So am Rande…
Nun sind das Werte, die mir persönlich sehr hoch gegriffen vorkommen. Und nun hätte ich einige Fragen:
- Wie ist/war das bei Euch?
Damals, vor X Jahren:
Ich habe in 4 Wochen etwa 120 Bewerbungen geschrieben.
Da war eine Menge „Massenproduktion“ bei, also Postanschrift rausgekramt, Daten ins Word-Standardformular eintragen, Mappe fertig machen, ab die Post.
Hat sogar recht gut funktioniert: Ich hatte in c.a. 20% der Fälle Vorstellungstermine.
Lustigerweise habe ich eine Stelle (mein Traumjob) dann da bekommen, wo ich mich gar nicht beworben habe: Im Gegenteil, ich wurde gefunden!
Verlangt das Arbeitsamt echt eine solche Massenproduktion?
Bei mir war’s die ARGE. Und der Typ kam aus dem Staunen nicht mehr raus, als ich ihm gezeigt habe, was ich so alles gemacht habe.
Der hat mir sogar gesagt „Sie wissen schon, dass es nur beschränkt Budget für Bewerbungen gibt?“
Und wie zum Geier finanziert man das, wenn man doch eh arbeitslos ist?
Ging so. Ich habe günstige Lochmappen vom Diskonter genommen - 10 Stück für eine Mark fuffzich, der Happen war das Porto.
Foto war eingescannt und auf den Lebenslauf mit Tinte gedruckt, so dass ich da auch gespart hatte. Wer immer da jetzt schreit „Bloß nicht“, erstens war das damals (als ein gut gesetzter, farbig gedrucker LL in sich schon was Besonderes war) und zweitens mußte ich mich nicht über die Erfolgsquote beklagen.
Klar, inzwischen geht das oft per Mail - aber doch nicht immer und überall…
Viele Unternehmen bieten jetzt auch die Online-Bewerbung. Die wird für den Bewerber zwar mehr Arbeit sein, aber spart dafür dem Personaler viel Zeit.
Wenn ich ein detailliertes OLB Formular ausfülle, kann das schon mal eine Stunde dauern - da werde ich mit Sicherheit nicht 20 pro Tag von fertig kriegen, aber dort ist Klasse besser als Masse.
- Wo findet man alle diese Jobs?
Ich habe mich deutschlandweit und international beworben, inklusive Nord/Südamerika, Asien und Australien. Die Welt ist groß genug, wenn man flexibel ist.
Um jetzt mal ein wenig off topic zu driften: Da ich im Contracting arbeite, sind aktuelle Ausschreibungen für uns immens wichtig. Zu diesem Zweck haben wir eine spezielle Software entwickelt, die uns jeden Tag c.a. 150k Ausschreibungen heranschafft und diese automatisch so weit runter bricht, dass etwa 150 Geeignete übrig bleiben - welche dann den manuellen Prozessen unterworfen werden. So finden wir immer wieder Dinge, die wir als Mensch nie gesucht hätten 
Also die Menge ist nicht das Problem, heutzutage ist die größere Schwierigkeit, der Datenflut des WWW Herr zu werden!
- Wie zum Geier macht man das überhaupt, solche Massen von Unterlagen zu produzieren? Bleibt da wirklich noch die Zeit, sorgfältig über die Firma zu recherchieren, anzurufen, Lebenslauf und Anschreiben anzupasen etc.?
Da beißen sich dann Klasse und Masse.
Als junger Absolvent habe ich einige Stellen hauptsächlich deswegen nicht bekommen, weil ich zum Vorstellungstermin nicht mehr vom Unternehmen wußte als die Anschrift, den Firmennamen und wenn ich nicht ganz verplant war auch den Ansprechpartner.
Heute führe ich selbst Einstellungsgespräche und solche Heinis nerven mich zu Tode. Kandidaten, die mir ein 08/15 Anschreiben servieren, aus dem ich herauslese, dass sie nicht mal wissen, wofür unser Unternehmen steht - haben keine Chance auf einen Termin.
Eine „gute Bewerbung“ erfordert m.E.n. in Zeiten des Internets viel mehr Zeit und Aufwand als früher: 3-4 Stunden gezielter Recherche pro Anzeige müssen sein, bevor man überhaupt an ein Anschreiben denkt. Und weil es ja mit der Kontaktaufnahme so leicht ist, ruft man vorher noch mal an, fragt freundlich ob die Stelle noch frei ist - ob irgend etwas Wichtiges nicht in der Anzeige stand, etc. etc. Das alles geht mit ins Anschreiben ein, und wir sind schnell bei einem vollen Personentag für eine einzige geschriebene Jobbewerbung.
Von daher halte ich 200+ Bewerbungen in 3 Monaten schon fast eher für ein Manko als für ein Gütemaß. Interessanter wären das Ratio von positiven Rückmeldungen pro geschriebener Bewerbung!
Gruß,
Michael