Umbringen

Liebe ExpertInnen,

für das von den Synchronstudios eingeschleppte Töten war einmal Umbringen das gebräuchliche Wort. Ohne nun die beiden Formen werten zu wollen: Woher kommt eigentlich Umbringen? Ich bringe jemanden um - die Ecke oder was? Sollte das wirklich von „um die Ecke bringen“ herkommen, wie wurde dann vor dem Aufkommen dieser Umschreibung gesagt? Wer weiß was?

Danke für jede Antwort!

Guten Morgen,

also ich tippe eher auf eine Verkürzung von ‚ums Leben bringen‘. Macht Sinn, gelle? :wink:

Viele Grüße

T.

Guten Morgen, ihr beiden frühmorgendlichen Sprachjogger!

eher eine Verkürzung von ‚ums Leben bringen‘. Macht Sinn, gelle? :wink:

Aber ja doch! Man kann jemand auch „um sein Vermögen, um die Ehre, um den Verstand, um die Ruhe bringen“.
„Um die Ecke“ ist schon Jargon, der es aber in die belle etage geschafft hat.

Gruß Fritz

1 Like

hallo,

kann das „um die ecke bringen“ aus dem rotwelschen kommen? so wie leine ziehen, auf den strich gehen?

fragt und grüßt
burkhard

Liebe ExpertInnen,

für das von den Synchronstudios eingeschleppte Töten

Kannst du uns das mal genauer erklären?

  • André

hallo andre,

das drambeldier meint sicherlich diese furchtbaren sprachlichen gewohnheiten, die sich über die synchronsprecherei etabliert haben. eines dieser beispiele ist das beknackte „bist du ok?“, das eins zu eins aus dem englischen übersetzt wurde, aber normalerweise keiner sagen würde. mittlerweile sagen das vielleicht sogar schon leute, weil sie es über das fernsehen als deutsche sprache serviert bekommen.

in den filmen ist ganz oft von „töten“ die rede, wo der umgangssprachler „umbringen“ sagen würde. noch schlimmer wirds dann mit der vergangenheit, wenn leute sagen „ich tötete den und den…“. normalerweise würde man sagen: „ich habe den und den umgebracht…“

das meint, das das das drambeldier meinte,
burkhard

hallo, burkhard

wenn der Röhrich Recht hat nicht:

_Ecke

Es geht bunt über Eck: es geht wirr durcheinander, es geht unruhig und stürmisch zu; schon im 16. Jahrhundert bei Sebastian Franck (im ‚Weltbuch‘) belegt, dann im ‚Simplicissimus‘, auch bei den Schlesiern, z.B. bei W. Scherffer und M. Opitz. In der Chemnitzer ‚Rockenphilosophie‘ (6, 424, 1705-06) heißt es: »wenn die Gäste schon geschmissen (‚geschlagen‘) und es bunt über Eck gehet«. Noch bei Heinrich v. Kleist im ‚Zerbrochenen Krug‘ (3. Auftritt): »Es geht bunt alles über Ecke mir«.
Obersächsisch ist auch ein Adjektiv ‚überecke‘ = schief, zur Seite geneigt, bezeugt, daher die Redensart: Es ist mir überecke gegangen: die Sache ist mir schiefgegangen. Mecklenburgisch ‚He is’n lütt bäten oewer die Eck‘, er ist nicht ganz bei Verstand.
‚Über Eck bald weg‘ ð Schwiegermutter.
Um die Ecke sein (gehen): verschwinden, sterben. Die Redensart bringt ein höchst anschauliches Bild für ‚schnelles Hinwegsterben‘; lautlos verschwindet der um eine Straßenecke Biegende aus dem Gesichtskreis; obersächsisch bedeutet die Wendung außerdem: im Spiel verloren haben, bankrott sein. Ähnl. einen um die Ecke bringen: ihn still aus dem Weg räumen, heimlich töten. Mecklenburgisch ‚Dee ward ok bald üm de Eck zoddelt‘, er wird bald begraben.
An allen Ecken und Enden: überall, auch An allen Ecken und Kanten; Ich traue ihm nicht um die Ecke: ich traue ihm nur, solange ich ihn sehe. Um ein paar Ecken miteinander verwandt sein: weitläufig verwandt sein. Verbreitet ist die Redensart Der guckt um die Ecke: er schielt, auch: einen übers Eck ansehen: anschielen. Norddeutsch ‚He spelt um die Eck‘, er betrügt. Sich eckig lachen: sich einen Ast lachen; es ist zum eckig werden: es ist zum Verzweifeln. Rheinisch ist ‚en eckiger Kerl‘ ein unbeholfener Mensch.
Ecke stehen: als Prostituierte nach Kundschaft Ausschau halten. Die Wendung bezieht sich auch auf den arbeitsscheuen Mann, den Eckensteher, der an jeder Ecke stehen bleibt und schwätzt, so wie der berühmte Berliner ‚Eckensteher Nante‘, den A. Glaßbrenner in ‚Berlin, wie es ist und trinkt‘ die Worte singen läßt:

Det beste Leben hab ick doch,
Ick kann mir nich beklagen …

Um die große (kleine) Ecke gehen: zur Toilette gehen. Jem. in die Ecke stellen: ihn bestrafen; war früher in der Schule üblich, um einen Schüler zu beschämen. Jem. in die Ecke drängen: ihn in eine ausweglose Situation bringen. Die Redensart stammt ursprünglich aus der Fechtersprache.
[Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten: Ecke, S. 2. Digitale Bibliothek Band 42: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, S. 1381 (vgl. Röhrich-LdspR Bd. 2, S. 351) © Verlag Herder]_

Fritz

Hallo,
also die Tessa liegt schon richtig. Die ganz genaue Wortbedeutung:

umbringen (15. Jahrhundert) Frühneuhochdeutsch „umbebringen“ „um etwas bringen“. „Um etwas herum-an etwas vorbei bringen“ kann es heißen „es versäumen“, dann verallgemeinert zu „verlieren“. Die heutige Bedeutung vereifacht aus „ums Leben bringen“.

aus: KLUGE - Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache 24. Auflage

Damit auch gleich das mit der Ecke geklärt wird, jemanden um die Ecke bringen, heißt zwar jemanden ermorden, hat aber nichts mit der Straßenecke zu tun, sondern:
Vielmehr war die Ecke die Schneide einer Waffe, so wie noch im Grimmschen Deutschen Wörterbuch als erste Bedeutung dieses Wortes aufgeführt. (Auch bei KLUGE: aus dem germanischen *agjo „Schärfe, Kante“ und altindisch asri- „Ecke, Kante Schneide“ usw.) Jemanden um die Ecke bringen, heißt also wörtlich : Jemanden links und rechts von der Schneide einer Waffe bringen, oder brutaler: in zwei Stücke hauen.

aus: Lexikon der populären Sprachirrtümer

(* bedeutet rekonstruierte Form, ist so nicht mehr überliefert, ergibt sich aber bei genauer Betrachtung der Sprachentwicklung)

Ich freue mich, daß ich euch helfen konnte und sich mein Indogermanistik und Germanistik Studium doch noch für was lohnt.
Gruß Ramona

Liebe ExpertInnen,

für das von den Synchronstudios eingeschleppte Töten
war einmal Umbringen das gebräuchliche Wort. Ohne nun
die beiden Formen werten zu wollen: Woher kommt eigentlich
Umbringen? Ich bringe jemanden um - die Ecke oder was? Sollte
das wirklich von „um die Ecke bringen“ herkommen, wie wurde
dann vor dem Aufkommen dieser Umschreibung gesagt? Wer weiß
was?

Danke für jede Antwort!

für das von den Synchronstudios eingeschleppte Töten

Kannst du uns das mal genauer erklären?

Hi André,

Synchronsprecher sollen so sprechen, dass die Mundbewegungen der Schauspieler einigermaßen einleuchten. Das fängt an mit dem Zählen der sichtbaren Silben: „Ich bring dich um“ ist mit „I kill you“ nicht in Einklang zu bekommen; „Ich töte dich“ mit nur angedeutetem „-te“ sehr wohl. Diesen Zwängen verdanken wir dann so wundersame Wendungen wie „Ist das okay für dich?“, wo wir früher gefragt hätten „Ist dir das recht?“

Wo sind sie nur geblieben, die Sprecher von Tennisschläger und Kanonen? Das waren noch Leute mit Herz und Hirn - wenn ich mich recht entsinne, die „Berliner Synchron“ unter Wenzel Lüdecke.

Gruß Ralf

hallo drambeldier,

Wo sind sie nur geblieben, die Sprecher von Tennisschläger und
Kanonen? Das waren noch Leute mit Herz und Hirn - wenn ich
mich recht entsinne, die „Berliner Synchron“ unter Wenzel
Lüdecke.

oder die sprecher von „die zwei“ mit roger moore und tony curtis…

gestern hättest du wieder die krise gekriegt. da lief im zdf ein grottenschlechter amerikanischer krimi mit allen klischees, die man aus diesen filmen kennt. man konnte quasi selbst synchronisieren, weil man wusste, was kommt.

unter anderem war auch diese merkwürdige konstruktion zu hören:

„niemand nur x und y ist schuld“. mir kräuseln sich ja die fußnägel, wenn ich das höre. müsste doch eigentlich sind heißen oder stimmt hier was nicht mit meinem sprachverständnis? niemand ist schuld aber x und y sind schuld…

gekräuselte grüße
von
burkhard

danke, du quell des wissens! owT
.

sehr interessant! owT
.

Re: Umbringen - DWB der Brüder Grimm :wink:
Hallo drambeldier und alle andern!

Ihr vergesst leider immer wieder in das Wörterbuch der Brüder Grimm zu schauen:
http://germa83.uni-trier.de/DWB/welcome.htm
„online“ auschlagen, in die Suche das gefragte Wort eingeben… :wink:

Es ist auch in der Linkliste dieser Brettbeschreibung zu finden, „Grimm’sches Wörterbuch“.
Wenn ich allerdings von dort aus einsteigen möchte, bekomme ich die Meldung „Diese Seite kann nicht angezeigt werden“, obwohl die URL ident ist mit der aus meinen Favoriten, zumindest konnte ich keine äußerlichen Unterschiede erkennen.
??? Woran mag das liegen?
Wenn ich vor dem Abschicken den Probeklick auf den Link in meinem Posting mache, funktioniert’s auch.

Liebe Grüße!
Helene

Danke für den Hinweis!
Hallo Helene,

Wenn ich allerdings von dort aus einsteigen möchte, bekomme
ich die Meldung „Diese Seite kann nicht angezeigt werden“,
obwohl die URL ident ist mit der aus meinen Favoriten,

Eben nicht :smile: Das „http://“ war doppelt…hab’s jetzt korrigiert.

Danke und Gruß, Kubi

Hallo Kubi!

Eben nicht :smile: Das „http://“ war doppelt…

Ahaa! Und ich hab nur auf das nach dem „http…“ geschaut!

hab’s jetzt korrigiert.

Und jetzt funktioniert’s auch!
Ebenfalls „Danke!“

Helene

O bitte,
nicht Quell, nur Wasserleitung des Wissens!
FR

in den filmen ist ganz oft von „töten“ die rede, wo der…

hallo burkhard!
die Redensart „ganz oft, ganz viel,…“,diente doch ursprünglich nur bei Unterhaltungen mit Kindern im Kasperltheater(und das auch unnötigerweise). Leider ist dieses „gaaaanz“ schon fester Bestandteil in Gesprächen zwischen Erwachsenen und vor allem im TV zu hören.
Abgesehen davon, dass es sprachlich nicht korrekt ist, ist es auch dem Gesprächspartner gegenüber unhöflich, weil man ihn ja wie einen geistig
Minderbemittelten behandelt :smile:
Ich wollte eigentlich nur darauf hinweisen, wie leicht man selbst irgendeinen Unsinn übernimmt.
Es ist also nicht gegen dich persönlich gerichtet!
Gruß
Richard

hallo,

die Redensart „ganz oft, ganz viel,…“,diente doch
ursprünglich nur bei Unterhaltungen mit Kindern im
Kasperltheater(und das auch unnötigerweise).

das war mir gar nicht bewusst. ist ja interessant, denn ich war immer davon ausgegangen, dass das „ganz“ normaler und korrekter sprachgebrauch wäre…

vielen dank für den hinweis!
mit schlaueren grüßen
burkhard