Unterschied ISO 1" vs. APS-C

Liebe Kameratechnikexperten,

ihr habt mir vor ein paar Wochen schon eine Frage zur Blende beantwortet. Vielen Dank dafür.

Heute würde ich mich freuen, wenn mir jemand folgende Beobachtung erklären kann:
Wenn ich bei einer Kompaktkamera mit 1-Zoll-Sensor eine Blende von f2.8 und den ISO auf 200 einstelle, dann habe ich bei bestimmten Lichtverhältnissen eine Belichtungszeit von sagen wir mal 1/30 s. Stelle ich aber meine Kamera mit größerem APS-C Sensor auf f2.8 und ISO 200, dann stellt die Kamera beim selben Licht 1/15 s ein (beide in Zeitautomatik ohne EV-Korrektur). Warum ist das so?
Hier scheint die kleine Kamera einen Vorteil gegenüber der größeren Kamera zu haben, denn um bei der größeren auf 1/30 s zu kommen, müsste ich den ISO-Wert auf 400 erhöhen. Das Bildrauschen setzt bei der APS-C-Kamera zwar erst viel später ein (bei 6400 rauscht die APS-C etwa genauso stark wie die kleine bei 800), aber trotzdem würde ich gerne verstehen, warum es zu diesem Unterschied zwischen den Kameras kommt.

Vielen Dank und viele Grüße,
Tychi

Hallo,
vorweg, ich kenne mich mit den Kamerasensoren nicht aus.
Wenn du aber schreibst, dass ein größerer Sensor bei sonst gleichen Bedingungen eine längere Belichtungszeit braucht, klingt das für mich logisch.
Die Ladungen in den einzelnen Pixeln des Sensors werden durch Stärke und Einwirkdauer des Lichtes verändert.
Die gleiche Menge Licht verteilt sich auf eine größere Fläche, also längere Einwirkdauer erforderlich.

Gruß
Bernd

Hallo!

Erstmal: Ein APC-C Sensor ist etwa 16x22mm² groß, und hat damit eine Diagonale von 27mm. Wirklich größer als ein 1"-Sensor ist das nicht. Oder was meinst du?

Zum Thema:

Wenn du den Mond mit 200mm Brennweite fotografierst, bekommst du einen hellen Kreis auf den Sensor. Mit 100mm bekommst du einen nur halb so großen Kreis, auf den aber trotzdem die gleiche Lichtmenge gebündelt wird, die vorne ins Objektiv fällt. Du musst die Größe der Blendenöffnung verkleinern, damit die Helligkeit des Mondes auf dem Sensor gleich hoch wie bei 200mm ist.
Genau das drückt die Blendenzahl aus: Sie setzt die Brennweite (Eigentlich ja die Bildweite, aber geschenkt…) mit der Blendenöffnung ins Verhältnis, so daß bei gleicher Blendenzahl die Helligkeit gleich bleibt.

Und das heißt auch: Wenn du eine weiße Wand mit gleicher Blendenzahl fotografierst, bleibt die Belichtungszeit gleich, egal, welche Brennweite du nimmst.

Der Mond ist aber keine weiße Wand, sondern ist ein ziemlich kleiner Fleck auf ziemlich schwarzem Hintergrund.
Was soll es denn nun werden? Geht es um den Mond, so daß das ganze Bild so weit abgedunkelt werden kann, daß der Himmel pechschwarz wird, und der Mond nicht hoffnungslos überbelichtet wird? Oder geht es um den Himmel, so daß das ganze Bild etwas heller wird, und man ggf. ein paar Sterne sieht, der Mond aber nur noch ein weißer Fleck ist? Das entscheidet die Kamerasoftware irgendwie, wenn du es nicht manuell einstellst. Und die weiß nicht so genau, was du eigentlich fotografieren willst. Daher: Zwei Kameras, zwei Einstellungen. Dazu kommt auch: Wo sind die Helligkeitssensoren der Kamera, und was sehen die grade? Kann ja sein, daß die den Mond gar nicht sehen, sondern nur den schwarzen Himmel, und demnach eine hohe Belichtungszeit vorschlagen. (Und man kann oft auch einstellen, wie die Helligkeit bewertet werden soll)
Nebenbei ist der Mond bei gleicher Brennweite auf einem kleinen Sensor viel größer, und scheint für die Belichtungsbewertung dann wichtiger zu sein.
Jedenfalls, für einen echten Vergleich müßte man hier die Fotos aus beiden Kameras nebeneinander halten, um zu beurteilen, wie es mit der Helligkeit aussieht.

Der ISO-Wert ist nicht all zu fest definiert, die Hersteller drehen das ganze eher so, daß es insgesamt ins Schema passt. Der gleiche ISO-Wert ergibt daher bei zwei Kameras nicht zwingend die gleiche Helligkeit bei gleichem Bild auf dem Sensor.

Die Blendenzahl gibt das o.g. Verhältnis an. Aber jedes Objektiv schluckt auch etwas Licht durch die mehr oder weniger vielen Linsen darin. Soll heißen: Zwei Objektive liefern nicht genau gleich viel Licht bei gleichen Einstellungen.

Je billiger die Kamera ist, desto mehr Intelligenz hat sie. Klingt komisch, aber Käufer von billigen Kameras wollen sie auspacken, und gleich gute Fotos machen. Sich mit der Kamera auseinandersetzen, ist nicht gewünscht, Denn sonst nimmt man eben das Handy.
Damit erkennt die Kamera vielleicht eher, daß es ein Mond-Foto wird, und regelt die Belichtung eher runter.

Und: Bilder sollen nicht verwackelt sein, daher wird bei solchen Kameras die Belichtungszeit so weit wie möglich runter gezogen.

Und die Filter… Meine Freunde posten Bilder auf Facebook, auf der sie die Haut eines Dreijährigen haben. Für Jugendliche in der Pubertät vielleicht ganz toll, aber Marylin Monroe müsste sich heute wohl nachträglich nen Punkt ins Gesicht photoshoppen.
Von den Rohdaten zum fertigen Bild ist es ein weiter Schritt, bei einfachen Kameras wird da teils mehr gemacht, als bei teureren.

Du siehst, das ist alles nicht so einfach…

Hallo Bernd,

danke für deine Antwort. Ich bezweifle deine Erklärung, denn ich glaube, dass auf den größeren Sensor ein breiteres Lichtbündel fällt, die Helligkeit pro mm^2 aber dieselbe ist. Somit sollte es keine Rolle spielen, an welchem Sensor sich ein Pixel befindet.
Ich bin gestern Abend auf dieses Video gestoßen: https://youtu.be/QVuI89YWAsw
Dort wird erklärt, dass die ISO-Skala in Wahrheit gar kein Standard mehr ist und jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht. Stellt man an Kameras verschiedener Hersteller alles gleich ein, erhält man stark unterschiedlich helle Bilder. Dabei hatten alle Kameras gleich große Sensoren, glaube ich.

Viele Grüße, Tychi

Hallo,

Unterschiedliche Sensoren von verschiedenen Herstellern können zwar gleiche ISO-Werte aufweisen, aber intern unterschiedlich schnell arbeiten! Das kann IMHO in unterschiedlichen Belichtungszeiten resultieren.

LG
SL99

Hi!

Und die Kompakte belichtet 1/30 und die DSLR/M 1/15 s?
Irgendwie habe ich da komplett andere Erfahrungen gemacht.

Interessant wäre, ob die Bilder auch gleich „hell“ sind und wie sich das Rauschen auf den Bildern darstellt.
Für die Bestimmung der Belichtungszeit haben die Kameras quasi einen Belichtungsmesser eingebaut - und der „rechnet“ bei der Kleinen wahrscheinlich wesentlich optimistischer.

Aber wie gesagt: Man kann nur die Ergebnisse vergleichen, ev. sogar auf komplett manuell aufgenommen.

Grüße,
Tomh

Hallo,

danke für deine Antwort. Die Fläche des APS-C-Sensors sind 37 % vom Vollformat, die des 1" sind 13 %. In Crop-Faktoren: 1,5 gegenüber 2,7. Ob dieser Unterschied groß oder klein ist, ist vielleicht Ansichtssache.

In meinem Experiment habe ich nicht den Mond bei unterschiedlichen Brennweiten fotografiert, sondern bei beiden Kameras die gleiche kleinbildäquivalente Brennweite von etwa 28 mm eingestellt und dieselbe Wand aufgenommen.

Ich glaube, auch nach dem Link, den ich in meiner Antwort an Bernd angegeben habe, dass diese Aussage von dir den Nagel auf den Kopf trifft:
Der ISO-Wert ist nicht all zu fest definiert, die Hersteller drehen das ganze eher so, daß es insgesamt ins Schema passt. Der gleiche ISO-Wert ergibt daher bei zwei Kameras nicht zwingend die gleiche Helligkeit bei gleichem Bild auf dem Sensor.

Viele Grüße
Tychi

Na also, Du hast ja auch zwei unterschiedliche Objektive dran gehabt. Das sollte schon einiges erklären.
Um das wirklich vergleichen zu können, sollte man schon soweit ziemlich identisches Ausgangsmaterial haben.

Wie schon angeklungen: Die ISO-Werte der Kamera weichen oft von der normierten Skala ab.
Es kann tatsächlich sein, dass die Kamera mit dem 1" Sensor „schummelt“ um bessere Dämmerlichtfähigkeit vorzutäuschen.

Auf der Seite von DXO kann man diverse Kameras und deren ISO- Kennlinien direkt miteinander vergleichen.
Vielleicht findest du dort sogar deine Kameras?
Hier mal ein 1" vs APSC- Vergleich, den ich zufällig ausgewählt habe.

https://www.dxomark.com/Cameras/Compare/Side-by-side/Sony-A6300-versus-Panasonic-Lumix-DMC-LX100___1072_981
Dann: > Measurements > ISO sensitivity.

Hier liegen die Messwerte allerdings ziemlich „auf einer Linie“ und sind fast durchgehend um ca 1/4 EV weniger als die Normkurve.
Als „positiver“ Ausreisser ist der Wert der LX 100 bei ISO 100 mit deutlich höherer Empfindlichkeit auffällig.

Hallo,

danke für den Link. Meine beiden Kameras konnte man nur hinsichtlich der Spezifiaktionen vergleichen. Messwerte gab es keine. Es sind eine Canon G7X II und eine Fuji XT-20.

Viele Grüße
Tychi

Als weiteres Argument kann hinzukommen, dass die verwendeten Objektive trotz gleicher Lichtstärke unterschiedliche Transmission haben.
Die Lichtstärke ist ein rein rechnerischer Wert.
Der Unterschied zwischen Lichtstärke und Transmission kann mehr als einen halben Blendenwert ausmachen.
Deshalb wird bei Filmobjektiven auch der „T“-Wert angegeben.