Vagabundierende Ströme

Hallo,
in einem TN-C Netzt können vagabundierende Ströme aftreten, wie entstehen diese genau?

Sehr bildlich, aber am verständlichsten:

Stell Dir vor, Du bist ein Elektron. Du hast den Weg durch die Glühwendel bereits hinter Dir, freust Dich, das alles so schön blau um Dich herum ist und bist nun in der Unterverteilung.
Hier fließt Du zusammen mit Deinen Kollegen von allen anderen Neutralleitern auf der N-Schiene zusammen und kannst nun über die Brücke zum PEN, dann weiter nach Hause zum Trafo fließen.
Aber halt! Einige Deiner Freunde zweigen plötzlich in kleine Seitenstraßen ab, in Schutzleiter anderer Stromkreise! Du bist neugierig und folgst ihnen, gehst also nicht den Weg des geringsten Widerstandes, sondern ihr teilt euch alle so auf, wie es den Widerständen entspricht. Also ab geht’s durch den PE, ein ziemlich dicker, so 6mm². Du hast schon ein ganz schlechtes Gewissen, einfach so durch nen PE zu fließen, aber die anderen machen das auch so. Endlich kommt das Leitungsende, Du bist im Durchlauferhitzer des Badezimmers. Etwas verwirrt schaust Du Dich um - hier gibt es keine Stromleitung, die Dich weiterführen würde - aber die Massen ziehen Dich mit und Du fließt zusammen mit ihnen durch die Wasserleitung auf die Potentialausgleichsschiene. Hier gabeln sich wieder die Wege, auch hier kannst Du zum Hausanschlusskasten und dann zum Trafo zurück, oder aber über den Fundamenterder.

Merke:
Beim TN-C(-S) System sind PEN Leiter stromführend und mit anderen leitfähigen Einrichtungen des Gebäudes verbunden. Ströme teilen sich immer so auf, dass sich Einzelströme zum Gesamtstrom wie Einzelleitwerte zueinander verhalten.

Wer im TN-C(-S) System z.B. eine Stromzange über eine Wasserleitung hält, wird überrascht sein, was da an Stömen fließt.
Beispiel 6-Familienhaus mit sechs DLEs: Dort habe ich an der gemeinsamen Steigleitung über 6A gemessen. (Würde man die Leitung trennen, hätte man aber keine nennenswerte Spannung gemessen).

Danke!!! Das ist ja mal ne Erklärung, die wirklich jeder versteht! Vielen Dank nochmal

Andere Perspektive
Hallo Fragewurm,

in einem TN-C Netzt können vagabundierende Ströme aftreten,
wie entstehen diese genau?

Im PEN fliesst ein Strom, also entsteht auch ein Spannungsabfall über dem PEN, dieser hat ja einen Widerstand.

Zwischen Trafo-Erder und Haus-Erder befindet sich also eine Spannungsquelle. Da fliesst dann auch ein Strom durch die feuchte Erde im Garten…

Anfang der 70er habe ich in Goldern/Hasliberg gelebt. Liegt auf einer Terasse auf rund 1’000m.ü.M. Geologie dort ist massiver Granit, mit maximal 20-30cm Humus über dem Fels. Stromversorgung war, wie damals üblich, TN-C über Dachständer bis zur Steckdose. Die Wasserversorgung war Zentral, aber das Abwasser wurde noch für jedes Haus über Klärgruben entsorgt.

Bei Trockenheit hatte man, 500m von der Trafostation entfernt, schon mal 100V Spannungsdifferenz zwischen Badewanne und Wasserhahn :frowning:

Die meisten Häuser sind Chalets, also Holzkonstruktionen. Die Fundamente sind direkt auf den Fels betoniert. Da das Wasser im Granit nicht versickern kann, gibt es noch jede Menge Quellen, bzw. unterirdische Wasserläufe.
Vagabundierende Ströme bekommt man da kaum in den Griff, besonders wenn sich die Feuchtigkeitverhältnisse von Woche zu Woche auch noch ändern.
Die Ausgleichsströme über die Wasserleitungen führen durch galvanische Effekte zu weiteren Problemen durch Korrosion.

MfG Peter(TOO)

Anfang der 70er habe ich in Goldern/Hasliberg gelebt. Liegt
auf einer Terasse auf rund 1’000m.ü.M. Geologie dort ist
massiver Granit, mit maximal 20-30cm Humus über dem Fels.
Stromversorgung war, wie damals üblich, TN-C über Dachständer
bis zur Steckdose.

Also klassische Nullung, richtig?
Somit war der PEN auf Ipen*Rpen Niveau.

Bei Trockenheit hatte man, 500m von der Trafostation entfernt,
schon mal 100V Spannungsdifferenz zwischen Badewanne und
Wasserhahn :frowning:

Versteh ich nicht.
Zwischen PEN (Steckdose) und Wasserleitung/Badewanne würde ich verstehen, wenn der Hauptpotenzialausgleichsleiter fehlen würde. Der würde ja im TN-C den ankommenden PEN auf das Niveau der Wasserleitung/BAdewanne bringen.
Oder doch eher TT? Wobei man dann ja ne Spannung zwischen N (aus dem Netz) und PE (lokaler Erder) hätte, aber das widersprícht der klassischen Nullung. Weil Nullung nunmal das Gegenteil von TT ist, irgendwie.

Sorry, hab da gerade nen Brett vorm Kopp, oder das System ist anders gewesen. Hätten damals bei Euch nicht Badewannen auch geerdet sein müssen?

Hallo Fragewurm,

Also klassische Nullung, richtig?
Somit war der PEN auf Ipen*Rpen Niveau.

Genau.

Bei Trockenheit hatte man, 500m von der Trafostation entfernt,
schon mal 100V Spannungsdifferenz zwischen Badewanne und
Wasserhahn :frowning:

Versteh ich nicht.
Zwischen PEN (Steckdose) und Wasserleitung/Badewanne würde ich
verstehen, wenn der Hauptpotenzialausgleichsleiter fehlen
würde. Der würde ja im TN-C den ankommenden PEN auf das Niveau
der Wasserleitung/BAdewanne bringen.

Man hat sich dann damit beholfen den Potentialausgleich zwischen Badewanne und Wasserleitung herzustellen.

Potentialausgleich war damals nicht üblich.

Ein Fundament-Erder auch nicht. Zudem bringt es nichts, wenn man einen Draht an Granit anschliesst :wink:

Mit einem Potentialausgleich zwischen PEN und Wasserleitung, hätte man sich wieder anderen Ärger eingehandelt. Dann wären die Wasserleitungen massiv als PEN missbraucht worden. Hinzu wären noch zusätzliche Ausgleichstöme zwischen den einzelnen Trafostationen hinzugekommen.

Oder doch eher TT? Wobei man dann ja ne Spannung zwischen N
(aus dem Netz) und PE (lokaler Erder) hätte, aber das
widersprícht der klassischen Nullung. Weil Nullung nunmal das
Gegenteil von TT ist, irgendwie.

Nö, kein TT.
TN-C mit klassischer Nullung.

Zuleitung über Freileitungen und Dachständer 220/380V, also 2 oder 4 Drähte.

Sorry, hab da gerade nen Brett vorm Kopp, oder das System ist
anders gewesen. Hätten damals bei Euch nicht Badewannen auch
geerdet sein müssen?

Vor 40 Jahren, bzw. noch mehr Jahre, waren ja keine Neubauten, war das in Holzbeuten nicht vorgeschrieben.
Holz isoliert ja :wink:)

Das Hauptproblem war halt, dass bei nur 20cm Erde diese im Sommer austrocknet und nicht mehr leitet.
Die einzigen leitenden Verbindungen zwischen Gebäuden sind dann nur noch PEN, die Wasserleitung und die Telefonleitungen.
Bei Nässe leitet dann zusätzlich das Erdreich.

MfG Peter(TOO)