Hallo Jule,
Herzlichen Dank für Deine Antwort.
es ist nicht einfach - wenn nicht sogar unmöglich - Rosenberg
in einigen Sätzen zu erklären. Der Hinweis auf ihn -
einschließlich der Beispiele - kann deshalb immer nur eine
Anregung darstellen, sich näher mit ihm zu befassen, wenn man
die Idee grundsätzlich interessant findet.
Das ist klar. Ich erwarte keine Zusammenfassung seines Ansatzes, war - und bin - aber nach wie vor nicht ganz sicher, was ich vom hier geschilderten Beispiel halten soll. Grundsätzlich finde ich es ja ein schöner Gedanke, wenn man dem Gegenüber zu verstehen gibt, dass man sich für ihn interessiert und bestrebt ist, herauszufinden, wo das Problem liegt, es hängt aber viel davon ab, in welcher Weise ich das tue.
Ich behaupte, dass ich - je nach Situation natürlich - ein Recht darauf habe, zu wissen, wo jemand war. Würde jemand meiner Frage in dieser Art ausweichen, fände ich das äusserst unhöflich, gerade wenn so eine Aussage von meinem Sohn käme
Da wäre also zunächst mal das Bedürfnis nach Kontrolle
.
Genau darum, das herauszufinden, geht es bei Rosenberg.
Gesucht wird das Bedürfnis hinter deiner Frage. Die simple
Antwort „Ich war noch mit Kollegen weg“ würde dich wohl kaum
zufriedenstellen. Du würdest mit Sicherheit Näheres wissen
wollen - und worum es dir eigentlich geht, muss dein Gegenüber
rauskriegen, wenn das Gespräch befriedigend verlaufen soll.
Natürlich geht es hierbei um Kontrolle. Ich brauche aber keinen Rosenberg um das herauszufinden - und ja, ich bin vielleicht vermessen genug, mir tatsächlich einzubilden, ich wäre - je nach Situation - mit der Antwort „Ich war noch mit Kollegen weg“ tatsächlich zufrieden. Das Gespräch verläuft für mich dann befriedigend, wenn mich der andere in meiner Frage ernst nimmt und mir - einfach von Erwachsenem zu Erwachsenem - sagt, wo er gewesen ist.
Ob das ebenso der Fall beim Vater des OPs ist, sei dahingestellt. Ich kenne den Vater nicht und es ist durchaus möglich, dass dieser, wie Du bereits beschrieben hast, eine ganz bestimmtes Bedürfnis durch seine Fragen äussern will.
Meine Idee von einer konstruktiven Lösungsidee besteht darin, in meiner Frage ernst genommen zu werden.
Genau das tut Rosenberg: Er macht sich die Mühe rauszufinden,
was dem Gesprächspartner eigentlich wichtig ist, anstatt ihn
oberflächlich zu bedienen.
Dann kann eine Frage wie „Wo bist Du gewesen?“ niemals einfach nur bedeuten „Ich möchte wissen, wo Du Dich aufgehalten hast.“? Das glaube ich kaum. Ich bin überzeugt, dass ich manchmal tatsächlich nur an der „oberflächlichen“ Antwort interessiert bin und nicht hören will, dass ich jetzt Sicherheit brauche oder Kontrolle ausüben möchte. Das weiss ich selbst.
Erst dann möchte ich (vielleicht) mit meinem Sohn darüber diskutieren, weshalb ich wissen möchte, wo er gewesen ist.
Aber genau darum geht es doch: Du hast Gründe, warum du
fragst, wo dein Sohn gewesen ist. Sei es, dass du dir Sorgen
um ihn gemacht hast, sei es, dass du den Anspruch hast, immer
zu wissen, wo er sich aufhält (weil du dir Sorgen machst?),
sei es, dass es dich geärgert hat, dass ihm anderes
anscheinend wichtiger war als du.
Wäre ich der Vater im UP, dann könnte das tatsächlich der Fall sein, muss aber nicht.
Und du wirst solange keine Ruhe geben und nachhaken, bis dein
Sohn verstanden hat, was dir eigentlich wichtig ist. Es ist
eine Illusion zu glauben, dir würde eine einfache Antwort
reichen.
Das halte ich für eine sehr gewagte Vermutung. Wiederum: das kann sehr gut auf den Vater des Posters zutreffen, muss aber nicht. So, wie Du das formulierst, klingt es, als ob jeder, der jemals die Frage „Wo bist Du gewesen?“ gestellt hat, tatsächlich niemals an einer eigentlichen Beantwortung interessiert gewesen wäre und das ist es, was mir daran nicht gefällt.
Liebe Grüsse,
Semiramis