Unterschied Kaiser vs König?

Hallo.
Ich habe eigentlich nie begriffen, wie sich ein Kaiser von einem König unterscheidet.
Es gab mal einen römischen Kaiser. Gab es unter ihm Könige?
Es gab den Kaiser von Abessinien. Gab es unter ihm Könige?
Es gibt den Kaiser von Japan. Soweit ich informiert bin, gibt es unter ihm keine Könige.
Gruß
Jochen

Hi.

Hast Du den Wikipedia-Artikel gelesen?
http://de.wikipedia.org/wiki/Kaiser

Darin http://de.wikipedia.org/wiki/Kaiser#Nichteurop.C3.A4…

„Seit der frühen Neuzeit hat es sich in Europa eingebürgert, auch die Herrscher bedeutender außereuropäischer Reiche als „Kaiser“ zu bezeichnen. Es handelte sich vorrangig um Herrscher, die als Weltherrscher (China) oder göttlicher Abstammung (China, Japan ) galten, oder deren einheimischer Titel mit König der Könige zu übersetzen war (Schah-in-Schah in Persien, Negus Negesti in Äthiopien ).“

Gruß,
KHK

Hallo Jochen,

na da hast Du aber ein Thema angestoßen… Ich versuch mal einen kurzen Überblick.

Ich habe eigentlich nie begriffen, wie sich ein Kaiser von einem König unterscheidet.

Der König ist der oberste „Häuptling“ einer Nation. Die Nachfolge bestimmt sich hier dynastisch (Von den Eltern auf die Kinder).

Es gab mal einen römischen Kaiser.

Der Begriff Kaiser geht ethymologisch zurück auf Gaius Julius Cäsar. Dieser zerstörte die römische Republik und schwang sich zum Alleinherrscher auf. Nach seiner Ermordung 44 v.Chr. beriefen dich alle Nachfolger auf ihn und nannten sich „Cäsar“. Der erste römische Kaiser war Cäsars Adoptivsohn Octavian, der sich als Kaiser „Augustus“ nannte. Im deutschen Sprachraum wurde mit der Zeit aus „Cäsar“ „Kaiser“ und später entwickelte sich daraus auch der russische „Zar“.

Gab es unter ihm Könige?

Römische Könige unter dem Cäsar gab es nicht. Allerdings hatten die Römer durchaus mit Völkern zu tun, die von Königen regiert wurden.

Das Heilige römische Reich deutscher Nation sah sich als Nachfolger des römischen Reiches. Es bestand aus rechtlich selbstständigen Fürstentümern. Der Kaiser wurde entweder von den Fürsten aus ihrer Mitte gewählt oder vom Papst ernannt.
Dieser Kaiser war immer nur so mächtig wie die Fürsten auf die er seine Herrschaft stützen konnte. Die Fürsten selbst waren in der Verwaltung ihrer Reiche weitestgehend selbstständig und führten zum Teil sogar Kriege untereinander oder auch gegen den Kaiser.
Das ganze war von der Machtstruktur her ein recht flexibles System.

Es gab den Kaiser von Abessinien. Gab es unter ihm Könige?
Es gibt den Kaiser von Japan. Soweit ich informiert bin, gibt
es unter ihm keine Könige.

Soweit ich das verstehe, kann man diese „Kaiser“ eigentlich nicht mit dem europäischen Kaiserbegriff vergleichen.
Ich vermute, dass es sich hierbei um eine recht grobe Übersetzungen des eigentlichen Titels handelt um die Machtfülle des Trägers plastisch darzustellen. Über ihm stand nur noch Gott. Die wörtliche Übersetzung des abessinischen Kaisertitels lautet z.B. „König der Könige“.
Der japanische Tenno hingegen ist in seiner Bedeutung fast gottgleich.

Hoffe das hilft Dir weiter.

Dein
Ebenezer

Hallo, Kaiser kommt von Caesar. Als Nachfolger der Caesaren sah sich Karl der Große. Nach ihm wurden die deutschen Reichsherrscher Kaiser genannt. Es gab weitere von Caesar abgeleitete Herrschertitel, so der Zar (Rußland, Bulgarien, Serbien). Schah (König) oder Schahinschah (König der Könige, Großkönig) nannten sich iranische/persische bzw. abbessinische Herrscher. Padschah/Padischah nannten sich die osmanischen Herrscher. Der Tenno ist chinesisch/japanischen Ursprunges, bezeichnet in Japan einen Großkönig bzw. König von Wa oder Groß Wa = Ya-mato (Name von Japan im Altertum). König bedeutet: aus vornehmem/adligen Geschlecht. Insofern kann ein König (von Frankreich, Spanien oder England) mächtiger sein als ein (deutscher) Kaiser. Die englische Königin Victoria war gleichzeitig auch Kaiserin von Indien. Gruß HR

Hallo.

Servus

Ich habe eigentlich nie begriffen, wie sich ein Kaiser von
einem König unterscheidet.

Ein paar Dinge wurden ja schon angesprochen. Zum Teil hatte es auch ganz pragmatische Gründe für einen bestimmten Titel.

So krönnte sich Napoleon Bonaparte zum Kaiser (frz. empereur) und nicht zum König (frz. roi), da dieser Titel in Frankreich einen bitteren Beigeschmack hatte. Mehr Macht verlieh der Titel aber auch nicht.

Franz II./I. erhob Österreich auch zum Kaisertum, um gegenüber dem neuen französischen Kaiser nicht zurückzustecken. Auch haben sich die Habsburger wohl sehr an diesen Titel gewöhnt :wink:

Gruß
Jochen

Lg,
Penegrin

Hallo.

Hallo,

der abendländische Kaiserbegriff beinhaltete theoretisch durchaus Überlegenheitsansprüche gegenüber allen anderen Herrschern, da sich in ihm auf der Grundlage der behaupteten Nachfolge des römischen Imperiums weltliche und sakrale Herrschaftsansprüche mischten.
http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6misch-deutscher_…

Im „heiligen römischen Reich“ wurde der König (als rein weltlicher Herrscher) von den Kurfürsten gewählt und mußte sich bis 1556 darum bemühen, auch vom Papst zum Kaiser gesalbt zu werden. Nicht alle „deutschen“ Könige erreichten auch die Kaiserwürde.
Ab 1556 nahmen die gewählten Könige mit der Wahl gleichzeitig den Kaisertitel an und verzichteten idR auf die päpstliche Salbung.
Da es in der Theorie nur einen Kaiser (in der Nachfolge des römischen Imperiums) geben konnte, waren mit dem Titel automatisch auch Herrschaftsansprüche über die weiteren europäischen Könige verbunden, die aber regelmäßig politisch nicht durchsetzbar waren.
Mit dem Kaisertitel verbunden war in der Regel auch die Frage der Gleichrangigkeit oder gar Überlegenheit über den Papst, die regelmäßig zu Konflikten wie dem Investiturstreit führten.

Auch wenn letztendlich die mit dem Kaisertitel verbundenen speziellen Ansprüche auf Vorang bzw. Herrschaft über alle anderen weltlichen Herrscher regelmäßig nicht praktisch umsetzbar waren, spielten sie doch in der ideellen Legitimation der Herrschaft - vor allem im Mittelalter - eine sehr wichtige Rolle, da sie die Herrschaft ideell bzw. sakral legitimierten. Titel, Symbole, Ideen und daraus resultierende Verhaltensweisen („wer muß wem entgegengehen“) waren für die damalige Ständegesellschaft und die Herrschaftsform des "Personenverbandsstaates, der überwiegend auf persönlicher Abhängigkeit bzw. persönlicher Herrschaftslegitimation gründete, wichtige Bestandteile der Machtausübung bzw. Machtdemonstration
http://de.wikipedia.org/wiki/Personenverbandsstaat

Auch der byzantinische „Basileus“ sowie der russische „Zar“ begründeten sich auf vergleichbarer ideeller Grundlage in der Nachfolge des römischen Imperiums.

Der persische Scha-in-Schah oder der äthiopische „Negus Negesti“ haben zumindest einen vergleichbaren Herrschaftsanspruch über andere „Könige“.

Manche weitere Kaisertitel fußen entweder auf einer Projektion europäischer Vorstellungen auf außereuropäische Herrschaftspraxis oder -ansprüche, sollten Herrschaftsansprüche auch nach außen demonstrieren und legitimieren (zB Brasilien, Mexiko) oder waren (in der Neuzeit) einfach nur pompöse Selbstinszenierungen (Zentralafrika).

Letztlich kann aber in einem Forum nur eine absolut verkürzende Erklärung gegeben werden, wahrscheinlich habe ich auch einiges so verkürzt formuliert, daß es mißverständlich sein könnte.
Über das Thema und vor allem den zentralen Aspekt der Verschränkung von weltlicher und sakraler Ideengeschichte sowie politischer Praxis in allen Facetten ist so viel publiziert worden, daß die einschlägige Literatur ganze Bibliotheken füllen kann.

&Tschüß
Wolfgang

Also, wenn ich da lese, daß der Kaisertitel sozusagen ein Oberkönigtum über die anderen Könige Europas beinhalten sollte oder die Oberhoheit über den Papst, dann schaudert mich.

Der Kaiser als Nachfolger der spätantiken römischen Kaiser ist zunächst einmal Bewahrer des rechten Glaubens. (Deshalb hat sich Karl V. auch mit Luther so schwer getan. Und nicht, weil Karl blöd gewesen wäre oder sonstwas.)

JEDER König ist Stellvertreter Gottes auf Erden für seine Leute bzw. sein Land (rex Langobardorum, rex Francorum, rex Italiae etc.), der Papst ist aber Stellvertreter Christi auf Erden, also nach ma. Vorstellung niedriger anzusiedeln (Innozenz III. hat das anders sehen wollen, ist aber letztlich damit gescheitert).
Am englischen König merkt man das heute noch: Heinrich VIII. hat sich als Haupt der Kirche nur festschreiben lassen, bei den Saliern und Staufern war das klar, nur, daß es damals noch nicht die Notwendigkeit der schriftlichen Fixierung gab.

Der Kaiser ist auch derjenige, der über die richtige Musik den richtigen Baustil etc. entscheidet (das merkt man sogar noch an Joseph II., auch, wenn einigen das nicht so gefällt.) Ob’s dann was nützt (v.a. nach der Franz. Revolution) ist was anderes.

Ein kleines und ein grösseres Haar in der Suppe
Hallo heletz,

Deine Bemerkung, dass Königtum von Gott eingesetzt ist, dürfte in der „mittelalterlichen“ - bis heute im Grossen und Ganzen römisch-katholischen - Sicht auf das Pauluswort zurückgehen, dass weltliche Macht grundsätzlich von Gott gegeben ist. Die Frage, ob man ihr gehorchen muss, ist damit bedingt beantwortet: nur wenn sie missbraucht wird bzw. sich gegen Höheres Göttliches richtet, ist ihr der Gehorsam zu verweigern. Das reicht aber nicht aus, um vom

Stellvertreter Gottes

zu sprechen. Dies könnte allerdings anders aussehen, wenn Du mir kohärente anderslautende Lehren aus dem Mittelalter zitiertest.

Hier

der Papst ist aber Stellvertreter Christi auf Erden

kann nach mittelalterlicher Vorstllung keine Rangfolge angesprochen sein; das Gegenteil wäre unlogisch.
Seit dem Konzil von Nicäa gehört ausdrücklich die Gleichrangigkeit Vater-Sohn-Heiliger Geist zum Glaubenskern in der römischen Kirche.

Dieses Konzil war im Jahr 325.

Gruss,
Mike

Hallo,

in Europa hatten wir:

den deutschen Kaiser (bis 1918 Wilhelm II.)
den Franz. Kaiser (bis 1871 Napoleon III.)
wenn man Russland noch mitnimmt dann bis 1917 Nikolaus II.

Außderdem waren die britischen Monarchen seit Victoria (1876) Kaiser bzw. Kaiserin von Indien. Die letzte Kaiserin von Indien war Queen Elizabeth (Queen Mother gestorben 2002).

Gruß Fasan1964

Hallo,

nochmal zu Queen Victoria: Sie wollte unbedingt auch Kaiserin werden, weil sie nicht hinter ihrer Tochter (ebenfalls getauft auf Victoria) zurückstehen wollte. Die Tochter der Queen war die Frau vom deutschen Kaiser Friedrich III. und daher selbst, wenn auch nur für 99 Tage, Kaiserin.

Außderdem hatte ich eben noch den Kaiser von Österreich unterschlagen, der bis 1918 regierte (Karl I.)