Urkundenfälschung : Abziehen eines Preisschildes?

Hi,

zu folgender Problematik / Frage bin ich über jede qualifizierte Hilfe dankbar.

Sachverhalt :
A kratzt im Supermarkt des B ein Preisschild von einer Flasche ab, unter dem Preisschild kommt ein altes Preisschild mit einem günstigeren Preis zum Vorschein.
Hat A eine unechte Urkunde hergestellt ? Denn nach gängiger Definition liegt eine unechte Urkunde vor, wenn sie nicht von dem stammt, der in ihr als Aussteller erscheint. Ursprünglich stammt die Urkunde aber ja von dem B, er hat das Preisschild ja nur überklebt. Ist dies unerheblich ? Hat sich schon jemand damit
auseinandergesetzt, kennt jemand Aufsätze etc?

Danke !!!

hi,

ich würde das ganze eher unter ungerechtfertigte bereicherung fallen lassen…

urkundenfälschung… ist ein preisschild eine urkunde? imho wohl kaum…

gruss vom

showbee

Hi,

es geht hier um die Frage der strafrechtlichen Bewertung, nicht um Kondiktionsansprüche oder deliktische Ansprüche.
Im übrigen, und daher habe ich um qualifizierte Antworten gebeten, ist das Preisschild in fester Verbindung mit der Ware
eine Urkunde, nämlich eine sogenannte zusammengesetzte Urkunde.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

das ist ein Standardproblem. Ja, es ist nach h.M. Urkundenfälschung, weil der Wille des Ausstellers entscheidend ist. Auch wenn das ursprüngliche Preisschild noch unter dem neuen vorhanden ist, ändert dies nichts daran, dass durch Überkleben eine neue zusammengesetzte Urkunde entstanden ist. Diese wird auch dadurch verändert, dass man nur das ursprüngliche Preisschild wieder sichtbar macht, denn der Aussteller hat ja gerade durch das Überkleben seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass das ursprüngliche Preisschild nicht mehr gelten soll, sondern dier Urkunde jetzt aus dem neuen Preisschild und der Ware bestehen soll.

Einfach mal Kommentierung zu den Urkundsdelikten lesen.

Gruß vom Wiz

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

eher Betrug
Tag,

ob Urkundenfälschung oder nicht: In meinen Augen ist das Betrug.

Gruß
Christian

P.S.
§263 StGB zum Nachlesen:
http://wwwwbs.cs.tu-berlin.de/cgi/gesetze/StGB/data/…

Das ein Betrug vorliegt, wenn die Ware bezahlt wird, ist wohl unstreitig. Das schließt eine Urkundenfälschung aber nicht aus.
Das wäre höchstens ein Konkurrenzproblem - lässt die Tatbestandsverwirklichung des § 267 aber unberührt.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Urkunden
Zum Thema Urkunde kannst Du Dich ja mal hier umschauen:
http://radtke.jura.uni-sb.de/Archiv/Uebung/SS99/besp…

Gruß
Christian

Es wird ja bei § 267 m.E. nur die Echtheit geschützt, eine Urkunde, die nicht mehr aktuell ist (also inhaltlich falsch), bleibt echt. Ein altes Testament wird ja nicht unecht, indem ich ein neues aufsetze und das alte in den Papierkorb werfe.

Es dürfte daher allenfalls Urkundenunterdrückung in Frage kommen.

Hallo,

sorry, Du vergist bei Deiner Argumentation aber, dass es sich bei dem Preisschild und der Ware nach h.M. um eine zusammengesetzte Urkunde handelt. D.h. die Urkundswirkung kommt nur dadurch zustande, dass beide Teile im unveränderten Zusammenhang bleiben. Und dieser wird durch Entfernen des neuen Preisschildes nicht weniger verändert, als z.B. durch weiteres Überkleben mit einem dritten Schild, Verändern durch Schrift, o.ä.

Daher hinkt der Vergleich mit dem Testament. Dieses ist für sich alleine Urkunde. Vergleichbar wäre der Fall (ohne zusammengesetzte Urkunde) z.B. dann, wenn man annehmen würde, jemand streicht aus seinem Testament eine Passage mit Füller. Ein anderer löscht jetzt geschickt den Füllerstrich mit einem Tintenkiller. Dadurch wird der ursprünglich geäußerte Wille wieder perpetuiert. Allerdings war dieser ja zuvor durch den Strich verkörpert geändert worden. Klarer Fall von Urkundenfälschung, obwohl doch ein vorher vorhandener Wille wieder zum Ausdruck gebracht wird, weil dies eben nicht Ausdruck des Willens des Ausstellers ist. Und der entscheidet schließlich.

Wer also gegen den Willen des berechtigen „Überklebers“ das alte Preisschild wieder sichtbar macht, ist genau so zu bestrafen, weil er eben die zusammengesetze Urkunde unberechtigt verändert hat.

Gruß vom Wiz

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Vorsicht, keine Sachverhaltsquetsche. Den Fall, den Du schilderst, kennt ja eigentlich jeder. Aber hier stelle ich ja nicht eigenmächtig einen Zusammenhang her, der nicht bestand, wie beim Austauschen von Preisschildern. Hier ist auch die andere „alte“ zusammengesetzte Urkunde echt, den der Zusammenhang zwischen altem Preis und Ware bestand ja einmal. In deinem Fall ist die Urkunde von dem Aussteller so nie erstellt worden, daher ist sie unecht.

Hallo,

sorry, aber ich glaube, Du hast das Beispiel nicht ganz verstanden. Im _Gegensatz_ zu _Deinen_ Testamentsbeispiel, bei dem durch Ausstellen des 2. Testaments zwei Urkunden parallel nebeneinander existieren, gibt es bei der zusammengesetzten Urkunde Preisschild+Ware nur eine Urkunde. Es existiert also nach dem Überkleben rechtlich nur noch die aus Ware und neueem Schild zusammengesetzte Urkunde. Das alte Preisschild gehört jetzt rechtlich nicht mehr zum Urkundebegriff, da dieses durch das Überkleben nicht mehr „zum Beweis im Rechtsverkehr“ dient. Der ursprüngliche Verwender hat das erste Schild durch das Überkleben Entwidmet. Es ist daher vollkommen unerheblich, ob die Veränderung der neuen zusammengesetzten Urkunde dadurch geschieht, dass das alte, entwidmete Schild wieder zum Vorschein kommt, oder anderweitig (weiteres Überkleben o.ä.) manipuliert wird.

Daher mein abweichendes Testamentsbeispiel, bei dem im Unterschied zu Deinem Testament eben auch nur eine Urkunde existiert, bei der dann vielleicht etwas deutlicher wird (ohne die zusaätzliche Komplikation mit der zusammengesetzten Urkunde), dass auch das Wiederherstellen einer ursprünglich mal vorhandenen Willensperpetuierung starfbar ist.

Gruß vom Wiz, der im Gerichtsparktikum mal Kritik an einer Anklage der StA geäußert hat, weil dort zwar ein Kennzeichendiebstahl, nicht aber die Urkundenfälschung für die Verwendung des Kennzeichens an einem anderen Fahrzeug angeklagt war (muss wohl einem Referendar durchgeschlüpft sein. Der AG-Leiter, langjähriger Zivilrichter wusste damit zwar nicht so viel anzufangen, die übrigen AG-Teilnehmer schon). In der Verhandlung am nächsten Tag, bei der wir dabei waren, gab es dann eine Nachtragsanklage (hatte unser AG-Leiter dem STA gesteckt), und die hat dem Täter dann weit mehr eingebracht, als der popelige Diebstahl.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]