen. Wir hatten
dieselbe Diskussion schon beim finalen Rettungsschuss.

auch wenn es hier off topic ist, möchte ich mir die kleine Anmerkung erlauben, dass es ein völlig anderer Sachverhalt ist, ob ich einen einzlenen Täter, der im Begriff ist, z.B. Geiseln zu erschießen, vorher durch den sog. „Rettungsschuss“ außer Gefecht setze, oder ob ich eine Verkehrsmaschine mit einem Geiselnehmer zusammen mit allen Geiseln abschießen lasse.

Das wäre vergleichbar, wenn man bei einer Geiselnahme gleich das ganze Gebäude mit Entführern und Entführten sprengte sowie beliebig viele Opfer in angrenzenden Gebäuden in Kauf nähme, was man sicherlich niemals in Erwägung zöge.

Die Aussage der Verfassungsrichter war da auch eindeutig, auch wenn es zunächst „nur“ um die Entscheidung über das Luftsicherheitsgesetz ging:
Die “Abschussermächtigung” des Verteidigungsministers verstoße gegen die Garantie der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes) und gegen das Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1), weil unbeteiligte Menschen als bloße Objekte behandelt und getötet würden. Nach Ansicht der Richter ist es “schlechterdings unvorstellbar”, auf gesetzlicher Grundlage unschuldige Menschen in hilfloser Lage vorsätzlich zu töten.

Nicht nur meiner Interpretation nach schließt das auch aus, sich auf einen „übergesetzlichen Notstand“ zu berufen, da es wie gesagt vollkommen unschuldige Menschen in hilfloser Lage betrifft.

Die Geschichte hatte ja noch ein viel pikanteres Element. Als sich nämlich der „Verband der Jetpiloten“ mit der Empfehlung an seine Piloten gewandt hatte, in einem solchen Fall den Befehl zu verweigern, da kein Dritter die Verantwortung für die verfassungsgemäße Ausführung übernehmen könne und daher die Soldaten sich unabhängig davon, was ein Herr Jung vorher im Fernsehen herausposaunt, vor Gericht verantworten müssten, da hat der Herr Verteidigungsminister fröhlich erklärt, das mache gar nichts, er habe eine Liste mit „befehlstreuen“ Soldaten, die seinem Befehl (und nicht etwa ihrem Eid auf die Verfassung) ohne Wenn und Aber Folge leisten würden.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,506…

Das nenne ich doch mal ein leuchtendes Vorbild!

Ganz abgesehen davon, dass dieses Szenario ohnehin vollkommen an den Haaren herbeigezogen ist und vermutlich nur dem Zweck dient, von anderen, naheliegenden Problemen abzulenken.

Zu Klarstellung: Ob solche Aussagen der Politik hilfreich sind
oder nicht besser hätten einfach mal hätten unterbleiben
sollen, darüber kann man in politstrategischer Hinsicht sicher
streiten. Dass das BVerfG missachtet wird, ist jedenfalls
nicht zutreffend.

Das sehen die Damen und Herren der (leider viel zu kleinen) Opposition aber anders.

Gruß

Fritze

Hallo

auch wenn es hier off topic ist, möchte ich mir die kleine
Anmerkung erlauben, dass es ein völlig anderer Sachverhalt
ist, ob ich einen einzlenen Täter, der im Begriff ist, z.B.
Geiseln zu erschießen, vorher durch den sog. „Rettungsschuss“
außer Gefecht setze, oder ob ich eine Verkehrsmaschine mit
einem Geiselnehmer zusammen mit allen Geiseln abschießen
lasse.

Nun, rechtlich ist es eben kein anderer Sachverhalt, sondern die dahinter stehenden Prinzipien sind die selben.
In beiden Fällen liegen Situationen vor, in denen die Handelnden zunächst nur über die Grundsätze der Notwehr/Nothilfe gerechtfertigt waren. Als dann die Frage aufkam, ob man diese Vorgehensweise auch gesetzlich normiern kann, kam das Problem auf, ob auch ein solches Gesetz, dass aufgrund des Prinzis der Einheit der Rechtsordnung bereits per se ein Rechtmäßiges Verhalten herstellt, verfassungsmäßig sei. Bei dem finalen Rettungsschuss war man jedenfalls überwiegend dieser Ansicht (eine BVerfG Enstscheidung hierzu gibt es noch nicht), bei dem Abschuss von Passagiermaschienen wird das anders gesehen. Beides waren jedoch Abwägungen und in beiden Fällen wäre im Nachhinhein auch ohne Gesetz keine Strafbarkeit herausgekommen, es ging allein um die Frage, ob ein gerechtfertigtes Verhalten auch normiert werden darf.

Das wäre vergleichbar, wenn man bei einer Geiselnahme gleich
das ganze Gebäude mit Entführern und Entführten sprengte sowie
beliebig viele Opfer in angrenzenden Gebäuden in Kauf nähme,
was man sicherlich niemals in Erwägung zöge.

Äh, nein, das wäre nicht vergleichbar, da der Abschuss der Passagiermaschiene dazu dient, Schaden von Dritten außerhalb der Entführer und Geiseln abzuwenden, während es in Deinem Beispiel keine Bedrohung weiterer Personen gibt.

Die Aussage der Verfassungsrichter war da auch eindeutig, auch
wenn es zunächst „nur“ um die Entscheidung über das
Luftsicherheitsgesetz ging:
Die “Abschussermächtigung” des
Verteidigungsministers verstoße gegen die Garantie der
Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes) und gegen das
Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1), weil unbeteiligte
Menschen als bloße Objekte behandelt und getötet würden. Nach
Ansicht der Richter ist es “schlechterdings
unvorstellbar”, auf gesetzlicher Grundlage unschuldige
Menschen in hilfloser Lage vorsätzlich zu töten.

Ja, aber es ist eine Meinung und keine gerichtliche Entscheidung. Wenn der Gesetzgeber nun doch anders handelt, missachtet er keinesfalls eine bindende Entscheidung des BVerfG.

Und wie gesagt. Man weiß nie, wie eine Entscheidung durch den ganzen Senat am Ende ausfällt, und so gibt es auch aus diesem Grund keine Pflicht des Gesetzgebers, auf Vorabmeinungen des BVerfG zu hören.

Nicht nur meiner Interpretation nach schließt das auch aus,
sich auf einen „übergesetzlichen Notstand“ zu berufen, da es
wie gesagt vollkommen unschuldige Menschen in hilfloser Lage
betrifft.

Und genau hier werden wieder zwei Aspekte unzulässig vermischt. Die Frage, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist, hat nichts damit zu tun, ob ein Mensch, der dennoch so handelt, hierfür strafrechtlich verurteilt wird oder sich auf Notwehr/Nothilfe beruhen kann. Man kann juristisch gerade nicht von dem einen auf das andere schließen, da es nunmal völlig verschiedene Rechtsmaterien mit völlig verschiedenen Grundlagen und Prüfungsinhalten sind.

Die Geschichte hatte ja noch ein viel pikanteres Element. Als
sich nämlich der „Verband der Jetpiloten“ mit der Empfehlung
an seine Piloten gewandt hatte, in einem solchen Fall den
Befehl zu verweigern, da kein Dritter die Verantwortung für
die verfassungsgemäße Ausführung übernehmen könne und daher
die Soldaten sich unabhängig davon, was ein Herr Jung vorher
im Fernsehen herausposaunt, vor Gericht verantworten müssten,
da hat der Herr Verteidigungsminister fröhlich erklärt, das
mache gar nichts, er habe eine Liste mit „befehlstreuen“
Soldaten, die seinem Befehl (und nicht etwa ihrem Eid auf die
Verfassung) ohne Wenn und Aber Folge leisten würden.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,506…

Wie gesagt. Ob das politisch glücklich ist, darüber kann man streiten. Ein Rechtsverstoß ist es noch immer nicht.

Gruß
Dea

Hallo,

Also positiv Denken: Was
würdest Du in den von Jung und Schäuble umrissenen Fällen
anders machen? Aus welchem ´Grund´ oder aus welchem ´Motiv´
heraus?

Seit dem 11.09.2001 warte ich auf einen Politiker, der sich öffentlich hinstellt und verkündet, dass dieser Anschlag zwar eine grausame Tat von üblen Terroristen war, dass es deshalb aber erst recht nicht in Frage käme auch nur einen Millimeter von unseren freiheitlich demokratischen Grundwerten abzurücken. Das es keinerlei Grund zu Panik und keinerlei höheres Sicherheitsrisiko in Deutschland oder Europa bestünde. Das eine Verwundbarkeit gegenüber solchen skrupellosen und das eigene Leben verachtenden Terroristen eine Folge eben dieser Grundwerte sei und man deshalb auch weiterhin die bestehenden gesetzlichen Mittel ausreizen werde, um solche Täter nach Möglichkeit im Vorfeld zu erkennen.

Dennoch möge man bitte bedenken, dass die Opfer häuslicher Gewalt, Verkehrsunfällen oder unzureichender Gesundheitsversorgung weit zahlreicher wären und man deshalb weiterhin die Bekämpfung dieser Misstände im Vordergrund halten möchte.

Nicht zuletzt sei eine hervorragende Bildungs- und Integrationspolitik, die es schaffe, Migranten ehrliche Perspektiven auf eine Teilhabe am Wohlstand zu eröffnen, weit wirkungsvoller, als die Abschaffung der Grundrechte und das herauswerfen von Geldern für sinnlose Kriege und Überwachungsmaßnahmen.

Ferner wolle man sich verstärkt bemühen, durch eine sinnvolle Entwicklungspolitik diese Perspektiven auch in die Länder zu tragen, die derzeit am massivsten von der unglaublichen Ungleichheit der Verteilung von Arm und Reich, von satt und hungrig, von hervorragender Ausbildung und Analphabetentum zu leiden hätten.

Die Taten vom 11.09. hätten gezeigt, was eine autokratische, einseitige, mit falscher Religiosität verbundene Indoktrination hin zu Intoleranz und Hass bewirken könne. Es müsse nun seitens alle freien Menschen dafür gekämpft werden, dass diese Taten nicht mit Angst und Panik, sondern mit Besonnenheit und dem starken Willen, seine eigene Freiheit niemals aufzugeben, beantwortet werden. Im Umgang mit ausländischen Mitbürgern mögen sich alle Menschen daran erinnern, dass unsere westliche, freie Welt, sich nicht über das definiert, was wir ausgrenzen, sondern über das, was wir willkommen heißen und hereinlassen.

Leider warte ich bis heute vergeblich auf diesen Politiker.

Gruß

Fritze

Hallo Fritze,

aus Deiner sehr umfangreichen Aufzählung habe ich nicht einen Punkt finden können, bei dem ich Dir nicht zustimmen könnte.

Solange keinem Politiker nachgewiesen werden kann, ausdrücklich Gegenteiliges anzustreben, sollte man den Politiker nicht unerstellen, dass sie das dennoch tun würden. Das untergräbt jeden verbindlichen Dialog, der eigentlich notwendig wäre.

Gruß
guvo

Hallo,

Nun, rechtlich ist es eben kein anderer Sachverhalt, sondern
die dahinter stehenden Prinzipien sind die selben.

Das ist natürlich ein komplett anderer Sachverhalt, auch wenn die „dahinter stehenden Prinzipien“ die selben sein sollten.

In beiden Fällen liegen Situationen vor, in denen die
Handelnden zunächst nur über die Grundsätze der
Notwehr/Nothilfe gerechtfertigt waren.

Genau da war das Gericht anderer Meinung.

Beides waren jedoch Abwägungen und in beiden
Fällen wäre im Nachhinhein auch ohne Gesetz keine Strafbarkeit
herausgekommen, es ging allein um die Frage, ob ein
gerechtfertigtes Verhalten auch normiert werden darf.

Über etwas anderes kann doch aber das Bundesverfassungsgericht auch gar nicht entscheiden. Dafür wäre dann allenfalls in einem konkreten Fall der Bundesgerichtshof zuständig, oder habe ich das was falsch verstanden?

Die Aussage der Verfassungsrichter war da auch eindeutig, auch
wenn es zunächst „nur“ um die Entscheidung über das
Luftsicherheitsgesetz ging:
Die “Abschussermächtigung” des
Verteidigungsministers verstoße gegen die Garantie der
Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes) und gegen das
Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1), weil unbeteiligte
Menschen als bloße Objekte behandelt und getötet würden. Nach
Ansicht der Richter ist es “schlechterdings
unvorstellbar”, auf gesetzlicher Grundlage unschuldige
Menschen in hilfloser Lage vorsätzlich zu töten.

Ja, aber es ist eine Meinung und keine gerichtliche
Entscheidung.

Wenn ich es richtig gelesen habe, ist das die Urteilsbegründung zur Entscheidung über das „Luftsicherheitsgesetz“. Mithin also eine gerichtliche Entscheidung.

Wenn der Gesetzgeber nun doch anders handelt,
missachtet er keinesfalls eine bindende Entscheidung des
BVerfG.

Das ist ja sehr bequem. Er sagt also: „Gut, unser Luftsicherheitsgesetz ist verfassungswidrig, also werfen wir es in die Tonne und handeln trotzdem genau so, wie darin beschrieben, weil das dann ein außergesetzlicher Notstand ist.“

Ich bin wohl nicht der einzige, der mit dieser Argumentation Schwierigkeiten hat.

Und wie gesagt. Man weiß nie, wie eine Entscheidung durch den
ganzen Senat am Ende ausfällt, und so gibt es auch aus diesem
Grund keine Pflicht des Gesetzgebers, auf Vorabmeinungen des
BVerfG zu hören.

Nochmal: Das war keine Vorabmeinung, sondern die finale Entscheidung des ersten Senats des Bundesverfassungsgerichtes vom 15.02.2006. Als Richter kannst Du das sicher erheblich schneller recherchieren, als ich den Link rausgoogeln kann.

Unabhängig von allem formaljuristischem Geplänkel würde ich mich erheblich wohler fühlen, wenn Herr Minister Jung möglichst bald zusammen mit seinem Kollegen Schäuble den Ruhestand antreten würde.

Vielleicht findet sich ja sogar ein Verteidigungsminister, der bereit ist, die Worte des Bundesverfassungsgericht ernst, die Bedenken zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend zu handeln.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,506…

Wie gesagt. Ob das politisch glücklich ist, darüber kann man
streiten. Ein Rechtsverstoß ist es noch immer nicht.

Ach so. Ich dachte immer, gegen so eine Armee in der Armee gäbe es seit dem 2. Weltkrieg ein Gesetz. Habe ich mich halt getäuscht.

Gruß

Fritze

Hallo

Das ist natürlich ein komplett anderer Sachverhalt, auch wenn
die „dahinter stehenden Prinzipien“ die selben sein sollten.

Ja, allein darum ging es mir.

Genau da war das Gericht anderer Meinung.

Nein, es hat sich mit der Frage der Notwehr gar nicht beschäftigt, weil das bei der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes überhaupt keine Rolle spielt. Insofern war es auch nicht anderer Meinung, es hat sich mit Notwehr gar nicht auseinander gesetzt.

Über etwas anderes kann doch aber das Bundesverfassungsgericht
auch gar nicht entscheiden. Dafür wäre dann allenfalls in
einem konkreten Fall der Bundesgerichtshof zuständig, oder
habe ich das was falsch verstanden?

Völlig richtig. Und das zeigt noch einmal, wie unterschiedlich beide Materien sind, worauf es mir ankam.

Wenn ich es richtig gelesen habe, ist das die
Urteilsbegründung zur Entscheidung über das
„Luftsicherheitsgesetz“. Mithin also eine gerichtliche
Entscheidung.

Hier war ich unklar. Ich bezog mich hierbei schon auf Deinen 2. Link, die Aussage von Papier gegenüber Schäuble zum neuen Gesetzesentwurf. Mit der Entscheidung hast Du natürlich Recht.

Das ist ja sehr bequem. Er sagt also: „Gut, unser
Luftsicherheitsgesetz ist verfassungswidrig, also werfen wir
es in die Tonne und handeln trotzdem genau so, wie darin
beschrieben, weil das dann ein außergesetzlicher Notstand
ist.“

An sich ja. Wie gesagt war das mit dem finalen Rettungsschuss jahrelang genau so und keinen hats gestört. Die Anordnung hat wie jeder weiß keinerlei Rechtskraft, so dass die Aussage letztlich witzlos ist. Über die moralische Seite einer derartigen politischen Aussage kann man natürlich bestimmter Ansicht sein.

Nochmal: Das war keine Vorabmeinung, sondern die finale
Entscheidung des ersten Senats des Bundesverfassungsgerichtes
vom 15.02.2006. Als Richter kannst Du das sicher erheblich
schneller recherchieren, als ich den Link rausgoogeln kann.

Wie gesagt, ich meine die Aussage von Papier, wo Du Schäubles Reaktion ebenfalls kritisiert hattest. Und hier sehe ich das halt anders, bzw. wie zuvor beschrieben.

Ach so. Ich dachte immer, gegen so eine Armee in der Armee
gäbe es seit dem 2. Weltkrieg ein Gesetz. Habe ich mich halt
getäuscht.

???

Gruß
Dea