VAT in China für Dienstleistungen aus Deutschland

Angenommen, ein deutscher Selbstständiger stellt einem chinesischen Unternehmen eine Rechnung für Beratungsdienstleistungen im Bereich Medien aus. Mein begrenzter Wissensstand besagt, dass chinesische Unternehmen auch für ausländische Rechnungen eine Umsatzsteuer (VAT) einbehalten und abführen müssen, egal, ob diese in China ansässig sind oder nicht.

Muss die deutsche Firma diese chinesische (Umsatz- oder sonstige) Steuer auf der Rechnung ausweisen und aufschlagen?

Falls JA:

  1. Wieviel?

  2. Wenn die chinesische Firma die ausgewiesene VAT einbehält (also nicht an die deutsche Firma auszahlt), wie wird dies in Deutschland steuerlich gehandhabt?

Falls NEIN:

  1. In diesem Fall würde die chinesische Firma die Zahlung entsprechend kürzen und abzüglich der einbehaltenen chinesischen VAT leisten - ist das korrent?

  2. Wie wird diese Differenz in Deutschland steuerlich gehandhabt? Wird nur die tatsächlich geleistete Zahlung als Einkommen versteuert?
    2a. Falls ja, gibt es daneben eine Form der Steuererleichterung, da der Selbstständige ja durch die gekürzte Zahlung effektiv weniger verdient hat?
    2b. Falls nein, wie wird die von dem chinesischen Unternehmen einbehaltene VAT in Deutschland verrechnet?

Besten Dank.

Jetzt bin ich aber gespannt, wer hier fit ist im chinesischen Umsatzsteuerrecht.

Ich bin es nicht, und deshalb muss ich so tun, als hätten die Chinesen unser Umsatzsteuerrecht 1:1 abgeschrieben.

In diesem Fall liegt der Ort der Leistung gemäß § 3a (2) UStG in China, weil der Chinese seinen Sitz in China hat und weil er Unternehmer ist.

Da in China für die Dauer dieser Antwort deutsches Umsatzsteuerrecht gilt, gilt dort eben auch der § 13b (Umkehr der Steuerschuldnerschaft). Das bedeutet, dass der chinesische Leistungsempfänger die Umsatzsteuer auf den Rechnungsbetrag einbehält und bei seinem Finanzamt anmeldet und sie an es abführt. Sofern die üblichen Voraussetzungen vorliegen, kann dieser Betrag sogleich wieder als Vorsteuerbetrag abgezogen werden.

Da es schwierig ist, den Differenzbetrag beizutreiben, wäre es zumindest mit diesem das letzte Geschäft, was ich machen würde.

Hallo Enno,

einbehalten muss der Leistungsempfänger aber nichts, wenn reverse charge gilt: Die USt, die auf die empfangene Leistung fällig ist, schuldet nicht der Leistungserbringer - der kriegt sein Entgelt blank und netto wie er es fakturiert hat, da gibts keinen Abzug.

Seit 1.8.2013 hat China ein Allphasen-Mehrwertsteuersystem mit Vorsteuerabzug nach deutschem Muster. Darin ist allerdings formal keine „reverse charge“ vorgesehen, ausländische Unternehmer, die Dienstleistungen erbringen, brauchen einen Fiskalvertreter („withholding agent“). Faktisch läuft das auf reverse charge hinaus, weil der Leistungsempfänger dann als withholding agent angesehen wird, wenn der Ausländer keinen Fiskalvertreter hat. Nachlesen kann man das hier - die Quelle scheint mir seriös: http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Recht-Zoll/Wirtschafts-und-steuerrecht/suche,t=value-added-tax-auf-dienstleistungen-in-der-vr-china,did=890592.html

Aber:

Der deutsche Leistungserbringer fakturiert nicht „netto“, sondern er muss die chinesische VAT ausweisen; der Leistungsempfänger zahlt ihm aber nur das ausgewiesene Entgelt und überweist die chinesische USt an den chinesischen Fiskus. Das Gemeine ist, dass es in China eine reichhaltige Auswahl von USt-Sätzen gibt. Das kann er wohl vom Kunden in Erfahrung bringen lassen, welcher hier gilt.

Wenn er mag, kann er noch auf die Rechnung etwas setzen wie „Hereby, I declare that my utmostly respected customer Wang Hei Ltd. may act for me as withholding agent referring to the VAT amount due on the billed services.“ Wenigstens ein Firmenstempel, dazu vielleicht noch ein Dienstsiegel mit Bundesadler (z.B. Bundesamt für den Zivildienst) und schwungvolle Unterschriften in blauer und grüner Tinte.

Schöne Grüße

MM

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Deswegen wäre es ja eben das letzte Geschäft, was ich mit demjenigen machen würde.

Danke.

Irgendwie war es ja abzusehen, dass es tatsächlich jemanden gibt, der sich auch im schinesischen Umsatzsteuerrecht auskennt.

VIelen Dank für diese Ausführungen. Das mach alles Sinn und ist doch nicht so kompliziert, wie ich zuerst dachte!

Bonus Track: Einen wahrscheinlich treffenden Kommentar zu dem Thema habe ich von einem (recht aufgeweckten und mutmaßlich im Kern seiner Seele zutiefst oppositionellen) Projektleiter, angestellt bei einem chinesischen Staatsunternehmen, vor einigen Jahren gehört, als es die beschriebene Handhabung in China noch nicht gab, aber seine Firma das mit dem Fiskus irgendwie verkartet hatte, dass wir es trotzdem so handhaben konnten. Er meinte ohne eine Spur von Ironie oder Augenzwinkern: „You know, in China there are many things illegal and allowed at once…“

In diesem Sinne

MM

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