Unterschiedliches Schmerzempfinden im Gewebe?

Hallo,
wie erklärt man sich, dass ein Schlag mit der flachen Hand eher brennt, während ein Schlag mit einem spitzen Knöchel eher wie ein Stoß schmerzt?
Werden da Nozirezeptoren in unterschiedlichen Gewebeschichten angeregt? Und das fühlt sich eben anders an?
Wo ist der evolutionäre Vorteil zu wissen, in welchem Gewebe man sich gerade verletzt?
Oder sind die unterschiedlichen Gewebe evolutionär unterschiedlich alt und die Verarbeitung findet in unterschiedlichen Regionen statt?

Vielen Dank für Hilfe
Viele Grüße
Tim

Hallo Tim,

wie erklärt man sich, dass ein Schlag mit der flachen Hand
eher brennt, während ein Schlag mit einem spitzen Knöchel eher
wie ein Stoß schmerzt?

man kann verschiedene Schmerztypen unterscheiden. Es gibt einerseits den somatischen, andererweits den viszeralen Schmerz.

Der viszerale Schmerz ist der Eingeweideschmerz, der meist dumpf, seltener stechend und so gut wie gar nicht brennend ist, und an die nahe Körperoberfläche projeziert wird. So verursacht beispielsweise die Bauchspeicheldrüse einen gürtelförmigen Schmerz, der sich um die linke, obere Abdomenhälfte zieht. Typisch ist auch die Projektion von Herzschmerzen auf die linke Brusthälfte, den linken Arm oder auch den Unterkiefer (Herzinfarktpatienten glauben manchmal tatsächlich, Zahnschmerzen zu haben).

Der somatische Schmerz stammt von Haut, Muskeln, Bindegewebe und Knochen(haut). Er kann in einen Oberflächenschmerz und einen Tiefenschmerz unterteilt werden. Der Oberflächenschmerz ist i.d.R. hell, brennend oder stechend, stammt von der mit Schmerzrezeptoren dicht besetzten Haut und ist meist gut lokalisierbar, weil es eben genau da weh tut, wo die Schmerzursache liegt. Die Schmerzfasern, die diesen Schmerz leiten, sind überwiegend die schnellen, myelinisierten Aδ-Fasern, wohingegen der Tiefenschmerz von den langsamen, unmyelinisierten C-Fasern übertragen wird. Deshalb dauert es länger, bis der Tiefenschmerz anflutet, dafür hält er oft auch etwas länger an. Die Qualität des Tiefenschmerzes ist eher dumpf und er lässt sich schwerer lokalisieren. Leute mit Rückenschmerzen beispielsweise können bei der ärztlichen Untersuchung manchmal gar nicht sagen, wo genau der Schmerz sitzt.

Werden da Nozirezeptoren in unterschiedlichen Gewebeschichten
angeregt? Und das fühlt sich eben anders an?

Genau so ist es.

Wo ist der evolutionäre Vorteil zu wissen, in welchem Gewebe
man sich gerade verletzt?

Der Vorteil liegt darin, dass der Körper darauf mit der zum Schmerz (und somit zum verletzten Gewebe) passenden Schutzbewegung und Schonhaltung reagiert. Wenn ich mir auf dem Braschen-Fußballplatz am Oberschenkel die Haut aufschürfe (Blutgrätsche *g*), brauche ich nicht humpeln, weil es erstens keine Linderung bringt und zweitens keinen Sinn hat. Bekomme ich aber einen harten Schlag auf das Kniegelenk (Knie auf Knie tut sauweh), werde ich wohl kaum ohne Humpeln vom Platz gehen können.

Oder sind die unterschiedlichen Gewebe evolutionär
unterschiedlich alt und die Verarbeitung findet in
unterschiedlichen Regionen statt?

Das weiß ich nicht, könnte es mir aber vorstellen. Ich meine, mal gehört oder gelesen zu haben, dass die C-Fasern entwicklungsgeschichtlich älter sind, ich bin mir da jetzt aber überhaupt nicht sicher.

LG
Huttatta