Hallo,
warum fahren so viele Schiffe unter der Flagge z. B. von Panama?
Danke!
mfg
josch
Hallo,
warum fahren so viele Schiffe unter der Flagge z. B. von Panama?
Danke!
mfg
josch
Hallo, Josch,
das hat rein finanzielle Gründe. Europäische Staaten stellen strenge Auflagen,an Schiffe unter ihrer Flagge, was Schiffsicherheit, Bemannung, Ausrüstung und Kontrollen betrifft. Dies ist für Reedereien natürlich ein Kostenfaktor, den man zumindest teilweise durch „Ausflaggen“ umgehen möchte. Man nennt diese Flaggen etwas euphemistisch „Flags of Convenience“
flags of convenience: Schiffe unter der Flagge von Staaten z.B. Panama/Honduras/Liberia/Costa Rica, die bei den Reedereien steuerliche Vorteile bei der Schiffsregistrierung bieten
(aus http://home.arcor.de/olaf.falkner/logistik_lexicon_2/ )
Gruß
Eckard
Hallo !
Ausgeflaggte Schiffe sind für einen deutschen Reeder billiger.
Die Besatzung muß nicht nach teurem deutschen Tarif bezahlt werden. Sie werden bzw können nach der jeweiligen Lohnhöhe ihres Heimatlandes bezahlt. Oder einfach 1 Dollar pro Arbeitsstunde oder nach ausgehandelten Löhnen, die weit geringer sind, als deutsche.
Auch die deutschen Besatzungsmitglieder werden dort nicht nach Tarif bezahlt und, was für den Reeder sehr vorteilhaft ist, der Reeder bezahlt seinen Anteil an den Versicherungen nicht. Wie Krankenkasse und Rentenversicherung.
Ausländische Besatzungsmitglieder bekommen einen Vertrag für 12 Monate und müssen dann von Bord. Ohne Urlaubsanspruch.
Deutsche Besatzungsangehörige (Schiffsleitung) bekommen nur zwei bis drei Tage Urlaub pro Monat an Bord. Oder auch keinen. Während man auf deutschen Schiffen schon 1 : 1 fährt. Also vier Monate Urlaub für vier Monate Fahrtzeit.
Die Sicherheitsbestimmungen sind gleich. Das Schiff unterliegt einer Klassifikationsgesellschaft und hält diesen Standard, der bei allen gleich ist. In den Häfen werden diese Schiffe ebenso oft kontrolliert, wie nicht ausgeflaggte.
Zur Zeit zeigt sich aber eine Tendenz zur Rückflaggung. Weil der deutsche Staat, also der Steuerzahler, dem Reeder finanziell hilft und vor allem, weil die Schiffe mit den schlecht ausgebildeten Besatzungen große Schwierigkeiten haben.
mfgConrad
mfg
josch
Hi, Conrad!
Also, so ein paar Dinge sind nicht korrekt, die Du da schreibst:
Ausgeflaggte Schiffe sind für einen deutschen Reeder billiger.
Die Besatzung muß nicht nach teurem deutschen Tarif bezahlt
werden. Sie werden bzw können nach der jeweiligen Lohnhöhe
ihres Heimatlandes bezahlt. Oder einfach 1 Dollar pro
Arbeitsstunde oder nach ausgehandelten Löhnen, die weit
geringer sind, als deutsche.
Also, die deutschen Kapitäne/Wachoffiziere, die ich kenne und die
ausgeflaggt fahren, beschweren sich nicht über ihre Heuer. Derzeit
ist wegen des Nachwuchsmangels die Lage für alle Schiffsoffiziere so
gut, dass Reeder es sich gar nicht leisten können, unter HTV zu
zahlen. Das mit der Heimatheuer stimmt, das mit dem 1 Dollar pro
Stunde ist Quatsch.
Völlig unterschlagen hast Du auch die Möglichkeit der
Steuereinsparung für deutsche Seeleute unter ausländischer Flagge:
Wenn ich mehr als 183 auf See bin auf einem Schiff, an dem nicht der
„Adenauer“, sondern die Flagge eines Landes weht, mit dem Deutschland
ein Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet hat (zB Liberia), zahle
ich keinen Fatz Steuern, soll heissen: brutto = netto. Das ist
deswegen so, weil der Flaggenstaat ja die Steueransprüche hat. Wenn
der aber einfach keine anmeldet, kann Deutschland nix machen, und die
Bruttokohle landet bei Hein Seemann.
Auch die deutschen Besatzungsmitglieder werden dort nicht
nach Tarif bezahlt und, was für den Reeder sehr vorteilhaft
ist, der Reeder bezahlt seinen Anteil an den Versicherungen
nicht. Wie Krankenkasse und Rentenversicherung.
Naja, wie gesagt: Brutto=netto. Aber das ist richtig: um die
Versicherungen muss sich der Seemann selbst kümmern.
Ausländische Besatzungsmitglieder bekommen einen Vertrag für
12 Monate und müssen dann von Bord. Ohne Urlaubsanspruch.
Deutsche Besatzungsangehörige (Schiffsleitung) bekommen nur
zwei bis drei Tage Urlaub pro Monat an Bord. Oder auch keinen.
Während man auf deutschen Schiffen schon 1 : 1 fährt. Also
vier Monate Urlaub für vier Monate Fahrtzeit.
Das mit 1:1 auf allen deutschen Schiffen ist Unsinn: Hapag-Lloyd
machen das, dafür gibts dann aber auch ein bisschen weniger Kohle.
Bei allen anderen fährt man ungefähr 2:1 (Seezeit:Landzeit)
Die Sicherheitsbestimmungen sind gleich. Das Schiff unterliegt
einer Klassifikationsgesellschaft und hält diesen Standard,
der bei allen gleich ist.
Nein, ist er nicht, auch das ist vollkommen falsch. In Deutschland
gibts zB. den GL (Germanischer Lloyd), der hohe Maßstäbe setzt. Es
gibt weltweit 10 dieser Gesellschaften, die in einem Dachverband
(IACS: International Association of Classification Societies)
zusammengeführt sind, sowie 30 weitere. Der Standard z.B. der
italienischen Gesellschaft RINA reicht bei weitem nicht an das GL-
Niveau heran, und einige Gesellschaften sind so mies, dass kein
Charterer der Welt seine Waren auf einem Schiff transportieren würde,
das von denen abgenommen wurde…
In den Häfen werden diese Schiffe
ebenso oft kontrolliert, wie nicht ausgeflaggte.Zur Zeit zeigt sich aber eine Tendenz zur Rückflaggung. Weil
der deutsche Staat, also der Steuerzahler, dem Reeder
finanziell hilft und vor allem, weil die Schiffe mit den
schlecht ausgebildeten Besatzungen große Schwierigkeiten
haben.
Auch das ist Unsinn: Der deutsche Steuerzahler „hilft“ dem deutschen
Reeder nicht. Wo hast Du das her?
Es gibt seit ein paar Jahren die Tonnagesteuer, die lange vor uns
bereits andere Länder wie zB die Niederlande eingeführt haben.
Grundidee dieser Steuer ist die, dass ein Reeder nicht mehr
versteuern muss, was er jährlich tatsächlich von A nach B verschifft
hat, sondern er zahlt einmalig für den Transportraum seines Schiffes
eine Pauschale und hat dann Ruhe. In Zeiten wie diesen, wo Schiffe zu
fast 100% ausgelastet fahren, ist diese Steuer so super sexy für den
Reeder, dass sogar griechische Reeder (!) ihren Firmensitz offiziell
nach Deutschland verlegen, um ihre Schiffe hier laufen zu lassen und
in den Genuss der Tonnagesteuer zu kommen.
Die deutsche Flagge hat nur einen Nachteil (und damit hast Du dann
ausnahmsweise mal recht): Unter deutscher Flagge muss ich auch
deutsche Offiziere beschäftigen, mindestens aber Offiziere aus der EU
(an einer Änderung der Bemannungsverordnung wird gerade gebastelt,
weil es nicht genügend Nachwuchs gibt).
Löhne und Urlaubsansprüche innerhalb der EU aber nehmen sich übrigens
kaum noch was. Und die Tonnagesteuer ist so ungleich günstiger, dass
man gerne die erhöhten Personalkosten in Kauf nimmt. Das rechnet sich
immer noch.
Ausländische Seeleute als prinzipiell schlechter ausgebildet
darzustellen (das suggerierst Du, ohne es klar zu sagen), ist
ebenfalls sträflich falsch! Sag mir mal die Nationen, die Du
meinst…
Gruss,
Marinero