Also das Ursuppenexperiment sieht folgendermassen aus:
Man nehme Wasserdampf, Methan, Ammoniakgas und Wasserstoff. Dann füge man wahllos sehr viel Energie in Form von elektrischen Entladungen hinzu und schaue was rauskommt.
In dem Experiment ging es darum, prinzipiell zu zeigen, dass man aus Ausgangsmaterialien, die man klassisch der unbelebten Natur zuschreibt (bei Methan eher zweifelhaft), organische Substanzen herstellen kann. Den Begriff „Gott“ an dieser Stelle zu verwenden, finde ich ziemlich daneben.
Jedem Chemiker sollte klar sein, dass dabei so circa alles entsteht, was man sich ausdenken kann - allerdings in sehr sehr unterschiedlicher Mengenverteilung. Mit den heutigen Analysemethoden (z.B. FT-ICR-Massenspektrometrie) lassen sich theoretisch sogar einzelne Moleküle nachweisen. Man findet also alles, was man finden will. Und dass die gefundenen (15% Ausbeute, Rest Teer) organischen Verbindungen sich auch heute in Lebewesen wiederfinden ist nicht besonders verwunderlich, da es sich um kleine und stabile Moleküle handelt. „Leben“ zu erschaffen ist etwas ganz anderes.
Die Tatsache, dass ein Mensch existiert, der so ein Experiment durchführt, setzt bereits die sog. göttliche Schöpfung voraus. Diese ist wesentlich umfassender, als deine Lehrerin es darstellt - egal ob man religiös ist und daran glaubt oder nicht. „Gott“ ist meiner Meinung nach in erster Linie ein philosophisches Konzept.
Deine Lehrerin hätte die Zeit besser nutzen sollen, um Euch etwas über die RNA-Welt und erste selbstreplikative organische Strukturen zu erzählen. Wahrscheinlich hätte sie an dieser Stelle wieder etwas göttliches postuliert, anstatt zu akzeptieren, dass unsere Existenz im philosophischen Sinne „kontingent“ ist. Will sagen: Es war nicht notwendig, dass Leben entsteht, aber es war möglich und es ist nunmal entstanden.
Gruß