Unterschied zw. Hoch- u Flachschuss (Artillerie)

Hallo, ich weiß zwar, dass das Thema hier nicht direkt hingehört, jedoch dachte ich mir, dass es ja auch wahrscheinlich etwas mit Luftwiderständen und so zu tun hat. Daher hab ich es mal hier reingesetzt.
Wenn es einen passenderen Bereich gibt, dann verschiebt mich ruhig. Ob Millitärhistorie jetzt das richtige ist, bezweifele ich aber.

MEINE FRAGE:
In einem Physikbuch ging es um das Thema Wurfparabeln. Fazit war, dass man bei vernachlässigung des Luftwiderstands mit 45° am weitesten Kommt. Mit 35° kommt man genauso weit wie mit 55°. usw.
Nebenbei wurde gesagt, dass man beim Millitär hier von einem Flach- bzw. Hochschuss spricht. Außerdem soll es da einen Unterschied geben, auf den sind sie allerdings nicht eingegangen.
Mich interessiert das jedoch.
ALSO: Was ist der Unterschied zwischen einem Flach- und einem Hochschuss?

Danke schonmal fürs Hirn anstrengen.
Xabbu

hi Xabbu

der unterschied ist ganz klar, wenn man bedenkt, was der sinn einer artillerie ist. es geht ja immer darum, ein ziel zu treffen und damit zu zerstören. bei einem flachschuss (wie er von einer kanone durchgeführt wird), trifft das projektil in einem relativ flachen winkel auf das ziel. je flacher der winkel ist, desto schneller muss das projektil sein, damit ich noch eine vernünftige distanz überbrücken kann. dafür geht aber auch das zielen leichter.

bei einem hochschuss, wie er von einem mörser durchgeführt wird, trifft das projektil in einem steilen winkel auf das ziel. mit anderen worten: es trifft von oben auf das ziel und nicht von vorne/von der seite. wenn man bedenkt, dass z.b. ein panzer vorne ca. einen meter stahl als panzerung hat, oben aber nur einige zentimeter, dann macht das durchaus einen riesigen unterschied.

ein anderer ansatz: das zu zerstörende ziel liegt hinter einer 4 meter hohen mauer. mit einem flachen winkel ist damit das ziel unmöglich zu treffen, da ich entweder auf die mauer schiesse oder über das ziel hinaus feuere. natürlich kann ich solange auf die mauer feuern, bis diese zusammenbricht. von einem möglichen überraschungseffekt ist dann aber nicht mehr zu reden. mit einem steilen winkel kann ich aber möglicherweise sehr wohl das ziel treffen (hängt natürlich davon ab, wie nahe ich am ziel bin).

es gibt übrigens noch eine dritte kategorie von arilleriewaffen, nämlich die haubitzen, die ein mittelding aus kanone und mörser sind. kanonen zeichnen sich ja durch einen relativ langen lauf und relativ hohe projektilaustrittsgeschwindigkeiten aus, mörser hingegen sind vergleichsweise kurz. hier geht es auch nicht nur um austrittsgeschwindigkeiten sondern um das perfekte zusammenspiel von geschwindigkeit und winkel. eine haubitze steht irgendwo dazwischen, ist also kürzer als eine kanone und länger als ein mörser.

unterschiede gibt es auch bei der menge der treibladung: für kanonen gibt es meist nur zwei verschiedene treibladungen: eine grosse und eine sehr grosse. bei einem mörser kann man meist praktisch auf das gramm genau die ladung bestimmen, da ich sonst zu sehr mit den verfügbaren winkel eingeschänkt wäre und damit das ziel ev. nicht treffen würde. haubitzen haben meines wissens nach ebenfalls relativ fein abstimmbare treibladungen.

wenn du jemals das computerspiel „worms“ oder eine seiner abwandlungen gespielt hast, wirst du sofort verstehen, dass man manche ziele nur mit einem bestimmten winkel und einer bestimmten treibladung treffen kann und dass die entfernung manchmal relativ irrelevant ist.

lg
erwin

der unterschied ist ganz klar, wenn man bedenkt, was der sinn
einer artillerie ist. es geht ja immer darum, ein ziel zu
treffen und damit zu zerstören. bei einem flachschuss (wie er
von einer kanone durchgeführt wird), trifft das projektil in
einem relativ flachen winkel auf das ziel. je flacher der
winkel ist, desto schneller muss das projektil sein, damit ich
noch eine vernünftige distanz überbrücken kann. dafür geht
aber auch das zielen leichter.

Letzteres kann man noch etwas präzisieren. Beim Flachschuss ist dierektes Richten möglich. Das heißt, dass man das Ziel wie bei einem Gewehr durch eine Optik anvisiert. Beim Hochschuss ist dagegen indirektes Richten erforderlich. Das heißt, es gibt keine Zieloptik (meistens sehen die Kanoniere das Ziel gar nicht) sondern Ladung und Rohrerhöhung müssen aus Parametern wie Entfernung zum Ziel, Windgeschwindigkeit usw. berechnet werden.

Ja herzlichen Dank erstmal.

Ich hatte jetzt eigentlich mit eher theoretischen Unterschieden gerechnet (Veränderung der Bahn durch berücksichtigung des Luftwiderstands, usw.).
Das mit dem Bezug auf die Artillerie wirklich „praktische“ Unterschiede zwischen dem flachen und dem hohen Schießen gemeint waren, war mir garnicht in den Sinn gekommen. Herzlichen Dank aber auf jeden Fall.

noch ein kurzer nachtrag
das problem mit der ballistik ist natürlich nicht nur den herstellern von mörsern sondern auch den bauern von verteidigungsanlagen bekannt (wobei das seit dem aufkommen von lenkwaffen ziemlich obsolet ist).

vor allem bei festungen, die einen seeweg verteidigen/beschützen sollen, kann man von einem gewissen mindestabstand ausgehen, den der angreifer hat (der gegner kommt vermutlich per schiff, das hat einen gewissen mindesttiefgang, kann daher maximal soweit bis zum ufer sich nähern etc.). man kann also eine festung bauen, in der gewisse bereiche praktisch unmöglich direkt durch mörser beschossen werden können (weil z.b. der winkel derart steil sein müsste, dass eine irre hohe treibladung notwendig wäre, damit das projektil ausreichend weit fliegt - und so ein mörser hält auch nicht jede treibladung aus). genau in diesen bereichen waren dann auch die extrem sensiblen teile der festung (v.a. das munitionslager - eh klar).

dem posting von dr.stupid gebe ich natürlich recht. es liegt in der natur der sache, dass man mit „echten“ kanonen praktisch nur auf sicht schiesst, da man einfach nur eine gewisse maximal-distanz reichweite hat. tatsächlich sind die meisten waffen, die man landläufig als kanonen bezeichnet, in wirklichkeit haubitzen. nur mit denen kann man ziele angreifen, die kilometerweit entfernt sind. um mit einer haubitze was zu treffen, braucht man eine gute aufklärung - sprich ein typ mit funkgerät, der vor ort die sache mit ferngucker überwacht, die koordinaten des ziels bekannt gibt und nach der ersten salve bekannt gibt, um wieviel man die nächste salve korrigieren muss. hat sich auch in heutiger zeit nicht viel geändert: auch bei modernen lenkbomben sitzt ein typ mit laserlampe vor ort und beleuchtet das ziel. die bombe folgt einfach nur der reflexion des lasers. wird aber meist verschwiegen, da das nicht dem bild entspricht, dass ein hollywood-verwöhnter normalbürger von einem high-tech-krieg hat.

lg
erwin

Ich hatte jetzt eigentlich mit eher theoretischen
Unterschieden gerechnet (Veränderung der Bahn durch
berücksichtigung des Luftwiderstands, usw.).

Solche Unterschiede gibt es natürlich auch. Bei richtig hohen Schüssen muß man beispielsweise die Corioliskraft berücksichtigen. Allerdings sind auch diese Unterschiede nur quantitativ, weil Reibung, Corioliskraft usw. auch bei Flachschüssen wirken. Da ist ihr Einfluß nur so gering, dass man ihn (meist) vernachlässigen kann.

Hallo,

ich weiß zwar, dass das Thema hier nicht direkt
hingehört, jedoch dachte ich mir, dass es ja auch
wahrscheinlich etwas mit Luftwiderständen und so zu tun hat.

Ahja, und Luftwiderstand hört sich so ähnlich mit Luftfahrt an
… das muß ja passen ?

Daher hab ich es mal hier reingesetzt.

Äußerst scharfe Denke :wink:

Wenn es einen passenderen Bereich gibt, dann verschiebt mich
ruhig. Ob Millitärhistorie jetzt das richtige ist, bezweifele
ich aber.

Schau ma mal .

MEINE FRAGE:
In einem Physikbuch

Aha - könnte es sich evtl. um ein physikalisches Problem handeln ?
Naja, daß jetzt das Brett „Mathematik und Physik“ gehören könnte,
kann man natürlich in dem Zusammenhang schwerlich erkennen.

ging es um das Thema Wurfparabeln. Fazit
war, dass man bei vernachlässigung des Luftwiderstands mit 45°
am weitesten Kommt. Mit 35° kommt man genauso weit wie mit
55°. usw.

Ja und mit Luftwiderstand wird es natürlich nicht ganz so sein,
weil das der Weg und die Zeit doch recht unterschiedlich sind
und damit der Luftwiderstand unterschiedlich Einfluß nehmen kann.

Nebenbei wurde gesagt, dass man beim Millitär hier von einem
Flach- bzw. Hochschuss spricht. Außerdem soll es da einen
Unterschied geben, auf den sind sie allerdings nicht
eingegangen.
Mich interessiert das jedoch.
ALSO: Was ist der Unterschied zwischen einem Flach- und einem
Hochschuss?

Daß es dabei um die Problematik des „direkten Richtens“ (bzw. auch
direkter Schuß) und des indirekten Richtens geht, wurde ja schon
vermittelt.
Daraus ergeben sich nun noch weitere praktische Erwägungen und
physikalische Randbedingungen.

Beim direkt Richten muß das Ziel also in Sichtweite sein. Das ist
in Praxis nur bis ca. 3km Entfernung möglich und sinnvoll.
Anwendung z.B. Panzer und Panzerabwehr. Die Punktziele sind rel.
klein und können mit geringer Sprengkraft zerstört werden.
Bei Panzerabwehr werden heute meist keine Projektile mit
Sprengwirkung verschossen, sondern nur Wuchtgeschosse.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wuchtgeschoss

Dabei kommt nun aber trotzdem zu dem Problem, daß der Schuß in Anhängigkeit von der Entfernung und der Geschoßgeschw. eine
gewisse Überhöhung der Flugbahn benötigt. Diese Überhöhung wird
umso größer, je langsamer das Geschoß ist. Damit kommt man bei
langsamer Geschoßgeschw. schnell zu recht hohen Abschußwinkeln
und damit auch zu deutlich geringerer Genauigkeit.
Die Wuchtgeschosse funktionieren natürlich auch nur mit hoher
Geschw.
Infolge dessen haben Waffen, die hauptsächlich für das direkte
Richten ausgelegt sind, eine sehr hohe Vo (Anfangsgeschw.), die
durch entsprechend hohe Brisanz der Ladung erreicht wird.
Dann ist die Flugbahn beim direkten Richten umso flacher und die
Genauigkeit entsprechend höher (geringerer Einfluß von Entfernung
und Wind auf die Genauigkeit).
Ein Sonderfall ist der direkte Schuß, bei dem die Vo noch
größeren Einfluß hat.
http://de.wikipedia.org/wiki/Direkter_Schu%C3%9F
Nachteil der hohen Vo ist aber recht starker Verschleiß der Waffe
und entsprechend geringen Lebensdauer.

Waffen, die für indirektes Richten ausgelegt sind (Mörser,
Haubitzen, Granatwerfer), haben eher geringe Vo.
Diese Waffen sind dafür gedacht, große Mengen an Munition
(tausende Schuß) über längere Zeit klaglos und ohne viel Wartung
zu verschießen. Diese Waffen werden meist so aufgestellt, daß sie
aus größerer Entfernung (bei Haubitzen z.B. 10-40km )
und geschützter Stellung (Granatwerfer z.B. aus einer Stellung/Graben)
schießen. Die Brisanz der Ladung spielt hier weniger eine Rolle,
weil einfach keine Punktziele angegriffen werden, sondern Flächen-
ziele. Statt dessen wird eine große Wirkung durch möglichst große
Sprengladung erwünscht. Dementsprechend sind die Projektile
deutlich schwerer und damit sinkt automatisch der Luftwiderstand
im Verhältnis zur Masse. Eine so hohe Vo wie beim direkten Richten
nötig ist, würde beim „weitschießen“ sowieso auf den ersten paar
km der Flugbahn verbraten werden, weil der Luftwiderstand sich
quadratisch zur Geschw. erhöht und bei Überschall nochmal
progressiv zunimmt.
Hier ist es also eher so, daß man mit viel Masse des Projektils
und rel. niedriger Geschw. weiter kommt, als mit kleiner Masse
und hoher Vo.

Das ist nun schon eine ganze Abhandlung über Hintergründe.
Ich hoffe, daß es Verständlich genug ist.
Gruß Uwi