Unbefriedigende Rechtslage bei Bedarfsgemeinschaft

Hallo,

mein Wissensstand zu diesem Thema ist wie folgt:

Jemand beantragt ALG2. Dieser Jemand lebt mit einem anderen zusammen, sodass diese beiden nach der Vorstellung der Gesetzgeber eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Nun wird erwartet, dass der Partner nach seinen Möglichkeiten den Jemand unterstützt, und dementsprechend fällt die Höhe des ALG2 aus.
Der Partner will nicht zahlen und weigert sich. Jemand beantragt Prozesskostenhilfe, um Unterhalt vom Partner einzuklagen. Diese wird wegen Aussichtlosigkeit nicht gewährt, worauf Jemand den vollen Satz wie bei Alleinstehenden bezieht.

Zusammengefasst: Das Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft hat vor deutschen Gerichten keinen Bestand und kann nicht durchgesetzt werden.

Ich finde diese Rechtslage zutiefst unbefriedigend. Nur noch die Dummen und die Ehrlichen zahlen für ihre Lebenspartner.

Bin ich falsch informiert?

Gibt es irgendwelche Pläne, an dieser Lage etwas zu ändern?

Bin ich der Propaganda aus linken Reihen aufgesessen, und es ist gar kein Einzelfall, dass Behörden fortlaufende Rechtsprechung ignorieren?

Wie könnte eine neue Regelung eurer Meinung nach aussehen?

Vielen Dank für Antwort

Grüsse

Jörg

Ich finde diese Rechtslage zutiefst unbefriedigend. Nur noch
die Dummen und die Ehrlichen zahlen für ihre Lebenspartner.

Bin ich falsch informiert?

Gibt es irgendwelche Pläne, an dieser Lage etwas zu ändern?

Bin ich der Propaganda aus linken Reihen aufgesessen, und es
ist gar kein Einzelfall, dass Behörden fortlaufende
Rechtsprechung ignorieren?

Sowohl als auch.
Zur beschriebenen Konstellation nur soviel: Die Behörden dürfen bei Vorliegen diverser Gegebenheiten davon ausgehen, dass eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt.
Es steht jedoch jedem frei diese Vermutung zu widerlegen. Notfalls eben auf oben beschriebene Art und Weise.

Wie könnte eine neue Regelung eurer Meinung nach aussehen?

Abschaffung aller Sozialleistungen und Einführung einer bedarfsunabhängigen Grundsicherung (mal als Radikalreformvorschlag)

Gruß

Hallo Buffo,

Sowohl als auch.
Zur beschriebenen Konstellation nur soviel: Die Behörden
dürfen bei Vorliegen diverser Gegebenheiten davon ausgehen,
dass eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt.
Es steht jedoch jedem frei diese Vermutung zu widerlegen.
Notfalls eben auf oben beschriebene Art und Weise.

Das sehe ich anders. Für mich ist das nicht ein Beweis, dass keine Bedarfsgemeinschaft vorliegt. Die Gerichte sehen keine Rechtsgrundlage, die den Partner zum Unterhalt für Jemand verpflichtet. Auch wenn sie dem Sinn nach eine Bedarfsgemeinschaft bilden, kann diese Regelung nicht durchgesetzt werden.
Das Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft soll Partner zum Unterhalt verpflichten, ohne dass dies gesetzlich festgelegt wäre. Für mich ist das ein schwerwiegender Fehler im System.

Wie könnte eine neue Regelung eurer Meinung nach aussehen?

Abschaffung aller Sozialleistungen und Einführung einer
bedarfsunabhängigen Grundsicherung (mal als
Radikalreformvorschlag)

Ein interessantes Konzept, das hier aber schon desöfteren diskutiert wurde. Meine Frage zielte auf diesen speziellen Punkt ab.

Grüsse

Jörg

Hallo,

Das sehe ich anders. Für mich ist das nicht ein Beweis, dass
keine Bedarfsgemeinschaft vorliegt.

Für mich auch nicht. Aber man muss es (meiner Meinung nach) auch nicht beweisen, sondern lediglich eine Vermutung widerlegen.

Die Gerichte sehen keine Rechtsgrundlage, die den Partner zum Unterhalt für Jemand verpflichtet. Auch wenn sie dem Sinn nach eine

Bedarfsgemeinschaft bilden, kann diese Regelung nicht durchgesetzt werden. Das Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft soll Partner zum
Unterhalt verpflichten, ohne dass dies gesetzlich festgelegt wäre. Für mich ist das ein schwerwiegender Fehler im System.
Ja und nein.

Ein interessantes Konzept, das hier aber schon desöfteren
diskutiert wurde. Meine Frage zielte auf diesen speziellen Punkt ab.

Wahrscheinlich gibt es keine rechtstaatlich umsetzbare Lösung für das Problem, dass man nicht zum Unterhalt verpflichtete zum Unterhalt verpflichten will. Das ist so klar, dass man sich schon fragt, wie man überhaupt auf die Idee kam.
Irgendwie müßte der Gesetzgeber dann tatsächlich festlegen können, dass auch nicht verwandte zum Unterhalt verpflichtet werden. Eine gerichtsfeste Trennung wäre aber nicht möglich. Ab wann sollte denn dann eine solche Unterhaltspflicht gelten (ab dem ersten Anflirten, dem ersten … oder ersten dem zweiten, dritten…)? Wie sollen reine Wohngemeinschaften das nachweisen? In unserem Rechtssystem muss man in den seltensten Fällen seine unschuld beweisen. Aus diesem grund hat man wohl auch auf das Konstrukt Vermutung zurückgegriffen. Diese braucht man eben nur zu widerlegen. Die Widerlegung ist auch nicht die Ablehnung der Prozesskostenhilfe. Vielmehr ist der Umstand, dass man sich den Unterhaltsanspruch gerichtlich erstreiten möchte, die Widerlegung, das eine Einstandsgemeinschaft vorliegt.

Also praktischer umsetzbar halte ich da schon einen individuellen Sozialhilfeanspruch. Ob dies nun gleich eine bedarfsunabhängige Grundsicherung ist oder irgendwie anders gelöst wird, sei natürlich zur Diskussion freigestellt.
Die jetzige Regelung zeigt jedoch nur, dass sich da irgendwelche lebensfremden Beamten irgendwie etwas ausgedacht haben, ohne dies auf Praktikabilität hin zu untersuchen. Vielmehr werden alle Bewohner einer Wohngemeinschaft unter Generalverdacht gestellt. Und das kann es ja wohl kaum sein.
Eine Wohngemeinschaft senkt schließlich schon die Unterkunftskosten und damit den gesamten Sozialhilfeanspruch. Eigentlich sollte sowas ja gefördert werden.

Wir leben allerdings in einem Staat der meint, alles irgendwie Regeln zu müssen. Bei den zwischenmenschlichen Beziehungen stößt dies aber an rechtliche und moralische Grenzen.

Vielleicht liegts aber auch nur an den hochqualifizierten Sachbearbeitern vor Ort, die alles erstmal als Bedarfsgemeinschaft qualifizieren. Na gut, die können ja auch nichts dafür.

Gruß

Wir sind einer Meinung und ich habe dazu gelernt.

Danke