Unreine Berufe

Hallo zusammen.

Folgende Frage:

Das Berufe wie Abdecker und Scharfrichter früher als „Unrein“ galten, ist ja nachvollziehbar.

Aber wieso zählten auch der Müller, der Türmer und der Büttel dazu?

Danke im Vorraus.

Selbst Hebammen zählten dazu. :smile:
Bei den Türmern oder Bütteln kann ich Dir auch nichts genaues sagen.
Müller zählten deswegen dazu, weil sie etwas taten was, von den Menschen damals nicht völlig verstanden wurde. Klar, das Prinzip, daß das Korn zerrieben und damit zu Mehl wurde, kannte jeder.
Das Problem war: Das Mehl später war leichter und hatte ein geringeres Volumen als das Korn vorher. Die Hülsen und Spelzen wurden ja entfernt. Weiter durfte ein Müller einen Teil des Kornes für sich behalten. So wurde der für seine Dienste bezahlt. Das war ganz regulär und offiziell so. Nur war eben keiner dabei, wenn der Müller seinen Anteil abgemessen hat, so konnte auch keiner Kontrollieren, ob der Müller nicht evtl zu viel weggenommen hat. Gerade durch den schon durch den Mahlvorgang vorhandenen Schwund war das für das gemeine Volk nicht nachprüfbar wieviel Korn der Müller für sich behalten hatte.
Dazu kamen Gesellschaftliche Zwänge. Die Mühlen standen meißt abseits der Orte, was für viele damals schon anrüchig war. Gerade Müller die eine Windmühle hatten, arbeiteten oft Nachts. Der Müller musste den guten Wind ausnutzen egal wann der blies. Wer aber Nachts arbeitete war immer irgendwie verdächtig oder mit dem Teufel im Bunde.
Alles das war für die Menschen damals Grund genug, den Müller als recht verdächtig anzusehen.

Büttel und Türmer
Hallo Bosnier,

die Vorläufer der neuzeitlichen Büttel (im Sinn von Gerichtsdiener, -bote) waren die Fronboten, die z.B. auf Beachtung der Gesetze achteten oder ausstehende Schulden eintrieben.
Außerdem war er manchmal auch „Hurenwächter“ – nicht sonderlich ehrbar, nicht wahr :wink:

Ein Fronbote (vrone bode, bodel, budellus, büttel, praeco usw.) war im Mittelalter zunächst der Vollstreckungsbeamte eines Grafen, dann allgemein der Gerichtsdiener (Büttel, Waibel), der zudem mit Verwaltungsaufgaben betraut war, u. a. mit dem Einziehen von Steuern. In einer Reihe von Städten findet man den Fronboten auch als Richter in Bagatellsachen; mitunter beaufsichtigte er - im Rahmen der „Guten Policey“ - die städtischen Dirnen („Hurenvogt“; „horenvaget“).
http://de.wikipedia.org/wiki/Fronbote

Im nächsten Text steht, dass er ein „geachteter freier Mann“ gewesen sei; das trifft wohl nur auf die Sicht „von oben nach unten“ zu.
Denn wer Leibesstrafen vollziehen darf, ist beim gemeinen Volk sicher nicht viel besser geachtet als ein Scharfrichter.

_ Fronbote (mhd. vron, vrone, vronebote, vribote = Amts-, Gerichtsbote, Vollstreckungsbeamter, im Stadtrecht ®Büttel; mlat. praeco).
Der Fronbote war ein vom Richter auf Lebenszeit eingesetzter, geachteter freier Mann; unter Eideshelfern zählte er für Zwei, er war durch doppelte Buße und doppeltes Wergeld geschützt. Ohne ihn galt ein Gericht als nicht ordentlich besetzt. Ihm oblagen neben Ankündigung von Gerichtsversammlungen und Ladung der Parteien auch Urteilsvollstreckungen wie Beschlagnahmung, Pfändung und Gefangennahme, gelegentlich auch die Vollstreckung von Leibes- und Lebensstrafen. Nachlässigkeiten, Versäumnisse oder Amtsmissbrauch seitens des Fronboten wurden an Leib und Gut bestraft._ "
http://u01151612502.user.hosting-agency.de/malexwiki…

Und wer mag denn heutzutage Gerichtsvollzieher, Geldeintreiber?

Zur Ehrlosigkeit der Türmer habe ich nur Vermutungen gefunden.

Der Türmer (Turmhüter), dessen Aufgabe darin bestand, auf den höchsten Gebäuden der Stadt nach Gefahren Ausschau zu halten, war wohl eher wegen seiner Einsamkeit verstoßen. Denn seine eigentliche Aufgabe, die Menschen der Stadt bei Gefahr zu warnen, sollte ja eigentlich als ehrhaft gelten. Aber oft wohnte der Türmer auch in dem gleichen Turm, von dem aus er Wache hielt und hatte so kaum Kontakt zu anderen Berufstätigen."
http://www.deutschland-im-mittelalter.de/berufe.php

Nebenbei erlernte die Türmer auch mehrere Musikinstrumente und deshalb beherrschten sie auch Instrumente wie Horn, Posaune, Trompete, Flöte, Violine oder Oboe. Auf den Festen konnte sich der Türmer den mageren Lohn aufbessern.
http://msdarlin.blog.de/2011/03/07/title-10771417/
Das würde ihn in die Nähe von Spielleute rücken, die ebenfalls kein Ansehen besaßen.

Oder auch in die Nähe der Hausierer:

Er [der Türmer] und seine Nachfolger mussten übrigens noch bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Teil ihres Einkommens zu Weihnachten mit einer Büchse bei den Gemeindemitgliedern erbitten.
http://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%BCrmer

Noch was zu den Müllern, bzw. eher zu deren Frauen und Töchtern.
Ich habe irgendwo und irgendwann gelesen, dass die Damen aus der Mühle als leicht zu jagendes Freiwild galten, und dass es dazu reichlich Belege in der galanten Literatur gibt; „Die schöne Müllerin“ fällt mir nur noch als Beispiel ein.
http://de.wikipedia.org/wiki/Die_sch%C3%B6ne_M%C3%BC…
Das mag zum schlechten Ruf der Müller auch beigetragen haben

Mehr ehrlose Berufe findest Du hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Unehrlicher_Beruf

Grüße
Pit

Guten Morgen,

noch zur Ergänzung: Berufe wie Büttel, Türmer usw. wurden oft von unehelich geborenen ergriffen, die keine Chance hatten, in die Zünfte oder Kaufmannsgilden aufgenommen zu werden. Diese Leute hatten wegen ihres „Geburtsfehlers“ oft keine Möglichkeit, in ehrbare Familien einzuheiraten, sie mussten mit den Töchtern und Söhnen der anderen Unehrlichen vorlieb nehmen.

Die Mühlen, die in der Regel einem Grundherrn gehörten, unterlagen dem Mühlbann. D. h. dass die Dorfbewohner ihr Korn zu einer vorgeschriebenen Mühle bringen mussten, auch wenn diese Mühle weit von ihrem Wohnort entfernt war. Da half es auch nichts, wenn wohnortnahe eine Mühle stand, die einem anderen Herrn gehörte. Der Ärger, der eigentlich dem Grundherrn gebührte, übertrug sich auf den Müller.

Liebe Grüße
Hagazussa

Hallo,
ich kann jetzt nur spekulieren, da ich zu dieser frage keine speziellen Informationen habe, aber ich vermute, dass es beim Müller (der ja eigentlich zu den Wohlhabenden gehörte) daran liegt, dass dessen Wohlstand nicht selten auf Betrug beruhte, bzw. dies unterstellt wurde.

Die Leute lieferten dort ihr Korn ab und der Müller konnte ohne Mühe einen Teil davon für sich abzweigen.

Gruß
Werner