Unverschämte Arztrechnung

Guten Tag,

muss ich in Belgien lebend eine Arztrechnung begleichen, obwohl keine Honorarvereinbarung mit dem deutschen Arzt getroffen wurde? Darüber hinaus die Untersuchungen nicht stattgefunden haben - es fand lediglich ein ärztliches Vorgespräch statt. In diesem Gespräch wollte ich abklären, welche Untersuchungen der Arzt für sinnvoll erachtet, um zu erfahren, inwieweit meine belgische Kasse die Kosten übernehmen würde, wenn die Untersuchungen in Deutschland stattfinden.

Kann ich darauf bestehen, dass der Arzt die Ergebnisse der angeblichen Untersuchungen mirgegenüber offenlegt?

Bei Interesse kann ich mein Anliegen ausführlicher darlegen.

Vielen Dank und Gruß
Thomas

Hallo Thomas,
ich denke eine Honorarvereinbarung muss nicht getroffen werden, aber Leistungen die nicht erbracht wurden, können auch nicht in Rechnung gestellt werden.
Gezahlt werden muss nur für das erfolgte Vorgespräch.
Kann es sein, dass die Leistungen nur versehentlich abgerechnet wurden? Was sagt denn der Arzt dazu? Vielleicht reicht ein Anruf und er erkennt seinen Fehler und berichtigt die Rechnung?
Viele Grüße
Anja

Hallo Anja,

vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich habe leider schon ziemlich viel versucht. Ich hoffe, die Schilderung sprengt nicht den Rahmen:

Im Frühjahr 2009 hatte ich den Facharzt meiner Mutter aufgesucht, da ich auch ihr gesetzlicher Betreuer bin. Mit dem Facharzt sprach ich insgesamt maximal ein halbe Stunde. Die Diskussion/ärztlichen Erläuterung des Gesundheitszustandes meiner Mutter nahmen über die Hälfte der Zeit in Anspruch. Da ich ebenfalls ein Leiden habe, dass in das Fachgebiet des Arztes fällt, sprachen wir auch darüber. Es war der erste und einzige Sprechstundentermin, den ich mit dem Arzt vereinbart hatte. Zuvor hatte ich nur telefonisch mit ihm Kontakt, um über meine Mutter zu sprechen.

Ich hatte den Arzt nach möglichen Untersuchungen gefragt, die er in meinem Fall für sinnvoll erachtet. Untersuchungen wurden keine durchgeführt. Es fand lediglich ein Gespräch statt, indem ich dem Arzt auch u. a. erläuterte, dass ich Vorschläge zu Untersuchungen erst meiner Kasse in Belgien, wo ich zur Zeit lebe, vorlegen muss, um zu erfahren, inwieweit eine Übernahme der Kosten möglich ist, sollten die Untersuchungen in Deutschland durchgeführt würden. Ich bin davon ausgegangen, dass ich für die Unterredung eine Honorarabrechnung bekomme, obwohl vorab keine Honorarvereinbarung getroffen wurde.

Einige Wochen später bekam ich die Rechnung zugeschickt, ob deren Höhe ich mehr als erstaunt war, da weder eine Honorarvereinbarung getroffen wurde, noch Untersuchungen in irgendeiner Art und Weise durchgeführt wurden. Abgerechnet wurden Ziffern 800, 801 und 804. Alle Ziffern wurden mit dem Faktor 3,5 versehen, was zu einem Gesamtbetrag von 121,38 EUR führte. Durch dieses Forum ist mir nunmehr bekannt, dass Faktor 2,3 üblich ist und Faktor 3,5 nur bei besonderem Aufwand zu rechtfertigen ist.

Ich bat den Arzt schriftlich per Email um Aufklärung, was bei mir untersucht worden sei und setzte die von ihm beauftragte Verrechnungsstelle in Kopie. Ich bekam keine Erläuterung – stattdessen eine um Ziffer 804 reduzierte Rechnung. Ziffer 804 (Eingehendes therapeutisches Gespräch) ist aber die einzige Ziffer, die ich akzeptieren würde, da das Gespräch stattgefunden hat. Der Rechnungsbetrag reduzierte sich dadurch auf 90,78 EUR.

Da mit dem Arzt keine Einigung zu erzielen war, bat ich im Herbst den Honorarausschuss der zuständigen Landesärztekammer um Hilfe / Schlichtung. Der Arzt ist ebenso wenig wie mir der Bitte des Ausschuss nachgekommen, zu belegen, welche Untersuchungen vorgenommen wurden. Gemäß der Erläuterungen des Honorarausschusses sind mit Ziffern 800 und 801 umfangreichste Neurologische Untersuchungen verbunden, von denen keine einzige – auch nur ansatzweise – stattgefunden hat.

Mir wird jetzt mit dem Mahnverfahren gedroht, so dass ich gerne gewusst hätte,

1.welche Möglichkeiten mir offen stehen – insbesondere unter Berücksichtigung meines belgischen Wohnsitzes und das ich keine deutsche Kasse habe, die diese Kosten decken würde.
2.Kann ich darauf bestehen, die Untersuchungsergebnisse im Detail zu bekommen, um sie meinem Arzt in Belgien vorlegen zu können?
3.Muss ich diese Honorarabrechnung akzeptieren, obwohl vorab keine Honorarvereinbarung getroffen wurde. Es steht, wenn es hart auf hart kommt, vermutlich Aussage gegen Aussage, ob Untersuchungen stattgefunden haben oder nicht ….?
Vielen Dank und viele Grüße

Thomas

Hallo Thomas,
uih…das ist ein schwieriger Fall.
Ich denke da wirst Du um die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht herum kommen.
Wenn der Arzt den 3,5fachen Satz abgerechnet hat, muss er eine entsprechende Begründung angegeben haben. Hat er dies nicht, hätte er eine Honorarvereinbarung treffen müssen.
Ich würde bei der Verrechnungsstelle anrufen. In einem Telefonat lässt sich die Sache sicher besser klären, als auf dem schriftlichen Wege. Ich würde der Sachbearbeiterin dort nochmal den Fall schildern. Sie müsste dann nochmals Kontakt mit dem Arzt aufnehmen.
Ob Du auf die Rausgabe der Untersuchungsergebnisse bestehen kannst, weiss ich leider nicht. Aber grade bei 800 und 801 gibt es ja wenn nur Aufzeichnungen des Arztes. Da es ja keine apparativen Untersuchungen sind, wo ein Ausdruck mit Datum vorhanden ist.
Denke als auch es steht Aussage gegen Aussage …

Vielleicht gibt es hier einen Rechtsanwalt, der mehr dazu sagen kann??

Viele Grüße
Anja

Hallo Anja und nochmals vielen Dank!
Ich hatte bereits mehrfach mit der Verrechnungsstelle gesprochen und werde es morgen nochmals tun. Keine der Rechnungen ist mir erklärt worden - ich weiß ja bis heute nicht, was da untersucht worden sein soll und der 3,5-fache Satz wurde auch nicht begründet. Dem Arzt habe ich zur Begrüßung und bei der Verabschiedung die Hand geschüttelt. Ansonsten wurde sich nur unterhalten.

Auf der Rechnung ist lediglich ein standard Leistungstext mit Begründung vermerkt, z.B. zur Ziffer 800: Neurolog. Untersuchung. Erstuntersuchung zum Ausschluss einer neurodegenerativen Erberkrankung, ausführliche Erläuterung.

Rechtfertigt das bereits den 3,5-fachen Satz?

Nochmals vielen Dank und Gruß

Thomas

Hallo Thomas,

eigentlich sollte die Verrechnungsstelle schon in der Lage sein, die Rechnungen bzw. die einzelnen Ziffern zu erklären. Bei einer neurol. Untersuchung müssen sowiet ich weiß drei Teilbereiche (Motorik und solche Dinge) untersucht werden.
Sie ist keine Beratung und beinhaltet auch keine Beratung. Die angegebene Begründung würde ich als ausreichend ansehen. Wenn du allerdings gar nicht untersucht wurdest, dann ist die Ziffer falsch gewählt.

Du hast mehrere Rechnungen erhalten?

Hast Du schon selbst mit dem Arzt darüber gesprochen?

Viele Grüße
Anja

Hallo Anja,
ja, ich habe insgesamt 2 Rechnungen erhalten, wobei die 2. eine Korrektur der ersten war. In der 2. Rechnung fehlte Ziffer 804 (das eingehende therapeutische Gespräch), was nach meiner Auffassung aber die einzige korrekte Ziffer wäre.

Wenn ich dich richtig verstehe, dann sind diese Standardbegründungen, die das System der Abrechnungsstelle bei Auswahl der entsprechenden Ziffer zieht, als Begründung für den Faktor 3,5 ausreichend?

Nochmals vielen Dank und viele Grüße
Thomas

Hallo Thomas,

ich halte die Begründung für ausreichend. Aber das ist eben immer Ermessenssache. Dafür gibt es keine Vorschriften.
Wie willst Du jetzt weiter vorgehen?
Ich denke ohne Anwalt kommt man bei diesem Arzt nicht weiter…

Viele Grüße
Anja

Hallo Anja,

das ist ja das ganze Problem an der Sache. Ich meine, dass man ohne Anwalt nicht weiter kommt. Die Anwaltskosten stehen vermutlich in keinem Verhältnis zur Rechnungshöhe, was auch der Arzt weiß. Darüber hinaus steht immer noch Aussage gegen Aussage. Ich frage mich, ob man Rechnungen ohne eingehende Erläuterung akzeptieren muss? Wenn mir ein Anwalt versichern könnte, dass man gute Chancen vor Gericht hätte, wäre das etwas anderes. Das kann ich aber kaum glauben …

Heute habe ich mich nochmals telefonisch und danach nochmals per Email an die Verrechnungsstelle gewandt und folgende Fragen gestellt:

  1. Ist es möglich, die Ergebnisse der Untersuchung von besagter Rechnung zu bekommen, damit ich sie meinem behandelnden Arzt in Belgien vorlegen kann, der Deutsch versteht?
  2. Hätte mit mir - mit Wohnsitz in Belgien - nicht vorab eine Honorarvereinbahrung getroffen werden müssen? Hätte ich vorher gewusst, was in Deutschland ein Arzt aufgrund eines einfachen Gespräches abrechnet, hätte ich gerne auf das Gespräch verzichtet. Ich kenne mich leider mit der GOÄ und den Faktoren nicht aus.
  3. Mittlerweile weiß ich, dass Faktor 2,3 üblich ist und ich hätte gerne gewusst, womit der Mehraufwand, um Faktor 3,5 abrechnen zu können, exakt begründet wird?

Mal sehen, was zurück kommt.

Nochmals vielen Dank für dein Bemühen.

Viele Grüße
Thomas

Hallo Thomas,
ich bin gespannt, was aus der Sache wird. Wenn es Neuigkeiten gibt, halte mich doch einfach mal auf dem Laufenden!
Tut mir leid, dass ich Dir auch nicht so wirklich weiterhelfen konnte.

Viele Grüße
Anja

Hallo Anja,
sobald es Neuigkeiten gibt, werde ich sie hier posten. Aber ich habe wenig Hoffnung. Mir könnte höchstens ein Anwalt helfen und für Anwälte ist es nicht lukrativ genug - vielleicht hier im Forum …? Du bist wahrscheinlich Ärztin und kannst daher in juristischen Fragen auch nicht weiter helfen? Es gibt in jeder Branche schwarze Schafe und mein „kleiner“ Fall ist wahrscheinlich einer unter sehr vielen, da das System es leicht macht, Rechnungen zu stellen, da der Patient es i. d. R. nicht kontrollieren kann oder es ihm egal ist, da die Kasse die Rechnung zahlt - nur das kommt früher oder später durch höhere Kassenbeiträge zurück. Ich hätte vorab nach einer Honorarvereinbarung fragen müssen - hinterher ist man immer klüger …

Hallo Anja,

ich habe den Beitrag zu früh abgeschickt: Ich wollte dir natürlich danken!

Bis die Tage!

Thomas

Hallo Thomas,

ich bin keine Ärztin. Kenne mich nur mit der Abrechnung aus. Aber vielleicht findest Du hier im Forum wirklich einen Rechtsanwal der Dir helfen kann.

Bis dann!

Viele Grüße
Anja

Hallo Anja - ich hoffe, du liest den Text noch!

Ich wollte nur einen Zwischenstand abgeben: Nach unserem letzten Austausch hier über das Forum schrieb ich dem Neurologen bzw. dessen Abrechnungsstelle noch eine letzte Mail in der ich den Sachverhalt nochmals erklärte und um die Untersuchungsergebnisse bat. Zugleich bat ich um eine Erklärung wie es bei einem Gespräch, dass ich mit dem Arzt führte, zu einem Abrechnungsfaktor von 3,5 kommen kann - wo doch ein Faktor von 2,3 üblich ist und ob er mir überhaupt so eine Rechnung stellen kann/darf, obwohl ich vorab keine Honorarvereinbarung unterschrieben hatte.

Kurze Rede langer Sinn: Seitdem (Ende Januar?) habe ich weder etwas vom Arzt noch von seiner Abrechnungsstelle gehört. Das ist sicherlich noch keine endgültige Entwarnung - es soll aber alle ermutigen, Arztrechnungen ohne Honorarvereinbarung nicht einfach so hinzunehmen.

Viele Grüße

Thomas