Hallo Leute,
gestern habe ich in meiner Tageszeitung gelesen, dass in einer bestimmten Strafsache „das Urteil im Frühjahr fallen werde“.
Ja wo fällt es denn hin? Ich hatte immer angenommen, Urteile werden (von einem Gericht) gefällt. Stimmt jetzt etwas mit meinem Sprachgefühl nicht, oder mit dem des Autors des Artikels in meiner Zeitung?
Fragt euch Thomas
Logisch gesehen …
… hast du Recht. Urteile sind keine intentionalen Entitäten. Sie können noch nicht einmal sich selbst fällen.
Gruß
Stefan
Hi,
ich hab jetzt zweimal nbeu angewsetzt bi der Antwort und entschiede mich jetzt mal für eine Rückfrage.
Worum geht es Dir, um die Wahl des Wortes fallen/fällen anstatt beispielsweise entschieden (was falsch wäre…), oder warum es nicht immer fallen oder immer fällen ist…
Dann antworte ich dir gern, sonst wird es zu viel text 
die Franzi
Hallo Franzi,
Worum geht es Dir, um die Wahl des Wortes fallen/fällen
anstatt beispielsweise entschieden (was falsch wäre…), oder
warum es nicht immer fallen oder immer fällen ist…
Stefan hat mit seiner Antwort den Nagel auf den Kopf getroffen: Ich habe mich daran gestört, dass ein Urteil von selbst fallen können soll. Ich bin immer davon ausgegangen, dass irgend jemand ein Urteil fällt. Was mir Stefan leider nicht verraten hat, ist, ob das nicht nur logisch sondern auch sprachlich falsch ist.
Grüße, Thomas
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… Urteile sind keine intentionalen Entitäten.
Sie können noch nicht einmal sich selbst fällen.
Hallo,
Bäume auch nicht - trotzdem fallen sie, wenn sie gefällt werden. Wie auch jeder Bergsteiger weiss, benötigt man zum Fallen keineswegs eine Absicht.
„Das Urteil fällt in 3 Wochen“ ist also logisch und sprachlich korrekt.
Gruss Reinhard
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Hi,
ah ok, dann schließe ich mich Reinhard an. Alles, was gefällt werden kann, kann auch fallen. Denn „fällen“ und „fallen“ sind sich nicht nur zufällig ähnlich, sondern absichtlich. Der Binnenumlaut (a -> ä) erzeugt den Bedeutungsunterschied „fallen machen“. Verben wie fällen sind sogenannte Kausative. Zumindest Wikipedia gibt meiner Erinnerung recht, http://de.wikipedia.org/wiki/Kausativ - mal schauen, was die anwesenden Germanisten machen.
Bliebe noch zu klären, warum genau ein Urteil fallen kann.
die Franzi
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Danke!
Hallo Leute,
herzlichen Dank für die Erläuterungen. Das Thema ist zwar bei näherer Betrachtung subtil, Eure Erklärungen aber sind einleuchtend. Schön zu sehen, dass Sprachen eine innere Logik innewohnt. Ich hatte, offen gestanden, Sprachen bisher eher als sehr inkonsistente Versuche einer notwendigen Kommunikation in einer lebensfeindlichen Umwelt begriffen. Und Sprachwissenschaft als Versuch, a posteriori logische Strukturen einzuziehen. Wieder was gelernt.
Grüße, Thomas
Hallo,
Verben wie fällen sind sogenannte Kausative.
Zumindest Wikipedia gibt meiner Erinnerung recht,
http://de.wikipedia.org/wiki/Kausativ - mal schauen, was die
anwesenden Germanisten machen.
Bin zwar Linguist und kein Germanist, aber da kenne ich natürlich erst Recht die Sache mit dem Kausativ. Ja, der Umlaut dort ist durch ein altes Kausativsuffix entstanden, dass früher an dem Wort dranhing.
Ich hatte den selben Gedanken, fällen heißt im Prinzip nur fallen(d) machen, daher kann wirklich alles, was gefällt wird, auch fallen. Wer einen Baum fällt, macht, dass der Baum fällt (okay, hier sind die Verbformen blöderweise lautgleich)… ein gefällter Baum tut fallen. Daher tut logischerweise auch ein gefälltes Urteil im selben Augenblick fallen. Mit Volition hat das rein gar nichts zu tun, gefällt werdende Bäume haben ja auch keinen eigenen Willen.
Daher kann ein Urteil auch fallen, das ist gleichbedeutend mit: das Urteil wurde gefällt, nur dass noch weniger Betonung auf die Fäller des Urteils gelegt wird.
Meine Meinung als Linguist also: Urteile können der Sprachlogik zufolge fallen, das ist gar kein Problem.
Grüße,