Hallo,
In diesem Zusammenhang eine Folgefrage, die hoffentlich
erlaubt ist:
Wie nimmt man das viele Geld wieder zurück um eine Inflation
zu vermeiden?
in der Vergangenheit haben Notenbanken in Krisensituationen über Schnelltender die notwendige Liquidität in den Markt gegeben und diese überschüssige Liquidität wieder entnommen, wenn die Krisensituation vorbei war. D.h. es wurden zunächst Wertpapiere von den Kreditinstituten mit Wertpapierpensionsgeschäften befristet angekauft; waren die Situationen vorbei, hat man diese oder andere, bestehende Geschäfte nicht verlängert bzw. nicht neu aufgelegt und so das überschüssige Geld wieder eingesammelt, nachdem sich die Lage am Geldmarkt wieder beruhigt hatte.
Die aktuelle Situation ist eine völlig andere: Die Notenbanken ersetzen derzeit a) die Finanzierungen der Kreditinstitute untereinander und b) fangen einige Notenbanken an, den Staat zu finanzieren.
zu a) Seit Ende 2007 nahm die Neigung der Kreditinstitute, sich untereinander Geld zu leihen, stark ab bis dieser Geldhandel Mitte September 2008 praktisch zum Erliegen kam. Um die Bedeutung dieses Geldhandels zu verdeutlichen: es gibt durchaus Institute, die sich zu 50% über andere KI finanzierten.
Die Notenbanken übernehmen nun die Rolle der anderen Kreditinstitute und füllen die Lücken durch den (befristeten) Ankauf von Wertpapieren. Problem: das Geld der Kreditinstitute wird ja nicht nur in Wertpapiere investiert, sondern auch (oder vor allem) in Kredite an Kunden. Außerdem entsprachen die vorhandenen Wertpapieren nicht unbedingt den Anforderungen der Notenbanken. Also hat man die Anforderungen abgesenkt und akzeptiert nun auch Papiere, die man durchaus als zweifelhaft bezeichnen kann.
Auf der anderen Seite haben die KI, die ihre überschüssige Liquidität nicht mehr an andere KI vergeben, Geld übrig, das sie irgendwo verzinst unterbringen müssen. Eine Zeitlang lag dieses Geld (zumindest in Europa) zu einem großen Teil bei der EZB. Dummerweise hat diese aber den Zinssatz für die sog. Einlagenfazilität abgesenkt, so daß die Gelder weitestgehend abgezogen wurden und damit in den Wirtschaftskreislauf gerieten.
Als Anlagemöglichkeit boten sich z.B. die Staatsanleihen an, die seit einiger Zeit den Markt fluten. Der Staat wiederum braucht das Geld für Konjunktur-/Investitions-/Bankenrettungsprogramme. Netto finanzieren die Notenbanken also die Konjunkturprogramme der Staaten.
zu b) Der Aufkauf von Staatsanleihen durch Notenbanken ist eine direkte Kreditvergabe von Notenbanken an Staaten zur Finanzierung von Konjunktur-/Investitions-/Bankenrettungspaketen und damit eine geldpolitische Todsünde, deren Begehung in der Vergangenheit schon mehrere große Inflationen ausgelöst hat.
Und nun zu Deiner Frage: was würde passieren, wenn die Notenbanken die bisher abgeschlossenen Wertpapierpensionsgeschäfte nicht verlängern würden? Netto würde etlichen Staaten und Kreditinstituten eine wichtige Finanzierungsquelle abhanden kommen. Theoretisch ist denkbar, daß es den Notenbanken gelingt, bei abflauender Kreditaufnahme der Staaten und wieder auflebendem Interbankenhandel die Liquidität wieder aus dem Markt zu nehmen. Daran glaube ich aber nicht. Die Gelder sind teilweise langfristig gebunden (d.h. auch, wenn die KI sich untereinander wieder Geld leihen und der Staat weniger Neukredite aufnehmen muß, bleiben diese Gelder im System); schließlich laufen Staatsanleihen, die sowohl die Notenbanken selbst kaufen als auch die Kreditinstitute mit dem nicht an andere KI verliehenen Geld, nicht nur ein paar Wochen. Die spontane Rückzahlung der Staatsanleihen ist aus naheliegenden Gründen auch nicht möglich.
Zusammenfassend: Mehr Geld im Markt ist nicht schlimm, solange es nicht kaufkraftwirksam wird. Durch die umgeleitete Liquidität der KI und die Konjunkturprogramme wird es das aber. Die Frage ist, ob diese Gelder gerade dort hinfließen, wo vorher Nachfrage durch andere (also Investoren, Konsumenten, das Ausland) bestand, oder ob Nachfrage dort erzeugt wird, wo die Auslastung/die Nachfrage noch recht stabil ist. Wenn letzteres der Fall ist, übersteigt die Nachfrage das Angebot und es kommt zu Inflation.
Gruß
Christian