Unsichere Halterin
Hallo,
ich würde es lassen. Die Gefahr, dass ihr bald mit zwei problematischen Hunden fertigwerden müsst, ist hoch.
Hunde lernen voneinander, das ist richtig. Aber: Das Prinzip der Stimmungsübertragung dient nicht zuletzt dem Zweck, vor Gefahr zu schützen. Aus diesem Grund übernehmen Hunde „negative“ (aus Menschensicht) Verhaltensweisen ihrer Artgenossen schnell und mit großer Bereitschaft. Schneller und bereitwilliger als positive Stimmungen, da diese nicht existenzgefährdend sind.
Es ist also davon auszugehen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die neue Hündin von der Borderhündin lernt, höher ist, als umgekehrt.
Stimmungsübertragung ist aber gleichzeitig das Zauberwort für dich als Hundeführerin. Ich behaupte, dass in mindestens 80 Prozent aller Situationen du der Grund dafür bist, dass dein Hund unsicher reagiert.
Auf eurem gewohnten Weg ist alles easy. Du bist innerlich gelassen, denn du weißt aus Erfahrung, dass auf diesem Weg nichts Aufregendes passieren wird. Entsprechend gelassen bist du mit dem Hund unterwegs - und darauf reagiert dieser seinerseits mit Gelassenheit.
Sobald etwas Ungewöhnliches passiert, schießt dir durch den Kopf: " Oje, hoffentlich bleibt sie ruhig". Dabei verändert sich bei dir Herzschlag, Atmung und Muskelspannung und auch dein Geruch wird ein anderer. Du greifst unbewusst die Leine fester, straffst dich, deine Stimme wird anders. Dein Hund weiß all das bereits, bevor er selbst das betreffende Angstobjekt entdeckt hat. In vielen Fällen kommt das Signal „ACHTUNG! GEFAHR!“ von dir.
Der Hund reagiert sofort darauf und setzt um, was du ihm signalisiert hast: Er befindet sich im Flucht- bzw. Angriffsmodus. Das gilt natürlich erst recht für die Fälle, wo der Hund schon „Feindkontakt“ hat und du entsprechend gegensteuerst.
Die Lösung liegt darin, dir Gelassenheit zuzulegen. Wenn du losgehst, tu das nicht mit dem Gedanken „Hoffentlich begegnet uns keiner!“ sondern mit dem Vorsatz: „Heute üben wir ruhig zu bleiben, hoffentlich haben wir viel Gelegenheit dazu!“ Das klingt albern, aber mach es zu deinem Mantra
. Und dann gewöhn’ dir an, einfach immer nur ruhig und stoisch weiterzugehen. Egal, ob du sie dabei mal ein Stück mitziehen musst oder sie an der Leine Purzelbäume schlägt: Gehe ruhig weiter, ohne sie anzuschauen oder mit ihr zu sprechen.
Du wirst schnell feststellen, dass sie sich von Mal zu Mal weniger aufregen wird. Dann geh’ dorthin, wo Kinder sind. Setz’ dich in deren Nähe auf eine Bank und schaue demonstrativ in eine andere Richtung. Du kannst auch ein Buch mitnehmen. Deinen Hund hältst du nur fest und beachtest ihn nicht weiter. Hierbei hilft dir die Natur: Ein Hund kann sich nicht stundenlang ununterbrochen aufregen. Der entsprechende Reiz unterliegt der Ermüdung und wenn nach einer Weile nichts weiter passiert, ebbt er ab. Der Hund lernt, dass er die Situation überlebt hat. Im Laufe der Zeit wird er sich immer weniger aufregen und sich immer schneller beruhigen.
Noch was: Zwinge einen Hund wie sie nicht dazu, sich von Leuten anfassen zu lassen. Damit erreichst du nur das Gegenteil von dem, was du erreichen möchtest.
Schöne Grüße,
Jule