Und täglich grüßt das Murmeltier - oder: der kleine Begrüßungs-Knigge

Vielleicht denkt jetzt die/der eine oder andere von Euch: Ach, welch ein profanes Thema! Schließlich grüßt man sich tagtäglich. Trotzdem lauern auch hier zahlreiche überaus tückische Fettnäpfe.

Um keinen Fauxpas zu landen, genügt es, sich drei Regeln zu merken

‚Alter vor Schönheit‘
‚Ladies first‘ und
‚Der Cheffe zuerst‘.

Einfach oder? Aber hier fangen die Probleme erst an. Was, wenn der Chef jünger ist als die Sekretärin? Oder wenn ein Herr in - na sagen wir mal: fast schon biblischem Alter angeregt mit einer Zwanzigjährigen plaudert? Und so weiter, und so weiter…

Private Treffen

Bei privaten Treffen gelten Ladies first und Alter vor Schönheit : zunächst werden die Damen, dann die Herren begrüßt. Mit welcher Dame man anfängt, ist ziemlich unerheblich, so lange keine Generationen dazwischen liegen (der relevante - also sichtbare - Altersunterschied wird heutzutage bei ungefähr 25-30 Jahren angesetzt; ab dann wird die Ältere zuerst begrüßt). Auch die Zwanzigjährige wird vor dem älteren Herrn begrüßt. Freilich gibt es ältere Herren, die so etwas als unziemlich empfinden, ein halb scherzhaftes ‚Die Dame zuerst…‘ wirkt aber meistens Wunder.

Regeln wären natürlich keine Regeln, wenn es keine Ausnahmen geben würde: Jubilare, Geburtstagskinder, etc., werden unabhängig vom Geschlecht als erste begrüßt. Da muß sich sogar die älteste Dame im Raum ein wenig in Geduld üben.

Geschäftliche Treffen

Ganz anders sieht es bei geschäftlichen Treffen aus; hier richtet sich die Begrüßungsreihenfolge nach der Hierarchie, ergo: ‚Der Chef/die Chefin zuerst‘ , dann die/der AbteilungsleiterIn, dann die/der AssistentIn, dann die/der SekretärIn. Jawohl, auch Sekretärinnen werden heute begrüßt, wenn sie bei dem Termin anwesend sind. Die Zeiten, als die Mädels - grauen Mäusen gleich - an Besprechungen lediglich als mobile Texterkennungssysteme teilnahmen, sind längst vorbei.

Wenn mehrere Personen, die rangmäßig auf dem gleichen Level stehen, anwesend sind (Beispiel: Konferenz der Abteilungsleiter): gilt auch hier Ladies first.

Und auch im geschäftlichen Bereich gibt es eine Ausnahme nach dem Motto Alter vor Schönheit , wenn auch nur bei nicht- bzw. halb-offiziellen Anläßen: die Sekretärin, die seit 40 Jahren an ihrem Scheibtisch sitzt und inzwischen mehrere Geschäftsführer überlebt hat, kann schon mal vor ihrem Vorgesetzten begrüßt werden. Gleiches gilt natürlich auch für andere Mitarbeiter, die praktisch zum Inventar der Firma gehören.

Aufstehen oder Sitzenbleiben?

Die Zeiten während die Damen während der Begrüßung matronenhaft sitzenblieben und den Herren gnädig die Hand zum Kuße reichten, sind inzwischen - wenn Ihr mich fragt: Gott sei Dank - Geschichte… Heutzutage darf frau während der Begrüßung nur bei superfestlichen Anlässen (Galas, Empfänge, etc.) die Sitzgelegenheit wärmen.

Also Mädels: hoch mit den Hintern! *g* Sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich gehen Mann und Frau bei der Begrüßung aufeinander zu (sofern sie z. B. am Schreibtisch sitzt); im Restaurant oder wenn es platztechnisch eng ist und frau kein fröhliches Stühlerücken veranstalten will, reicht auch ein angedeutetes Aufstehen für die Dauer des Händedrucks.

Reich mir Deine Hand…

Ein Händedruck gehört zu einer Begrüßung in unseren Landen dazu… Die wenigsten von uns haben allerdings gerne einen toten Fisch in der Hand bzw. einen Schraubstock um dieselbige. Laßt es bei einem kurzen, kräftemäßig wohldosierter Händedruck bewenden. Minutenlange Handschüttelei ist ebenso fehl am Platz wie die - manchmal durchaus angebrachte - Bitte ‚Könnte ich bitte meine Hand wieder haben?‘ oder ein schmerzhaft verzerrtes Gesicht bei einem zu festem Händedruck (Männer, denkt daran, wir Frauen tragen manchmal mehrere Ringe, das tut wirklich weh!).

Ungenehm sind auch schwitzende Hände, vor allem, weil es als Zeichen von Unsicherheit gewertet wird… Wer zu einem solchen Problem neigt, muß nicht unbedingt gleich zur Botulinum-Spritze *** greifen. Meistens reicht es schon, sich vorher mit kaltem Wasser die Hände zu waschen und mit einem - für die Herren: duftneutralen - Körperpuder, einzustäuben. Inzwischen gibt es auf dem Markt solche Puder auch in Spray-Form, so daß man(n) nicht in einer Puderwolke steht, wenn man sich dämlich anstellt. *g*

Handkuß… OK, in Deutschland nicht gerade Usus, dennoch sieht man den Handkuß ab und zu bei offiziellen Anlässen. Ich bin mit dem Handkuß aufgewachsen - in Polen ist es auch noch im 21. Jahrhundert (wenn auch nicht im Geschäftsleben) üblich - deswegen kann ich Euch sagen, daß es bei der Begrüßung kaum etwas Ekelhafteres gibt, als einen dahingeschmatzten (sic!) Handkuß. Wie sieht nun ein perfekter Handkuß aus? Ganz einfach: die Dame reicht dem Herrn das wohlmanikürte Pfötchen, der Herr neigt sich etwas vor (auf gar keinen Fall aufrecht stehenbleiben und das gereichte Pfötchen bis unter die Nase zerren!) und deutet den Handkuß an. Die Lippen dürfen mit der Hand nicht in Berührung kommen.

Manchmal steckt ein Pfötchen auch in einem Handschuh… Nun… Wenn frau nicht gerade oberarmlange Ballhandschuhe trägt: der rechte Handschuh wird für die Begrüßung kurzfristig entfernt.

Wer mit einem fiesen Schnupfen kämpft und ständig am Taschentuch herumfingert, sollte von Handschütteln - sofern er sich nicht gerade die Hände waschen kann - Abstand nehmen. Die Erklärung ‚Ich würde Ihnen gerne die Hand geben, allerdings habe ich gerade eine fürchterliche Erkältung…‘ ist völlig OK. Natürlich sollte man dann wirklich einen ekligen Schnupfen haben… *g*

Ein Blick sagt mehr als tausend Worte…

Unabhängig vom Breitengrad gehört zur Begrüßung auch ein kurzer Blick in die Augen während des Shakehands. Ein erprobter Tip aus der PR-Praxis: wer Probleme damit hat, jemandem direkt in die Augen zu schauen, konzentriert sich einfach auf die Nasenwurzel (bloß nicht auf die Nasenspitze schauen, da fangt Ihr höchstens zu schielen an).

Uuuuuund Herrschaften: runter mit der Sonnenbrille während der Begrüßung! Danach könnt Ihr sie ja mit dem Hinweis auf die blendende Sonne wieder aufsetzen…

*** Hintergrund-Info zur Botulinum
Wer schon einmal eine ausgebeulte Konservendose in der Hand hatte, hatte - wenn auch indirekt - die Bazille Clostridium botulinum in der Hand. Das Botulinum-Toxin ist ein hochwirksames Nervengift (1 Gramm davon kann ca. 1 Mio. Menschen umbringen, deswegen ist es auch für die Produktion von biologischen Waffen interessant). In einer extrem starken Verdünnung wird es allerdings auch in der kosmetischen Chirurgie (Faltenunterspritzung), in der Migräne-Therapie und schließlich in der Hyperhidrose-Therapie eingesetzt. Sinn der ganzen Geschichte ist, die Nervenleitungen der Schweißdrüsen zu blockieren und so die Schweißproduktion zu verhindern. An Händen und Fußsohlen ist eine solche Behandlung ziemlich schmerzhaft, weil man kaum mit weniger als 40 Stichen auskommt und eine Lokalanästhesie nicht möglich ist. Ausführliche Infos gibt es unter http://www.hyper-hidrose.de.