Hallo Ostlandreiter.
Gab es früher wirklich die Universalgelehrten, die sich
zugleich mit „Philosophie, Juristerei und Medizin und
Theologie“ und noch anderen Wissenschaften befaßten?
Wenn ja, wann ging dies zuende und aus welchen Gründen?
Welche Leute waren das? Ich gehe davon aus, daß sie genug Geld
hatten,um ihr ganzes Leben nur lernen zu können. Ansonsten
gibt es ja nur zwei Erklärungen: Entweder die Gelehrten damals
waren um ein Vielfaches schlauer als die heutigen
Wissenschaftler oder das Niveau in den einzelnen Bereichen war
vergleichsweise niedrig.
Was Goethe anspricht, war selbst damals, zu seiner Studentenzeit ein alter Hut. Das heißt, er spricht im Faust von einer vergangenen Zeit des Mittelalters.
Geschichte der Universitäten in kürzester Form:
ungefähr ab 1200 entstanden überall in Europa kirchlich geleitete Wissenszentren, an denen zuerst nur künftige Geistliche und erst in zweiter Linie die Söhne des Adels die klassischen drei Künste lernen konnten: Theologie, Philosophie, Jura. Mehr gab es nicht, mehr war von der Kirche nicht erlaubt. Gegen 1500 kam noch Medizin dazu, das war dann das sogenannte Quadrivium.
Der Wissensstand war um 1500 einesteils so niedrig, oder sagen wir lieber so wenig umfangreich, dass junge Männer das gesamte Studium generale(quadrivium) innerhalb von sagen wir 3-4 Jahren absolvieren konnten. Man begann sein Studium damals übrigens zwischen dem 12. und 15. Lebensjahr und war mit 16-20 fertig.
Dazu kommt aber noch, dass die Kirche jahrhundertelang im Namen des reines Glaubens Fortschritt behinderte oder sogar blockierte. Denk an Galilei und Giordano Bruno, was den Fortschritt der Wissenschaft angeht. Denk an Calvin und Luther, was abweichende Interpretationen der christlichen Lehre angeht.
Noch etwas Grundsätzliches zum damaligen Studium:
einige Dinge, die Studenten heute zum Teil für ihr Studium erst lernen müssen, wurden als Wissensstand vorausgestzt. Latein zum Beispiel, es war bis ins 18. Jg. hinein die Sprache, die Klerus und Gelehrte von gemeinen Volk trennte.
Und was das von Dir vermutete lebenslange Lernen angeht: wirkliche Gelehrte wurden tatsächlich nur die, die danach als Geistliche in Klöstern forschen konnten, zum Teil unter Lebensgefahr, oder als Regierende ihres Landes Muße fanden.
Und nicht vergessen: Frauen waren bis ins 20. Jahrhundert von Universitäten ausgeschlossen. Einige Ausnahme(Vorzeige)Damen lernen privat mit Vätern, Ehemännern, Brüdern und durften extrern die Prüfungen machen, nur zu ihrem eigenen Vergnügen. Es gibt auch in jedem Jahrhundert mindestens eine Doctora. Doch diese Geschöpfe wurden als sonderbare Ausnahmen der Natur betrachtet.
Bücher zum Thema Geschichte der Wissenschaft gibt es so viele, dass ich Dir hier keines besoners anempfehle.
viele Grüße
geli