Hallo
auch wenn es hier off topic ist, möchte ich mir die kleine
Anmerkung erlauben, dass es ein völlig anderer Sachverhalt
ist, ob ich einen einzlenen Täter, der im Begriff ist, z.B.
Geiseln zu erschießen, vorher durch den sog. „Rettungsschuss“
außer Gefecht setze, oder ob ich eine Verkehrsmaschine mit
einem Geiselnehmer zusammen mit allen Geiseln abschießen
lasse.
Nun, rechtlich ist es eben kein anderer Sachverhalt, sondern die dahinter stehenden Prinzipien sind die selben.
In beiden Fällen liegen Situationen vor, in denen die Handelnden zunächst nur über die Grundsätze der Notwehr/Nothilfe gerechtfertigt waren. Als dann die Frage aufkam, ob man diese Vorgehensweise auch gesetzlich normiern kann, kam das Problem auf, ob auch ein solches Gesetz, dass aufgrund des Prinzis der Einheit der Rechtsordnung bereits per se ein Rechtmäßiges Verhalten herstellt, verfassungsmäßig sei. Bei dem finalen Rettungsschuss war man jedenfalls überwiegend dieser Ansicht (eine BVerfG Enstscheidung hierzu gibt es noch nicht), bei dem Abschuss von Passagiermaschienen wird das anders gesehen. Beides waren jedoch Abwägungen und in beiden Fällen wäre im Nachhinhein auch ohne Gesetz keine Strafbarkeit herausgekommen, es ging allein um die Frage, ob ein gerechtfertigtes Verhalten auch normiert werden darf.
Das wäre vergleichbar, wenn man bei einer Geiselnahme gleich
das ganze Gebäude mit Entführern und Entführten sprengte sowie
beliebig viele Opfer in angrenzenden Gebäuden in Kauf nähme,
was man sicherlich niemals in Erwägung zöge.
Äh, nein, das wäre nicht vergleichbar, da der Abschuss der Passagiermaschiene dazu dient, Schaden von Dritten außerhalb der Entführer und Geiseln abzuwenden, während es in Deinem Beispiel keine Bedrohung weiterer Personen gibt.
Die Aussage der Verfassungsrichter war da auch eindeutig, auch
wenn es zunächst „nur“ um die Entscheidung über das
Luftsicherheitsgesetz ging:
Die “Abschussermächtigung” des
Verteidigungsministers verstoße gegen die Garantie der
Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes) und gegen das
Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1), weil unbeteiligte
Menschen als bloße Objekte behandelt und getötet würden. Nach
Ansicht der Richter ist es “schlechterdings
unvorstellbar”, auf gesetzlicher Grundlage unschuldige
Menschen in hilfloser Lage vorsätzlich zu töten.
Ja, aber es ist eine Meinung und keine gerichtliche Entscheidung. Wenn der Gesetzgeber nun doch anders handelt, missachtet er keinesfalls eine bindende Entscheidung des BVerfG.
Und wie gesagt. Man weiß nie, wie eine Entscheidung durch den ganzen Senat am Ende ausfällt, und so gibt es auch aus diesem Grund keine Pflicht des Gesetzgebers, auf Vorabmeinungen des BVerfG zu hören.
Nicht nur meiner Interpretation nach schließt das auch aus,
sich auf einen „übergesetzlichen Notstand“ zu berufen, da es
wie gesagt vollkommen unschuldige Menschen in hilfloser Lage
betrifft.
Und genau hier werden wieder zwei Aspekte unzulässig vermischt. Die Frage, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist, hat nichts damit zu tun, ob ein Mensch, der dennoch so handelt, hierfür strafrechtlich verurteilt wird oder sich auf Notwehr/Nothilfe beruhen kann. Man kann juristisch gerade nicht von dem einen auf das andere schließen, da es nunmal völlig verschiedene Rechtsmaterien mit völlig verschiedenen Grundlagen und Prüfungsinhalten sind.
Die Geschichte hatte ja noch ein viel pikanteres Element. Als
sich nämlich der „Verband der Jetpiloten“ mit der Empfehlung
an seine Piloten gewandt hatte, in einem solchen Fall den
Befehl zu verweigern, da kein Dritter die Verantwortung für
die verfassungsgemäße Ausführung übernehmen könne und daher
die Soldaten sich unabhängig davon, was ein Herr Jung vorher
im Fernsehen herausposaunt, vor Gericht verantworten müssten,
da hat der Herr Verteidigungsminister fröhlich erklärt, das
mache gar nichts, er habe eine Liste mit „befehlstreuen“
Soldaten, die seinem Befehl (und nicht etwa ihrem Eid auf die
Verfassung) ohne Wenn und Aber Folge leisten würden.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,506…
Wie gesagt. Ob das politisch glücklich ist, darüber kann man streiten. Ein Rechtsverstoß ist es noch immer nicht.
Gruß
Dea