Servus Falke,
auch für die Betriebe in Umstellung gelten nachprüfbare Vorschriften - diese allerdings eher durch die einzelnen Anbauverbände als durch das Gesetz vorgegeben.
Tatsächlich kann man damit allerlei seltsame Dinge treiben. Das war schon vor fünfundzwanzig Jahren so, als „Bio“ noch ausgesprochene Nischenprodukte waren, und ist heute umso mehr gegeben, als bei Alnatura und Konsorten die Lebensmittel nicht nur „Bio“, sondern auch billich und saisonunabhängig sein müssen.
„Bio“ nach geltendem Recht kann einiges einschließen, was den oft viel strengeren Richtlinien eines Verbandes nicht entspricht. Mit die striktesten Regeln (ich sage damit nichts über deren Plausibilität und/oder Sinn) gelten z.B. bei Demeter, auch das ANOG-Regelwerk ist nicht harmlos. Beispiel: Wer Äpfel ohne mineralische Düngung und mit eingeschränkten Pflanzenschutzmaßnahmen produziert, aber mit Gülle aus seinem konventionell bewirtschafteten Mastbetrieb düngt, darf diese in vollständigem Einklang mit geltendem Recht „Bio“ nennen, aber solange die Gülle aus einem konventionellen Betrieb stammt, können die Äpfel selbst bei strikter Einhaltung der Pflanzenschutzregeln von Demeter nicht als Demeter-Ware, sondern bloß als Ware aus Umstellung bezeichnet werden.
Dieses Beispiel ist nicht willkürlich gegriffen, sondern es bezieht sich auf das wesentliche Problem, das praktisch jeder Betrieb hat, der Kulturen mit hohem N-Bedarf als „Bio“ produzieren will: Er braucht irgendwoher eine N-Quelle. Dieses ist z.B. bei den andalusischen Erzeugern unverändert Schweinegülle aus den Intensivhaltungen der Mesetas, die schichtweise in den Sand des Küstenstreifens einplaniert wird, bevor die Invanaderos aus PVC oder im besten Fall PET draufkommen. Der Februar-Paprika, der dabei rauskommt, ist durchaus „Bio“, wenn man auf bestimmte Fungizide und Insektizide verzichtet. Daß jede Saison einmal, wenn die Folien der Invanaderos zusammengeschoben und verbrannt werden, von den Verbrennungsprodukten wieder einige Hektar Wald oder Macchia krepieren, ist durchaus im Rahmen des Erlaubten. Bloß unverbesserliche Ökos, die auf Produktionsverfahren Wert legen, die in einem sinnvollen Zusammenhang mit der jeweiligen Umgebung stehen, stören sich daran. Die kümmern sich aber bloß bedingt um die gesetzlichen Vorgaben, sondern um die Anbaurichtlinien des Verbandes ihres Vertrauens.
Darauf noch ein Viertel Roten, nicht „Ecovin“, aber nach meiner persönlichen Definition mehr „öko“ als manches „Bio“-Produkt in dieser Kante: Weg von den Monokulturen des Rhônetals, in billigen leichten Flaschen abgefüllt, damit auf dem Transport weniger Diesel verbraten wird, und damit diese per Einweg verwendet werden können, so dass man fast ohne Schwefel und ganz ohne Detergenzien und Desinfektionsmittel auskommt. In den Reihen häufig und oberflächlich maschinengehackt, nicht abgeflämmt (auch das darf „Bio“). Und sparsam mit vernünftigen systemischen Fungiziden behandelt, nicht mit den Fluten von Kupfer- und Schwefelpräparaten, die über „Bio“-Weinberge niedergehen.
Schöne Grüße
MM