Unsichere Faktoren bei der Wettervorhersage

Hallo zusammen!

Die Wettervorhersage über einen Zeitraum von mehr als fünf Tagen ist ja bekanntlich unsicherer als die Teilnahme an einer Lotterie. Damit kann ich ganz gut leben. Mich interessiert aber einfach mal, woran dies eigentlich liegt. Welche Unwägbarkeiten sind es, die eine langfristigere exakte Vorhersage unmöglich machen?

Der Stand der Sonne im Laufe des Jahres ist bekannt; ebenso die Verteilung von Wasser-und Landmassen auf der Erde. Auch gibt es mittlerweile ein ziemlich flächendeckendes Netz von Sateliten und Wetterbeobachtungsstationen.

Also noch einmal die Frage: Was wissen wir genau über das Wetter und das Klima nicht? Fehlen uns gar noch immer wichtige physikalische Grundlagen?

Für evtl. Antworten schon mal vielen Dank!

Christoph

Hallo,

das Wetter ist ein chaotisches System. Das heißt nicht, daß es sich im normalen Sinne chaotisch verhält, sondern daß die Datendichte einfach nicht hoch genug ist, um langfristige Vorhersagen zu ermöglichen.

Unser Wetter wird über rund zehn Höhenkilometer und mehrere Millionen Flächenkilometer „gemacht“. Ausreichende Daten (d.h. alle paar hundert Höhenmeter und alle paar Flächenkilometer) in diesem Umfang zu gewinnen und zu verarbeiten, ist derzeit schlicht nicht möglich.

Gruß,
Christian

Hi Christian,

mit der Atmosphäre kämen wir in der Simulation grad noch zu Rande, was die Datenmengen und Gitterpunkte angeht.
Das auf absehbare Zeit unlösbare Problem sind die Weltmeere. Da müssten die Gitterpunkte in jeder Dimension um den Faktor 1000 enger liegen, um ähnlich gute numerische Modelle zu bauen. Und die Ansätze, die bisher gemacht wurden, über geschlossene Interpolationen teilweise Gitterpunkte zu ersetzen, sind noch nicht besonders vielversprechend.

Also bleibts vorerst beim Wetter als interessantem Fahrstuhlthema. :smile:

Gruß
Burkh

Hallöchen,

Das auf absehbare Zeit unlösbare Problem sind die Weltmeere.

ich wollte es nicht komplizierter machen, als es ohnehin schon wurde :wink: Ich war vor einigen Jahren wirklich schockiert, als damals jemand stolz verkündete, man hätte das erste Modell gebastelt, in dem die küstennahen Meeresbereiche nun auch berücksichtigt wurden. Vorher kannte man wohl nur „Wasser ja/nein“.

Gruß,
Christian

Vorher kannte man wohl nur "Wasser

Nun ja, Christian, ganz so schlimm ist es wohl nicht.
Zu meiner Seefahrtzeit wurden z.T. 3stündlich, zumindest aber 6stündlich synoptische Wetterbeobachtungsmeldungen (OBS) abgesetzt. Damit waren zwar nur die Schiffahrtswege abgedeckt, aber eben doch eine Reihe von punkten auf den Weltmeeren. Wie das bei der Personalknappheit auf den Schiffen heutzutageist, weiß ich nicht, ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass automatische Stationen auch auf Schiffen eingesetzt werden (können).
So ganz „mare incognitum“ ist also die Wasserfläche nicht, wenn ich auch zugebe, dass die Beobachtungsdichte dort gegenüber den Landmassen erheblich dünner ist. Andererseits ist zumindest das bodennahe Wetter über See nicht ganz so turbulent wie über Land.
Grüße
Eckard.

Hallo Eckard,

Vorher kannte man wohl nur "Wasser

Nun ja, Christian, ganz so schlimm ist es wohl nicht.

da habe ich mich mißverständlich ausgedrückt. Das galt natürlich nur für die Klimamodelle und nicht für die Wetterdatenmessung.

Gruß,
Christian

Hallo an Alle!

Das bedeutet also, dass es kein Problem fehlender wissenschaftlicher Erkenntnis ist, sondern mehr ein Problem der Datengewinnung.

Nach welchen Kriterien werden denn heutzutage die Standorte von Wetterbeobachtungsstationen ausgesucht? Dass das Netz möglichst flächendeckend sein soll, ist mir schon klar. Aber gibt es darüber hinaus noch andere, vor allem topographische Erwägungen? Wenn ich da z.B. an die bekannten Stationen in den Mittelgebirgen denke, so sind das fast immer die höchsten oder zumindest doch die bekanntesten Gipfel ( z.B. Kahler Asten, Wasserkuppe, Feldberg, usw. ). Aber ist das dann wirklich repräsentativ für den Mittelgebirgsraum? Da gibt es doch Gegenden, die z.T. 500 Höhenmeter und noch tiefer unter diesen Gipfeln liegen?

Noch etwas: Ist für unser Wetter hier in Deutschland eigentlich das Wetter auf dem ganzen Planeten ausschlaggebend? Wir bekommen hier immer das Island-Tief oder das Tief über den britischen Inseln einerseits bzw. andererseits das Azoren-Hoch, im Winter das Russland-Hoch serviert. Was vor Rio oder dem Kap der Guten Hoffnung passiert, erfahren wir nicht. Kann letzteres manchmal nicht viel entscheidender sein? Aus diesen Gegenden sieht man nur Wetterbilder wenn es eine Riesenüberschwemmung gegeben hat.

Noch etwas: Wieso kann man trotz unzureichender Datendichte das Wetter über einen Zeitraum von zwei Tagen relativ genau vorhersagen?

Gruß

Christoph

Hallöchen,

Nach welchen Kriterien werden denn heutzutage die Standorte
von Wetterbeobachtungsstationen ausgesucht? Dass das Netz
möglichst flächendeckend sein soll, ist mir schon klar. Aber
gibt es darüber hinaus noch andere, vor allem topographische
Erwägungen?

durchaus. Ich kenne die Kriterien nicht genau, aber ich erinnere mich noch daran, daß Kachelmann ein riesen Faß aufgemacht hat, weil er endlich eine Wetterstation in einem Talkessel aufstellen konnte. Anscheinend hatte dieser Talkessel eine gewisse Bedeutung für das Lokalwetter bzw. auf die Lokalvorhersage.

Aber ist das dann wirklich
repräsentativ für den Mittelgebirgsraum? Da gibt es doch
Gegenden, die z.T. 500 Höhenmeter und noch tiefer unter diesen
Gipfeln liegen?

Richtig, am besten wäre es natürlich, wenn man die ganze Welt mit Stationen zukleistern würde. :wink: Die Jungs machen das in etwa so wie die Wahlforscher, d.h. anhand hoffentlich stimmiger Modelle nimmt man quasi Stichproben und rechnet hoch. Die Stationen sollen ja im übrigen nicht nur das Wetter der Gegend „vorhersagen“, in der sie stehen, sondern jede Wetterstation ist ein Teil des gesamten Netzes.

Noch etwas: Ist für unser Wetter hier in Deutschland
eigentlich das Wetter auf dem ganzen Planeten ausschlaggebend?

Letzten Endes natürlich irgendwie schon, aber direkt relevant ist meist nur das Wetter auf der Nordhalbkugel und dann auch noch meist das Wetter westlich von uns, wobei der Osten natürlich auch wieder zum Westen wird, wenn man um den Globus weit genug rumschaut…

Noch etwas: Wieso kann man trotz unzureichender Datendichte
das Wetter über einen Zeitraum von zwei Tagen relativ genau
vorhersagen?

Wie gesagt: Das Wetter ist ein klassischer Fall von chaotischem System, d.h. man kann aufgrund der Tatsache, daß man die Ausgangssituation nicht genau genug beschreiben kann, unmöglich sagen, was am Schluß bei der ganzen Sache rauskommt.

Wenn Du eine Handvoll kleiner Steine gegen eine Wand wirfst, kannst Du auch einigermaßen sagen, wo die sich in der allernächsten Zeit befinden werden, nämlich irgendwo zwischen Deiner Hand und der Wand, dann schließlich irgendwo zwischen Dir und der Wand (abgeprallt) und dann…naja…

Will sagen: Wenn man die Bedingungen in den relevanten Bereichen kennt, ist eine Vorhersage für die nächste Zukunft relativ sicher möglich, aber dann nimmt die Genauigkeit rapide ab. Die Messungen und die Modelle sind eben nicht genau genug, um lückenlos die notwendigen Daten erfassen und verwerten zu können. Ab einem gewissen Zeitraum führen Ungenauigkeiten in der Erfassung und Verwertung zu Abweichungen, die weit darüber hinausgehen, ob es nun 22 oder 23 Grad warm wird.

Bestes Beispiel, daß aber auch das nicht immer klappt, ist der Weihnachtssturm von 1999 oder 2000. In kürzester Zeit hatte sich ein herrlicher Orkan gebildet, der in bester Machomanier reihenweise Wälder und Häuser in Süddeutschland flachgelegt hat. Der Deutsche Wetterdienst hatte damals das Szenario des Computers verworfen, weil zu unwahrscheinlich erschien. Einzig Kachelmanns Meteomedia sagte den Sturm für Deutschland voraus.

Gruß,
Christian

1 Like

Moin Eckard,

sicher hab ich mich missverständlich ausgedrückt.

Die Wettervorhersage aus den gewonnenen Daten von Messstationen ist eine Sache. Die grundsätzliche Entwicklung von Klima- und Wettermodellen eine ganz andere.

Wettervorhersagen gewinnst du aus einer Menge von erhobenen IST-Daten und einer Menge Erfahrung (mal ganz stark vereinfacht, weisst du sicher besser als ich, als alter Seefahrer :smile:)

Klimamodelle (und darum gings mir, um die grundsätzliche Erklärung des Wetters und um theoretische Modelle, die „zuverlässige“ Vorhersagen erlauben) werden heute so gut wie ausschließlich durch numerische Simulation im Computer entwickelt. Das läuft im Großen und Ganzen so, dass du dir ein Gitter von einzelnen Punkten im Raum wählst, für die du „Wetterdaten“ vorgibst und auf die du dann deine bekannten physikalischen Gesetze loslässt. Die einzelnen Punkte im Raum wechselwirken miteinander, sie beeinflussen also einander jeweils. Wie du dir vorstellen kannst, ist das ein ziemlicher Rechenaufwand. Je enger du das Gitter wählst, desto genauer wird das Ergebnis der Realität ähneln, aber desto aufwendiger ist auch die Berechnung. Nun ist die Erde ziemlich groß und ein Gitternetz mit einem Abstand zwischen den Punkten von jeweils 1 km gibt dem Rechner also schon ordentlich was zu knacken.
Das Wasser der Meere selbst ist für die Entwicklung des Wetters sehr wichtig: wie ist die Temperatur, wie der Salzgehalt, wieviel Gase nimmt es auf, gibt es ab, wie ist die Strömung, wie werden Stoffe transportiert, das ist alles fürs Wetter ausschlaggebend, zumal unser Wetter hier im Wesentlichen über dem Atlantik zusammengerührt wird. Und im Wasser (ziemlich tief rein) müsste bei gleicher Genauigkeit wie in der Luft jeden Meter ein Gitterpunkt in der numerischen Simulation liegen. Derzeit hoffnungslos, diesen Aufwand betreiben zu wollen.

Klar soll am Ende von solchen Simulationen eine bessere Vorhersage des Wetters stehen. Ein wenig hat es ja auch schon geholfen… :smile:)

Ich meinte also nicht Messdaten von Schiffen, die über die Meere fahren, sondern Berechnungspunkte im Meer, teilweise tief unter der Oberfläche.

Gruß
Burkh

2 Like

sicher hab ich mich missverständlich ausgedrückt.

Hallo, Burkh,
nein, nein, war wohl eher ich, der etwas oberflächlich gelesen hatte und dann durch Christians „nur Wasser“ getriggert wurde :smile:
Deine Bemerkungen zu Klimamodellen übrigens sehr schön!
Als Seemann hatte ich ja eher mit den realen Auswirkungen zu tun :smile:
Grüße
Eckard.

Hallo Christian!

Wenn Du eine Handvoll kleiner Steine gegen eine Wand wirfst,
kannst Du auch einigermaßen sagen, wo die sich in der
allernächsten Zeit befinden werden, nämlich irgendwo zwischen
Deiner Hand und der Wand, dann schließlich irgendwo zwischen
Dir und der Wand (abgeprallt) und dann…naja…

Dein Beispiel ist sehr anschaulich…

Gruß

Christoph