Ursisch-humane Verhältnisse

Hallo!

was meint der Autor des Streiflichtes mit „ursisch-humane Verhältnisse“ in der heutigen Ausgabe? „ursisch“ finde ich nirgendwo.

Danke sehr

Stoiber, dessen prachsprägende Kraft von
der linken Haltungspresse immer nur verhöhnt wurde,
hat auch den Jahrhundertbegriff
„Problembär“ erfunden. In ihm spiegelt
sich die ganze Ambivalenz des ursisch-humanen
Verhältnisses in der postmodernen Betroffenheitsgesellschaft wider.

Lateinisch Ursus ist = Bär.

1 Like

Um Gottes Willen! Das ist Lateinisch. Ich suchte die ganze Zeit, die Bedeutung des Wortes in deutschen Wörterbüchern. Danke

Nein, das ist nicht Latein. Das ist ein lateinischer Wortstamm, der „aus Spaß“ mit einer deutschen Endung versehen wurde.

Wie so mancher hier finde ich, dass diese Glossen oft nur so tun, als seien sie ein Produkt von Bildung und Originalität.
Aber vielleicht ist das ja ein weit typischeres Kennzeichen von deutschen Texten als echte Qualität - und von daher doch gutes Material zum Deutschlernen?

5 Like

Wie @Karl2 gerade schon sagte: Es ist nicht lateinisch, sondern eine (wie bei SZ-Streiflicht nicht anders zu erwarten) ignorant-peinliche stilistische Albernheit. Das eingedeutschte lateinische Adjektiv würde „ursin“ (< ursinus) lauten. Komponiert also „ursin-human“. In biologischer Assoziation „ursid-hominid“.

2 Like

„Ursisch“ mit dieser Endung wäre im deutschsprachigen Bereich nur in der Schweiz zu finden, weil es nur dort den Vornamen Urs mitsamt verkleinertem Ursli gibt (der Schellen-Ursli ist vermutlich eines der fünf schönsten Bilderbücher der Welt).

Wenn man also irgendwo einen Menschen mit Namen Urs fände, der sprachliche Eigenheiten pflegt, könnte man dessen Sprache als Ursisch bezeichnen.

Ach ja - das ist der Schellen-Ursli:

https://petra-hucke.de/schellen-ursli/

Und das ist Chalandamarz („Die Kalenden des März“):

Schöne Grüße

MM

1 Like

Ich weiß nicht, warum die Schöpfung des Begriffs „Problembär“ offensichtlich völlig in Ordnung, jedenfalls aus deiner Sicht völlig kritikunwürdig ist, die Wortschöpfung „ursisch“ aber derartiges Missfallen auslöst. Und wo wir dann bei

Und

sind, ist es eine

Petitesse, sich darüber derart zu echauffieren.

Sprache lebt.

2 Like

und Schlamper schlampen.

Sollte das grundsätzlich und für alle gegen Ordnung sprechen? Meines Wissens nach lassen sich die Leute, die Sprache benutzen, recht einfach auseinanderdividieren unzwar in solche, denen Sprache etwas bedeutet und andere.

1 Like

Ich finde durchaus, dass Verfasser von Artikeln auf der ersten Seite einer immer noch recht auflagenstarken Zeitung sich Kritik gefallen lassen müssen, wenn sie grammatisch falsch schreiben. Es sei denn, dieser Regelverstoß hat einen wichtigen Grund. Den kann ich hier aber nicht erkennen.

Ich lese gern und relativ häufig Texte aus dem 18. und 19. Jahrhundert – und zwar in der damals geübten Schreibweise.

Wenn man sich damals schon über solche Schreibweisen aufgeregt hätte, die praktisch von Schreiber zu Schreiber unterschiedlich waren, dann wäre die deutsche Sprache nie das geworden was sie ist: in ihren Hauptbestandteilen lebendig wie eine Pflanze - neue Teile wachsen, alte Teile sterben ab und geraten Vergessenheit (Fachjargon ist natürlich anders zu beurteilen).

Sprache lebt und wenn die Mehrheit der Sprechenden immer wieder über lange Zeit den gleichen „Fehler“ machen, wird dieser „Fehler“ schlussendlich zur richtigen Schreib- und Sprechweise.

Auch der Duden folgt dieser Linie und die Einigung auf die Richtlinien des Dudens ist völlig freiwillig.
Neue Wörter zu kreieren bzw. bekannte anders zu schreiben ist nicht strafbar - auch nicht die Nichtbeachtung der aktuellen Grammatikregeln.
Die Leser entscheiden, wie sie den Schreibenden aufgrund seiner Schreibweise einschätzen und was sich am Ende durchsetzt.

Zu einem Streiflicht in der SZ gibt es normalerweise immer einen Artikel in derselben Ausgabe, der Anlaß für das Streiflicht ist.

Wieso grammatikalisch falsch bei einer Wortschöpfung? Das ist ironisches Stilmittel. Die kann man jetzt originell oder nicht (emp)finden, aber die Keulen, die hier geschwungen werden, sind in meinen Augen lächerlich.
Im Übrigen gilt wie immer, dass nicht nur zählt, ob, wann und bei wem man etwas tut, sondern ob, wann und bei wem man es nicht tut. Und wenn man es tut, sollte man sich vor allem sicher sein, dass man selbst eine weiße Weste hat. Finde ich jedenfalls.

1 Like

Es geht hier nicht um Schreibweisen, sondern um die Kombination eines aus dem Lateinischen übernommenen Wortes mit einer Endung, die dafür nicht vorgesehen ist, wobei es - wie von @Metapher dargelegt, gleich zwei ganz regelmäßige Wege gibt, ein lateinisches Adjektiv einzudeutschen.

Nicht um „Aufregen“, sondern um das Erfassen und Definieren einer einheitlichen deutschen Sprache ging es den Philologen des 18. und 19. Jahrhunderts - jeder kann in Christoph Martin Wielands Werken nachlesen, dass dieser eben nicht in seiner angestammten oberschwäbischen Mundart schrieb - und ihm, der der deutschen Sprache viel mehr Aufmerksamkeit widmete als kurze Zeit später Goethe, passierte es im Gegensatz zu jenem nicht, dass er falsches Deutsch geschrieben hätte.

Das Titanenwerk von Leuten wie Klopstock, Wieland und natürlich den Brüdern Grimm mal eben mit der Behauptung abzutun, es gäbe im Deutschen sowieso keine Regeln und jeder sollte es möglichst nach Gefühl schreiben und sprechen, geht schon etwas weiter als das Hohelied auf die Schlamperei.

Schöne Grüße

MM

3 Like

aha, daher weht der Wind…

Und nein, die Unterscheidung zwischen richtiger und falscher Sprache ist keineswegs eine Sache von Ethik und Moral.

Falsches Deutsch zu schreiben, ist nicht irgendwie verwerflich oder von Sünde befleckt, sondern ganz schlicht und einfach falsch.

Urs ist ein lateinisches Adjektiv?

… sind nicht in Stein gehauen und werden in ein paar hundert oder auch in 1000 Jahren von den Lesenden höchstwahrscheinlich wegen ihrer Ausdrucksweise und ihren schwer verständlichen Regeln auch belächelt.

Wo hast du gelesen, dass ich das geschrieben hätte?

Ich habe ganz klar geschrieben die NICHTBEACHTUNG ist nicht strafbar.
Logisch: nicht beachten kann ich nur etwas was vorhanden ist.

Also mach hier kein Fass auf, wenn kein Inhalt drin ist.

Das Wort Ursisch ist eine Gelegenheitsbildung, ein situatives Kunstwort. Es passt mit seiner Endung genau so da hin, wo es eingesetzt wurde. Abgehen davon, dass ich nicht mal weiß, ob ursin „richtig“ wäre (darum geht es mir überhaupt nicht), gehört zur Bildung solcher Neogolismen, wenn sie (einmalig) in Literatur, Werbung oder Journalismus eingesetzt werden, auch stilistisch passen müssen. Das träfe auf „ursin“ m.E. nicht zu, weil es im Text gerade auch um den derb-bayerischen Einschlag geht. Ursin-human würde das nicht nur nicht treffen, es klänge komplett abgehoben und wäre eher geeignet, die Wirkungen eines Abführmittels zu beschreiben.

Und was deinen Anteil als Prof. Prof. Prof. Prof. Dr. Dr. Dr. Dr. Mal wieder Experte für das tausendste Fachgebiet angeht: Wir bewegen und hier eben nicht bei Grimm und Wieland sondern eher bei Ringelnatz und Erhardt.

Dein letzter Absatz klingt so, als würfest du ausgerechnet Metapher vor, an lateinische Wörter irgendwelche deutschen Wendungen zu klatschen. Was meinst du denn wirklich?

vom bayrischen Abi hast Du vermutlich mal was gehört, oder nicht?

Selbstverständlich befassen wir uns (so wäre es richtig) im Deutsch-Brett von wewewa mit der deutschen Sprache, das Fachgebiet dazu heißt übrigens Germanistik, falls Du das mal in einem Kreuzworträtsel brauchen kannst.

Wenn man noch nicht einmal Grundlagen versteht und so saublöd daherblubbern muss:

ist es beiläufig besser, dieses Brett im Nur-lese-Modus aufzusuchen.

Beiläufig: Mit der richtigen, regelkonformen „Wortschöpfung“ wäre Nadja als Nicht-Muttersprachlerin recht leicht darauf gekommen, dass sie im Lateinischen suchen muss, wenn sie das Wort verstehen möchte. Ob man Sprache lieber als Mittel zur Verständigung oder als Vehikel des Unverstandes benutzen möchte, sei jedem selber überlassen.

1 Like

Ein schlauer Mensch hat mal gesagt (ich weiß den Namen nicht mehr): die Sprache wurde erfunden, damit man besser seine Mitmenschen täuschen kann.

1 Like