Meine Frage ist: wodurch erhalten manche wenige Menschen im
Laufe ihres Lebens das was man Charme und Charisma nennt.
Die Formulierung „erhalten im Laufe des Lebens“ trifft es nicht so ganz. Vieles, was Charme und Charisma betrifft, hat man von Geburt an. Anderes kann man sich - mit Unterschieden - im Laufe des Lebens aneignen oder wird durch Lebensumstände und Erfahrungen beeinflusst.
Beide Begriffe werden zumindest im Alltagsgebrauch mit dem verknüpft, was man unter „Ausstrahlung“ versteht. Es geht bei beidem also um die Wirkung auf andere.
Eine grundsätzliche eindeutige Wertung ist mit beiden Begriffen nicht verbunden: Charisma und Charme haben gemeinsam, gewinnend, für sich einnehmend zu sein. Das sagt zunächst nichts darüber aus, ob das, was damit (bei einem selbst) bewirkt wird, positiv oder negativ ist. Beides kann auch manipulativen Charakter haben, wenn es gezielt eingesetzt wird: Den Charme des Hochstaplers oder des Triebtäters wird man unterm Strich kaum positiv bewerten, vom Charisma Hitlers nicht zu reden.
Charme ist etwas positiver besetzt, was sich u.a. im synonym verwendeten Begriff Liebenswürdigkeit zeigt - da ist jemand würdig, geliebt zu werden. Zauberhaft - man lässt sich gerne verzaubern. Charme hat auch eine zwischengeschlechtliche bis hin zur erotischen Komponente.
Charisma dagegen hat eine ganz wichtige Eigenschaft, die deutliche Unterscheidung einer durchaus vorhandenen Schnittmenge birgt: Charisma (ursprünglich eine Gottesgabe, die verknüpft war mit der Aufforderung, im Namen Gottes auszuziehen und zu verändern) ist an Führung geknüpft.
Mit diesen Gemeinsamkeiten und Unterschieden kommt man auch der Frage näher, inwieweit man sich zum Charme oder Charisma aneignen kann, wobei die Zone zwischen Wischmopp und herausragenden Lichtgestalten in dieser Hinsicht wie (Monroe, Kennedy, Ghandi, Eva Péron, etc.) groß ist.
Natürlich (sic!) sind dem gewissen Grenzen gesetzt: Ein stark introvertierter Mensch wird sich mit beidem schwer tun. Ein Mensch, der gar nicht Führen will oder dem andere Führungseigenschaften fehlen, wird nicht zum Charismatiker.
Vieles kann man sich aber auch tatsächlich aneignen: Lächeln, offene Körperhaltung, Interesse am Gegenüber zeigen, um nur einige wenige Punkte zu nennen.
Wie so oft kann man sich diesem Thema gut per Film annähern. „Catch me if you can“ ist ein schönes (und von di Caprio gut gespieltes) Beispiel dafür, wie Charme funktioniert und wie man sich ihn aneignen kann. Der Film und das Making of (und wohl auch das Buch Abagnales, das weiß ich aber nur vom Hörensagen) sind fast Lehrbuch in dieser Hinsicht. Di Caprio muss sich auch stundenlang mit Abagnale im Vorfeld unterhalten zu haben, um genau mitzubekommen, wie Mimik und Gestik wirkt, was man wie sagen muss, wann man besser wie schweigt, etc.
Invictus (Mandela) ist ein Beispiel für Charme und Charisma. Wobei der Film fast eher noch auf den charmanten als auf den charismatischen Mandela abhebt (weshalb er sich für die Unterscheidung eigentlich recht gut eignet). Aber auch Morgan Freeman zeigt sehr schön, worauf es ankommt, wenn man gewinnen will. Ebenfalls sehr deutlich wird auch hier, dass zwar eine gewisse „Grundbegabung“ vorhanden ist, vieles aber auch sehr gezielt sogar für einen klar definierten Zweck eingesetzt wird.
Ein ganz anderes, beklemmendes Beispiel ist Bruno Ganz in „Der Untergang“ oder Christoph Waltz in Inglourious Basterds.