Unterschied Lösemoment und Weiterdrehmoment

Liebe/-r Experte/-in,
meine Frage zielt auf die Schraubenbefestigung ab. Ich ziehe eine Schraube mit einem Drehmoment von X Nm an. Um das Drehmoment der Verschraubung zu testen, kann man das Lösemoment nehmen oder das Weiterdrehmoment. Entscheidend ist meines Erachtens nach, daß man bei beiden das Losbrechmoment ermittelt, oder irre ich mich?
Meine Frage ist, wo da der Unterschied ist, sowohl theoretisch als auch praktisch, also in den Werten? Woher kommt dieser Unterschied?

Ich bin Kfz.-Meister, das Verständnis für die Erklärungen dürfte vorhanden sein

Vielen Dank für die Mühe im voraus
Volker

Hallo Volker

Gerne möchte ich Ihre Frage beantworten. Für das Testen einer Verschraubung und deren korrektem Einschraubdrehmoment ist es meines Erachtens ausreichend, das Lösemoment abzutesten. Liegt dieses überhalb des
Einschraubdrehmoments, so ist die Verschraubung in der Regel korrekt.Das Weiterdrehmoment steigt stark exponentiell an und kommt für das Testen einer Verschraubung nicht in Frage. Bei der Auslegung eines Einschraubdrehmoments wird im Prinzip eigentlich das mindest-Lösemoment vorgegeben. Da dies aber in der Praxis aufgrund des hohen Zeitaufwandes nicht praktikabel ist,
einigte man sich nach ausgedehnten Versuchsreihen auf die Vorgabe des Einschraubdrehmoments. Wenn Sie diesen Drehmomenttest öfters machen müssen, wäre es sinnvoll, Sie machen Ihre eigene kleine Versuchsreihe: Sie ziehen die Verschraubung mit dem vorgegebenen Drehmoment an, danach erhöhen Sie die Drehmomenteinstellung am Schlüssel zB. um 5 Nm und schauen, ob sich die Verschraubung löst, bevor der Schlüssel „knackt“. Wenn nicht, dann weitere Erhöhung, bis sie die Schwelle erreicht haben. Dann haben Sie das Losbrechmoment passend zum Einschraubmoment für diese Paarung ermittelt.

Es gibt keine genaue Zuordnung zwischen Losbrechmoment und Einschraubmoment. Dies ist von vielen Faktoren beeinflußt: zB: Vorhandensein eines Ringes/Dichtung/ Dehnelements, von der Reibpaarung (Alu/Stahl etc.) und letztendlich noch vom Vorhandensein von erwünschtem oder unerwünschtem Schmiermedien. Sogar die Temperatur beeinflußt diesen Zusammenhang, insbesondere wenn verschiedene Materialien zusammengeschraubt werden.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen hier etwas weiterhelfen.

Grüße R. Reiber

(Dipl.Ing (BA) Maschinenbau)

Das Lösemoment ist kleiner als das Weiterdrehmoment, da die Schraube „vorgespannt“ ist und wenn ich weiter drehe ändert sich (wird größer) die Vorspannung.

mfg

Lieber Volker,

Ich denke, das Lösemoment sollte etwas größer sein als das Weiterdrehmoment. Besonderes bei lange stehenden Verbindungenen bildet sich Oxidation. Da ist die Reibung größer als vorher.
Wenn man z.B. mit einer Schraube 2 Teile fixiert, macht man das ja mit einer kontinuierlichen Drehbewegung. Diese wiederum verursacht Spannungen sowie Reibungen an den Gewindeflanken. Beim Lösen dieser Schraube aus dem Stillstand heraus, muss man zuerst das Anziehdrehmoment schlagartig erzeugen. Das macht den Kraftaufwand größer als beim Weiterdrehmoment. Das würde man dann als Lösemoment bezeichnen.
Damit ließe sich auch erklären, dass mit dem Drehmomentschlüssel angezogene Schrauben beim Lösen öfter Beschädigungen bekommen, als beim Anziehen.

Ich hoffe, dass hat dir weiter geholfen. Für weitere Fragen stehe ich dir gerne zur Verfügung.
Viele Grüße,
Süleyman

Hallo Volker

Zuerst eine Kurzbeantwortung deiner Fragen:

-> Zum Testen einer Verschraubung wenn nur das Weiterdrehmoment. Eigentlich nur das berechnete Drehmoment (Festigkeitskalsse der Schaube (6.8, 8.8, 10.9…)bzw des Gewindematerials (Alu, Guss, Kunsstoff))

-> Das Losbrechmoment ist nicht in beide Richtungen gleich (Selbshemmung des Gewindes)

-> Werte kann ich dir nicht sagen

-> Beim Anzeihen der Schraube erhöt sich die Selbsthemmung, beim Lösen verringert sie sich.

Nun etwas mehr…

Also der Lösemoment ist geringer als der Anzugsmoment. Der Weiterdrehmoment ist klar größer als der eigentliche Drehmoment. Du erhöst ja die Selbshemmung der Schraube beim Weiterdrehen.
Stelle dir einen Keil unter der Tür vor, den du weiter einkeilen möchtest oder den du unter der Tür heraus haben möchtest. Weiter einkeilen bedeutet deutlich mehr Kraft aufzubringen, loskeilen lässt er sich mit einem leichten Schlag. (Oder vergl. „Kreiskeil“ )

Ich muss gestehen jetzt muss ich auch etwas raten: Es dürfte Schwierig werden genaue Werte zu ermitteln oder zu finden. Denn Die Genauigkeit einer Drehmomentknolze liegt bei theoritischen 5 % (Mechanischer Schlüssel, 1 % Elektronischer Schlüssel) Also kann ein einfacher Schlüssel diese Genauigkeit kaum wiedergeben. Ferner sind die internen Reibungen im Gewinde und zwischen Schraubenkopf und Scheibe nicht immer die gleichen. (Verzinkte Schraube in Guss oder schwarze Schraube in Alu wird immer verschiedene Werte aufweisen. Und auch die Selbsthemmungswerte innerhalb des Gewindes hängen bekantlich von der Schmierung ab, also auch davon ob trocken, Öl, Fett, CU-Paste oder vielleicht Keramik verwendet wird. Nicht zuletzt die Torsion der Schraube selber beeinflusst diese Werte. Alle diese Größen hängen wieder unmittelbar von der Verwendetet Festigkeitskalsse der Schrauben ab.

Man kann aus dem Lösemoment nicht auf den Anzugsmoment schließen. Wenn eine Zylinderkopfschraube nach 15 Jahren auf ihren Drehmoment geprüft werden soll, hilft mir der Weiterdrehmoment auch nicht mehr, denn die Dehnschraube hat in der Zwischenzeit bestimmt über 500 Hitzezyklen mit gemacht und sie ist vielleicht auch schon eingebrannt.

Ich hoffe ich konnte dir etwas weiter helfen…

Grüße aus dem hohen Norden

Flan

Hallo Volker,

leider hat es etwas gedauert, da es bei mir gerade drüber und drunter geht.

Ich hatte zwar gelegentlich mit der Thematik zu tun, musste mich aber erst selber schlau machen, um keinen Quatsch zu erzählen.
Ein Kollege leihte mir ein Buch aus in dem auf zwei Seiten deine Fragen gut erläutert werden. Generell scheint mir das Buch aber nur interessant zu sein, wenn man bei einem Schraubenhersteller arbeitet :wink:.

Hier kannst Du die Passage runterladen. Es ist eine PDF-Seite, die ich einscannte:

http://remixshare.com/dl/kizwh/Weiterdrehmoment.pdf

Ich hoffe, ich konnte etwas weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas

Versuch es mal hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Schraubensicherung