Ein Wertzuwachs aufgrund einer Baugenehmigung ist denkbar. Die Kernfrage ist aber, was für eine Bebauungsmöglichkeit wurde bei der Verkehrswertermittlung angesetzt?
Ein Beispiel:
Ein 1.500 m² Grundstück ist mit einer 50er Jahre Villa I-geschossig bebaut und hat eine Wohnfläche von 200 m². Es gibt keinen Bebauungsplan und die Umgebung ist durch gleichartige Villengebäude geprägt. Der Gutachterausschuss veröffentlicht in dem Gebiet einen Bodenrichtwert von 500,- €/m² bei einer I-geschossigen Villenbebauung mit 1.500 m² großem Grundstück. Dann ist der Bodenwert mit 750.000,- € im Verkehrswert berücksichtigt. Die Villa muss kernsaniert werden und hat wegen eingesparter Abbruch und Neubaukosten noch einen untergeordneten marktgerechten Sachwert von 150.000,- €. Dann beträgt der Verkehrswert 900.000,- €.
Jetzt erteilt die Gemeinde eine Baugenehmigung für 3 II-geschossige Mehrfamilienhäuser mit ausgebauten Dachgeschossen, einer GFZ von 0,8 und insgesamt 1.000 m² Wohnfläche. In der Villenlage lassen sich teure Eigentumswohnungen vermarkten. Der Gutachterausschuss benennt in einem benachbarten Wohngebiet mit II-geschossigen Mehrfamilienhäusern, die in Eigentumswohnungen aufgeteilt sind einen Bodenrichtwert von 700,- €/m². Aufgrund der gefragteren Lage in Mitten von Villen ist ein Zuschlag von 10 % angemessen. Dann beträgt der Bodenwert wegen der außergewöhnlichen realisierbaren Bebauung 1,155 Mio. €. Für die aufstehende Villa müssen noch die Abbruchkosten abgezogen werden, dann liegt der Verkehrswert bei rd. 1,1 Mio. €. Der Verkehrswert ist wegen der Baugenehmigung um 200.000,- € bzw. 22 % gestiegen.
Alternative:
Die Villa steht in einem bereits durch II-geschossige Mehrfamilienhäuser geprägten Wohngebiet, für das auch ein Bebauungsplan eine GFZ von 0,8 bei durchschnittlich 500 m² je Wohnhaus ausweist. Im Gutachten hätte der Bodenwert im unbebauten Zustand ausgewiesen werden müssen, also mit dem Bodenrichtwert für Mehrfamilienhäuser von 700,- €/m². Die Baugenehmigung bestätigt jetzt nur das bereits im Bebauungsplan zugelassene. Der Verkehrswert steigt daher nicht wegen der Baugenehmigung. Höchstens marginal für eingesparte Genehmigungskosten von vielleicht 2.000,- €.
Anmerkung:
Es gibt nicht normierte Restwertverfahren, mit denen Projektentwickler rechnen. Dabei muss der Veräußerungserlös um den Gewinn und alle Entwicklungskosten reduziert werden. Der Rest bildet den maximalen Preis, den der Entwickler bereit ist für das Grundstück zu zahlen. Baugenehmigungen, die wesentlich höhere Ausnutzungsmöglichkeiten erlauben, können den Restwert zum Teil deutlich beeinflussen.
Schlussbemerkung:
Bei unterausgenbutzten Grundstücken, die mit alter Bausubstanz bebaut sind, rate ich potenziellen Auftraggebern häufig zumindest eine positive Bauvoranfrage einzuholen, auf deren Grundlage ich den Verkehrswert ermitteln kann. Denn nur aufgrund eines positiven Bescheids des Bauamts kann eine rechtssichere Entwicklungsmöglichkeit belegt werden, die als rechtssichere Grundlagen in die Wertermittlung einfließen können.
Viel Erfolg