Unterschied Zeremonie - Ritual im SpätMA

Hallo,

ich grübele gerade etwas über meiner Arbeitsdefinition von Zeremonie und Ritual. Vielleicht kann mir jemand per Kommentar auf die Sprünge helfen.

Prämisse: „Während eine Zeremonie bestehende Ordnungen und Verhältnisse symbolisiert, zielt das Ritual auf eine Statusveränderung oder -bestätigung der Beteiligten im Verhältnis zu ihrer Umwelt ab.“ (aus: http://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/Geschichte/Tuto…)

In Hinblick auf den spätmittelalterlichen Stadtrat würde ich daher schließen, dass die Ratswahl selbst ein Ritual ist, das wiederum Teil einer Zeremonie ist, die sich aus dem Wahlvorgang, dem Bürgereid, dem Besuch des Gottesdienstes und dem Setzen der neu gewählten Ratsherren auf das Ratsgestühl zusammensetzt.

Sind Prozessionen, an denen die Ratsherren teilnahmen, also auch Rituale? Ich würde nein sagen, da sie keine Zustandsveränderung bewirken. Fronleichnamsprozessionen wären dadurch Zeremonien.

Zeremonien sind also immer Rituale, aber nicht umgekehrt. Zeremonien bestehen aus Ritualen.

Ist das eurer Meinung nach korrekt oder greift das zu kurz?
Freue mich über konstruktive Kritik und Ratschläge.
Danke!

Gruß,
Kristine

Hallo Kristine!

Unter der Prämisse, dass Deine Prämisse richtig ist, stimme ich Dir vollkommen zu.

Gruß sannah

Hallo, Kristine!

Im Duden steht:

_Ze|re|mo|nie [auch, österr. nur: …'mo:nie] álat.-mlat.(-fr.)ñ die; -, …ien [auch: …'mo:nien:] 1. [traditionsgemäß begangene] feierliche Handlung; Förmlichkeit. 2. (nur Plural) die zum ­)Ritus gehörenden äußeren Zeichen u. Handlungen (Rel.).

© Dudenverlag._

Und

_Ze|re|mo|ni|ell das; -s, -e: Gesamtheit der Regeln u. Verhaltensweisen, die zu bestimmten [feierlichen] Handlungen im gesellschaftlichen Verkehr notwendig gehören.

© Dudenverlag._

Und

_Ri|tus álat.ñ der; -, Riten: 1. religiöser [Fest]brauch in Worten, Gesten u. Handlungen. 2. das Vorgehen nach festgelegter Ordnung; Zeremoniell

© Dudenverlag._

Und

_Ri|tu|al, das; -s, Plur. -e und -ien […ien] álat.ñ (religiöser Brauch; Zeremoniell);

© Dudenverlag.

Und bei Meyer

Ritual svw. Ritus.

© Meyers Lexikonverlag.

Du liegst also richtig

Gruß Fritz_

Hallo Kristine,

klingt so richtig aber für mich etwas unvollständig. Ich versuche die Sache mal anders herum:
Das Ritual ist ja prinzipiell immer vergangenheitsbezogen und erfüllt den Zweck einer Legitimation. Zeremonie hingegen ist ein technischer Ablauf der in formalisierter Form zunächst einmal die Wichtigkeit einer Handlung betont. Im weiteren Sinne auch das Verhältnis Beteiligter festschreibt.
Ein Beispiel: Die Kaiserkrönung war zunächst Zeremonie. Sie betonte die Wichtigkeit des Kaisers gegenüber all den anderen. Je nach Rang speilten die anderen „wichtigen“ ebenfalls ihre Rollen in der Zeremonie.
Die eigentliche Salbung jedoch war Ritual. Sie legitimierte den Kaiser als „von Gottes Gnaden“. Und natürlich kann das Ritual selber nicht ohne Zeremoniell ablaufen, denn es musste ja auch betont werden, dass der Papst ebenfalls wichtig war. Hätte die Salbung im stillen Kämmerlein stattgefunden, wäre sie immer noch Ritual gewesen aber nicht Zeremoniell.
Theoretisch kann also beides unabhängig voneinander sein, in der Praxis war es wohl eher nicht, da die Rituale selbst politsch dermaßen wichtig waren, dass sie auch förmlich nach Zeremoniell schrien.
Um auf das Beispiel mit den Ratsherren zurückzukommen, so ist die Wahl eher Zeremoniell, der Gottesdienst jedoch Ritual. Und die Prozessionen waren beides. Zunächst einma Ritual, aber auch Zeremoniell, denn natürlich gingen die Ratsherren nicht mitten im Volk sondern in hervorgehobener Position.

Gruß
Peter B.

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