‚Uhren‘ im Laufe der Geschichte - Tageseinteilung
Hallo Vincent,
der Bogen deiner Frage ist ziemlich weit gespannt, wirklich ausführlich wirst du dem nur mit entsprechender Literatur beikommen.
Grundsätzlich mal einige Gedanken zur Vorstellung und Handhabung der abstrakten Größe Zeit. Wie du richtig bemerkt hast, war im ländlichen Mittelalter für den einfachen Bauern eine exakte Zeitangabe unwichtig, da er eben von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang gearbeitet hat. Die Abgabe des Zehnts und desgleichen wurde lediglich tagesgenau vereinbart und der Bauer erschien entsprechend einfach am Morgen des Termins an der Burg seines Grafen. Nach dem selben Prinzip adressierte auch die zweite Gewalt neben der herrschaftlichen, die Kirche, ihre Aufrufe an das Volk: Die „Termine“ wurden durch das Glockenläuten verlautbart. Die Glocken riefen zur Kirche. Später gaben sie auch die Uhrzeit an; indem sie immer an den selben Zeiten läuteten wusste man die aktuelle Uhrzeit. Im Islam macht der Muezzin nichts anderes: Er ruft zum Gebet, in dem er den Zeitpunkt dafür angibt.
Im Spätmittelalter wurde durch mechanische Uhren versucht, den Tag in gleichmäßige Stunden zu teilen: Ziffernblätter von 1 bis 6 und Uhrenablauf von 6 Stunden, Glockenschlagwerke bis 6 Stunden, genannt „sonaria romania“ (= auf römische Art schlagen), in Italien waren sie bis ins 18. Jhdt gebräuchlich, und bereits im 14. Jhdt schlagen in England die Uhren im 12er Rhythmus (am und pm).
Daneben kannte man lange Zeit in den Städten eine unterschiedliche Stundenanzeige untertags: die sog. „große Uhrzeit“ von 8 bis 16 Stunden je nach Jahreszeit, und die sog. „ganze Uhr“ in Italien und Böhmen, die 24 Stunden anzeigte.
In den Städten des alten Roms wurden Termine durchaus stundengenau vergeben. Hier boten ua Ausrufer ihre Dienste an, die Uhrzeit anzugeben. Das Wort Kalender stammt übrigens auch vom römischen Verb calare = rufen, ausrufen. Diese Ausrufer haben sich selbst wiederum an Sonnen- und Wasseruhren orientiert. Sanduhren sind übrigens erst eine Erfindung des Mittelalters.
Die technischen Mittel zur Zeitmessung waren in der Antike noch recht rudimentär und nur eingeschränkt nutzbar. Es gab in der Antike zwei Arten Stunden zu berechnen. Der Tag selbst hatte bereits 24 Stunden. Astronomen unterteilten sie in 24 gleich lange Stunden (Äquinoctionalstunden). Im Alltagsleben wurde der lichte Tag von Sonnenaufgang bis –untergang und die Nacht in je 12 Stunden unterteilt (Temporalstunden). Somit waren die Stunden je nach Jahreszeit und geographischer Breite unterschiedlich lang, zB in Rom war längste Tagstunde 75 min nach heutiger Rechnung, die kürzeste 45 min.
Sonnenuhren basieren auf dem Schattenwurf eines Zeigers auf einer planen Uhrenfläche, auf der wiederum Linien aufgebracht sind: Die wichtigste ist die Äquinoctionallinie als Tag- und Nachtgleiche, an der der Schatten des Zeigers entlang wandert. Nur an diesem Tag der Tag- und Nachtgleiche waren die Stunden genau 60 min lang. Mit anderen Worten: An allen anderen Tagen des Jahres ging die Uhr falsch, bzw. ungenau. Der Bau einer Sonnenur ist recht simpel, es muss allerdings die geographische Breite des Ortes bekannt sein.
Der Nachteil dieser Uhren liegt aber auf der Hand: Sie funktionieren nur bei Sonnenlicht, also nicht in Räumen, in der Nacht, bei Bewölkung und waren nicht mobil verwendbar.
Bei Wasseruhren werden zwei Arten unterschieden, die Abflussuhr und die Einlaufuhr. Das Prinzip ist aber dasselbe: Dabei wird ein Gefäß mit Wasser gefüllt, das an seinem Boden einen Abfluss hat. Wird dieser geöffnet, strömt das Wasser aus dem Gefäß. Wichtig ist dabei der konstante Fluss des Wassers. Um den zu erreichen, muss der Wasserdruck möglichst immer gleich sein, damit sich die Fließgeschwindigkeit nicht ändert. Genau das passiert aber mit Fortgang des Leervorganges, wodurch dann die Genauigkeit leidet. Im Gefäß selbst ist eine Skala angebracht, wobei die Pegelmarken die jeweils vergangene Zeit angeben - deshalb ist der gleichmäßige Fluss des Wassers wichtig. Daher haben fortgeschrittenere Wasseruhren zu ihrem Gefäß eine Zuleitung, über die Wasser hineingeleitet wird.
Der Nachteil: Mit Wasseruhren kann man nicht die absolute Uhrzeit angeben, sondern nur eine relative, sprich wie viel Zeit ist seit einem Punkt x vergangen. Daher wurden solche Uhren zB bei Gericht verwendet, um die gleiche Redezeit für alle Parteien festzusetzen, beim Militär wurde mit ihnen die Dauer der Wachen gemessen. Die Redewendung „Die Zeit ist abgelaufen.“ stammt aus einer Zeit, als man sie noch mittels Wasseruhren gemessen hat. Und Caesar stellte übrigens durch eine Wasseruhr fest, dass in Britannien Nächte kürzer sind als auf dem Kontinent.
Einen kurzen Abriss über die Tageseinteilung im Laufe der Zeit kannst du auch im Grotefend (Standardwerk zur Kalenderberechnung) finden: http://www.manuscripta-mediaevalia.de/gaeste/grotefe… - - > System - - > Tageseintheilung
Freundliche Grüße, Jerry